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Holländische Klavierkonzerte
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 26.03.2004 Alpha / Note 1 (CD DDD (AD: 2002) / Best. Nr. ALPHA 052) Gesamtspielzeit: 66:16 Internet: Alpha |
KLASSIK UND ROMANTIK IN AMSTERDAM
Holländische Komponisten von Weltgeltung dürfen als echte Rarität angesehen werden. Die Niederländer verweisen regelmäßig selbst nur auf den barocken Organisten und Komponisten Jan P. Sweelinck. Doch auch während der Blütezeit der Wiener Klassik und der Frühromantik war etwa Amsterdam eine Stadt, in der es sich für Musiker gut leben ließ. Diese CD stellt drei davon vor, die allerdings allesamt "Wahl-Amsterdamer" waren.
Den Auftakt macht Johann Wilhelm Wilms (1772-1847) mit seinem Klavierkonzert op. 3. Wilms, gebürtig aus der Nähe von Solingen, siedelte 1791 nach Amsterdam über und nahm anschließend prägenden Einfluß auf das Musik- und Kulturleben der damals noch eher beschaulichen Stadt. Er betätigte sich als Pianist, Komponist, Musiklehrer und Orchestermitglied. Seine Kompositionen fanden zu Lebzeiten durchaus einige Beachtung, gerieten danach aber schnell in Vergessenheit. Erst jetzt gibt es scheinbar eine kleine Wilms-Renaissance: So wird etwa auch bei der Deutschen Grammophon im kommenden Juni eine CD mit seinen Symphonien Nr. 6 und 7, eingespielt von Concerto Köln erscheinen.
Das hier vorliegende Konzert schneiderte Wilms sich vermutlich selbst auf den Leib, denn es läßt viel Raum für virtuose Kunststückchen des Pianisten. Diese Virtuosität wird erkauft mit einem mangelnden musikalischen Tiefgang, weshalb der ausladende, konventionelle erste Satz mangels umfassender thematischer Entwicklung und Originalität dann doch schnell langweilig wird. Im Mittel- und Schlußsatz hingegen erweist Wilms sich zwar als stilistisch noch in der Epoche der Wiener Klassik verhaftet, jedoch den neu aufkommenden Klängen der Romantik gegenüber aufgeschlossen. Bei allem Bemühen um Proportionen und Formen wird hier doch auch ein warmer, persönlich gefärbter Einschlag hörbar.
Arthur Schoonderwoerd hat diese Konzert, wie auch das folgende Quartett, auf einem Tangentenflügel eingespielt, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch weit verbreitet war. Es handelt sich um ein Mittelding zwischen Cembalo und Hammerklavier: die Saiten werden durch Holzstäbchen, die Tangenten, angeschlagen. Dies bewirkt einen cembaloähnlichen, schmalen und trockenen Klang von großer Feinheit. Schoonderwoerd reizt die Möglichkeiten des Instruments voll aus und nutzt jede sich bietende Gelegenheit, mit seinem technischen Können zu brillieren. Das Ensemble Cristofori begleitet ihn in angemessen kleiner Besetzung auf historischen Instrumenten sicher, aber mit einer gewissen Zurückhaltung.
Zweites Werk auf der CD ist das Quartett für Klavier, Traversflöte, Violine und Cello von Joseph Schmitt (1734-1791). Schmitt, der sich zuerst dem Priesterberuf und der Kirchenmusik zuwandte, kam 1771 nach Amsterdam. Nach der Aufgabe des geistlichen Berufes arbeitete er dort v.a. als Musikverleger, aber auch als Komponist. Seine von der Mannheimer Schule beeinflußten Werke, sind ganz am an der Wiener Klassik orientierten Zeitgeschmack ausgerichtet. Das Quartett in C-Dur, op. 9 Nr. 1, weist ihn als Musiker aus, der mit der Formsprache dieses Stils wohl vertraut war, einen eigenen Stil aber daraus nicht zu entwickeln vermochte. In dem Stück kommt der Traversflöte eine herausragende Rolle zu. Kein Zufall, denn Schmitt spielte selbst ausgezeichnet Flöte.
Das von ihm erdachte musikalische Material erweist sich aber, insbesondere im Kopfsatz, als dünn und wenig tragfähig. Einzig der Mittelsatz macht durch die intensiv ausgearbeitete Flötenpartie einigen Effekt.
Auf das mit Abstand interessanteste Werk muß der Hörer bis zum Schluß warten. Den nämlich bildet das Klavierkonzert in g-moll, opus 12, aus der Feder von Carolus Antonius Fodor (1768-1846). Fodor, in Venlo geboren, hatte einen als Klaviervirtuosen gefeierten Bruder, Carolus Emanuel, der in Paris wirkte. Er selbst hingegen entschied sich nach Aufenthalten in Paris, Mannheim und Rußland für eine Tätigkeit in Amsterdam, wo er ebenfalls als Pianist, Lehrer und Orchesterleiter wirkte. In seinem Klavierkonzert treffen die Strömungen des Sturm und Drang, sowie der Romantik in reizvoller Weise zusammen. Das Konzert überrascht mit einem kraftvollen, ausdruckstarken und abgründigen Eingangssatz (Allegro con fuoco). Nach einem eher belanglosen Adagio folgt dann ein originelles Rondo alla turque, mit einem orientalisch angehauchten Instrumentarium und starker Rhythmisierung, wie es damals beliebt war. Unwillkürlich denkt man an Mozarts "Entführung aus dem Serail". Dabei hat auch das Ensemble Cristofori hörbar Freude an diesem musikalischen Spaß. Zum Star des Konzerts avanciert durch sein hohes virtuoses Können abermals Artur Schoonderwoerd, der für dieses Stück ein Hammerklavier in der Bauart nach Anton Walter (1795) verwendet.
Sven Kerkhoff
Trackliste
4-6 Schmitt, Quartett für Klavier, Traversflöte, Violine und Violoncello
7-9 Fodor, Klavierkonzert g-moll, op. 12
Besetzung
Ensemble Cristofori
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |