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Info
Zeit: 30.06.2012
Ort: Mannheim - SAP-Arena
Besucher: 10.500
Fotograf: Cat Max Photography
Internet:
http://www.tompetty.com
Ein sehr seltener Gast lässt sich in diesem Jahr auf Deutschlands Bühnen blicken: Tom Petty mit seinen Heartbreakers! Der letzte Besuch in Deutschland liegt auch schon sehr lange zurück. Genauer gesagt im Jahr 1999 - er gab dort ein Konzert in den Hamburger Docks. Von daher war mit einem Besuch des mittlerweile 61-jährigen fast nicht mehr zu rechnen. Das letzte Album, das Mr. Petty veröffentlicht hat heißt Mojo und ist relativ blueslastig. An der SAP-Arena angekommen sehen wir, dass sich dort schon eine riesige Menschenmenge versammelt hat. Das Publikum besteht zum Großteil aus Altrockern, die sich Tom und seine Herzensbrecher unbedingt anschauen wollen. Eine Ordnerin teilt mir mit, dass die Halle mit 10500 Zuschauern komplett ausverkauft ist!
Die Vorband ist ein gewisser Jonathan Wilson, den ich jedoch nicht kenne. Bei Amazon kann man lesen, dass er bereits mit Größen wie Elvis Costello, Erykah Badu, Jackson Browne oder Countrysänger Gary Louris gearbeitet hat. Mittlerweile hat er sein Debütalbum Gentle Spirit herausgebracht, das als ein „sanftes, spährisches Folk-Werk mit Country- und auch Pop-Anleihen“ beschrieben wird. Um 21 Uhr geht das Licht aus und sehr viele Musiker betreten die Bühne. Ich denke mir noch, dass dies für eine Vorband doch sehr viele Musiker sind… Das Licht geht an und das Rätsel löst sich: es sind Tom Petty und die Heartbreakers!
„Listen To Her Heart“ eröffnet den etwa zweistündigen Reigen bunter Melodien. Tom und seine Band sind von Anfang an unglaublich spielfreudig bei der Sache und haben das Mannheimer Publikum fest im Griff. Der Song wird lautstark mitgefeiert und die Stimmung ist von Beginn an ausgezeichnet. Bereits der dritte Song „I Won’t Back Down“ treibt das Mannheimer Publikum zu Begeisterungsstürmen an. Es ist unglaublich, was sich da auf der Bühne abspielt. Tom Petty, der amerikanische Rock-Poet, steht in der Mitte der wunderschönen atmosphärischen Bühne und ist ohne Zweifel der Leader und Kopf seiner legendären Band. Man merkt den Musikern an, dass sie es genießen zusammen auf der Bühne zu stehen und dass es für sie nie irgendetwas Schöneres geben kann. Diese Spielfreude überträgt sich auf das Publikum - das Konzert ist reine Magie! Selbst etwas unbekanntere Songs wie „Good Enough“ kommen beim Publikum sehr gut an.
Tom bedankt sich bei den Zuschauern für ihr Kommen und applaudiert - absolut ehrlich und keinesfalls aufgesetzt. Der mittlerweile 61-jährige ist bestens bei Stimme und Laune und schippert die Herzensbrecher zielsicher durch die Songs. Der Song „Oh Well“, eine Coverversion von Peter Green’s Fleetwood Mac, wird geradezu zelebriert und richtig fetzig heraus gehauen. Gitarrist und Busenfreund Mike Campbell und der zweite Gitarrist Scott Thurston spielen sich hier förmlich in einen Rausch. Tom Petty ist nur mit zwei Congas bewaffnet und jagt von einer Bühnenseite zur anderen. Man merkt ihnen an, dass sie trotz ihres Status immer noch Fans geblieben sind - und offensichtlich hat sie Peter Greens Musik schwer beeindruckt. Dass er „Handle With Care“ von den legendären Travelling Wilburys spielt, ist fast unumgänglich. Der Song wird vom Publikum ebenfalls begeistert aufgenommen. Der Backgroundgesang wird komplett von den Heartbreakers übernommen und es gibt keine einzige Backgroundsängerin. Vor allem Scott Thurston und Bassist Ron Blair beweisen hier, dass sie ausgezeichnet singen können. Der Sound ist vom Allerfeinsten, man hört jedes einzelne Instrument. Was außerdem auffällt: Bei fast jedem Song wird eine andere Gitarre angestöpselt. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands hört man hier eindeutig von Gitarre zu Gitarre einen teilweise enormen Soundunterschied.
Bei „Don’t Come Around Here No More“ spielt sich die komplette Band in einen Rausch und Schlagzeuger Steve Ferrone prügelt hier die Felle nach allen Regeln der Kunst durch. Überhaupt sind alle Musiker bis in die Haarspitzen motiviert. Die „Coole Katze“ der Band, Gitarrist Mike Campbell stolziert am linken Bühnenrand auf und ab und haut die Solos so lässig raus, als wäre es das Einfachste von der Welt. Insgesamt ist das Konzert unglaublich rockig und gitarrenlastig. Ich hätte nie gedacht, dass Tom Petty live ein so cooler Gitarrist ist und die drei so gut auf der Bühne zusammenspielen. Respekt! Ein weiterer Cover-Song wird mit Chuck Berrys „Oh Carol“ präsentiert. Auf der einen Seite ist dies etwas schade, da viele im Publikum lieber einen Tom Petty Song gehört hätten. Auf der anderen Seite ist dies eben genau Tom Petty. Er macht das was er will und ist dabei kaum zu Kompromissen bereit. „Learning To Fly“ wird in der bekannten Akustik-Version gespielt, bei der das Mannheimer Publikum einmal mehr seine Sangeskünste unter Beweis stellt. Vom neuen Album wird der Song „I Should Have Known It“ gespielt - wuchtig und heftig, dass einem fast Hören und Sehen vergeht. „Refugee“ sorgt für zentimeterdicke Gänsehaut. Tom Petty hat bärenstarke Songs, für die andere ihr letztes Hemd geben würden, hätten sie nur einen in der Qualität zustande gebracht. Hier hat Keyboarder Benmont Tench seinen großen Auftritt und lässt die Hammond jaulen. Das fulminante „Runnin' Down A Dream“ beendet leider schon viel zu früh den regulären Teil des Konzerts.
Die Band lässt sich sehr lange zu einer Zugabe bitten, die dann jedoch in Form von „Mary Jane’s Last Dance“ gespielt wird. Hier holt Scott Thurston das Letzte aus seiner Lunge heraus und veredelt den Song mit seiner Mundharmonika. Der Song „Two Men Talking“ ist noch gar nicht veröffentlicht und wird trotzdem gespielt. Dabei handelt es sich um einen gewaltigen Psychedelic-Rock-Batzen, den die Byrds zu „Eight Miles High“-Zeiten wohl kaum besser hinbekommen hätten. Hier wieder zu beobachten: Die Heartbreakers spielen sich erneut in einen Rausch, der gerade noch rechtzeitig beendet wird. Die rote Rickenbacker-Gitarre bläst zum Finale und es kommt „American Girl“. Hier lässt die Band noch mal alle Reserven vom Stapel und präsentiert eine sehr schnelle Version des Klassikers vom Debütalbum. Danach ist das Mannheimer Publikum zur Stelle, das mit ohrenbetäubendem Jubel applaudiert. Völlig zu Recht, das Konzert war Weltklasse und hat für die relativ lange Wartezeit voll und ganz entschädigt. Tom Petty bedankt sich und verabschiedet sich mit den Worten „I promise you: I will be back!“ Das wäre zu schön um wahr zu sein. Allerdings ist auch klar, dass ein Großteil der Konzertbesucher die an dem Abend dabei waren, wieder hingehen würden. Einziger Wermutstropfen: „The Waiting“ wurde nicht gespielt. Diesen Song habe zumindest ich schmerzlich vermisst. Aber man kann ja bekanntlich nicht alles haben…
Thema Merchandise: Ich möchte mir ein T-Shirt kaufen, doch leider bekomme ich keins mehr. Die T-Shirts sind mit 20 Euro so günstig, dass fast alle verkauft wurden. So sieht Fannähe aus! Am nächsten Tag treffen wir an unserem Hotel zufällig die Road-Crew von Jonathan Wilson. Sie sind an dem Abend nicht aufgetreten, weil der Bus mit den Instrumenten und Musikern in Italien stehen geblieben ist. Tja, das Leben ist schon grausam...
Fazit: Wer Tom Petty mag, sollte sich unbedingt ein Konzert von ihm anschauen. Vorausgesetzt, er macht seine Ankündigung wahr und kommt noch einmal!
Setlist:
Listen to Her Heart
You Wreck Me
I Won't Back Down
Here Comes My Girl
Handle with Care
Good Enough
Oh Well
Something Big
Don't Come Around Here No More
Free Fallin'
It's Good To Be King
Carol
Learning to Fly
Yer So Bad
I Should Have Known It
Refugee
Runnin' Down a Dream
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Mary Jane's Last Dance
Two Men Talking
American Girl
Stefan Graßl
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