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Dass im Jahre 2014 noch einmal ein neues Pink Floyd Album erscheinen wird, darf als mittelgroßes Wunder gewertet werden. Warner Music bringen das Album mit minimalem Werbeaufwand und maximaler Überraschung auf den Weg. Vorab-CDs oder auch nur Streams für Journalisten gibt es nicht – nur höchst exclusive Listening Sessions – in Deutschland vier Stück mit jeweils gerade einmal 15 Teilnehmern. Norbert von Fransecky war für musikansich.de in Berlin dabei.
Wo andere Bands millionenschwere Werbeetats brauchen, können sich Pink Floyd mit einer gezielten Indiskretion bescheiden. Kaum war in Tweets von Polly Samson, der Gattin von David Gilmour, und in Facebook-Verlautbarungen der langjährigen Background-Sängerin Durga McBroom-Hudson von einem neuen Album die Rede, raschelte es vernehmlich im Blätterwald.
Ein paar Wochen später traten David Gilmour und Nick Mason selber in die Öffentlichkeit. Der Inhalt war knapp, aber sehr konkret. Es gab das Artwork der kommenden CD zu sehen und die Tracklist einer Doppel-LP. Dazu wurde verraten, dass das Album im Wesentlichen instrumental sein werde und dass das Basismaterial für The endless River bereits 1993 während der Sessions zu dem letzten Pink Floyd Album Division Bell aufgenommen worden sei. Mit anderen Worten: Auch der 2008 verstorbene Keyboarder Rick Wright ist noch mit von der Partie.
Die Musik soll – wie gesagt – ein streng gehütetes Geheimnis bleiben. Die Journalisten, die das Privileg hatten, bei einer der Listening Sessions dabei zu sein, mussten sich vorab schriftlich dazu verpflichten, bis zum 16. Oktober nichts von dem preis zu geben, was sie hören würden. In dem Moment, in dem ich diese Sätze in die Tastatur hacke, ist es 0:20 am 16. Oktober. Ich darf das Ganze also sofort online stellen.
Zu einzelnen Songs kann ich wenig sagen. Uns wurde das Album im plüschigen Kinosaal des Soho Houses in Berlin Mitte vorgeführt. Auf dem Screen stand die ganze Zeit das Covermotiv des kommenden Albums. Angaben, was wir gerade hörten, gab es nicht. Alle ca. 13 Minuten gab es eine kurze Pause, in dem ansonsten durchlaufenden Musikprogramm. Das 53-minütige Album ist auf vier (recht kurze) LP Seiten angelegt.
David Gilmour und Nick Mason – Photo von Harry Borden |
Die wichtigste Frage, die im Raum stand, war natürlich, ob die „Resteverwertung“, die wir hier geboten bekommen, als reales Pink Floyd Album durchgehen kann. Die Antwort ist ein klares Jein. Das Ja gilt dabei der Musik. The endless River hat definitiv nicht das geringste Problem mit den post-Waters Alben mitzuhalten und empfiehlt sich immer wieder auch den Fans, die Pink Floyd vor allem an der Wish you were here messen.
Das Nein bezieht sich darauf, dass Pink Floyd bei aller instrumentalen Faszination immer auch eine Vocal-Band gewesen ist. Und so ertappt man sich beim Hören von The endless River immer wieder bei der Frage, wann singt er denn endlich. Gelegentlich – so zum Ende der zweiten LP-Seite – wird dieser Wunsch vom Saxophon erfüllt. Wer das spielt, wird in dem Infomaterial, das uns bislang vorliegt, nicht erwähnt.
Eine Änderung gibt es erst beim letzten Stück der vierten Seite. „Louder than Words“ ist das einzige echte Vocalstück. Daneben gibt es noch Sprachsamples bei „Talkin‘ Hawkin‘. „Louder than Words“ dürfte dann auch die Singleauskopplung werden.
The endless River wird nie den Status eines großen Pink Floyd Albums bekommen. Nach einem einmaligen Hören stellt es sich so dar. Es ist weder innovativ, noch hat es die Stücke, die einen für die Ewigkeit fesseln werden. Aber – und das ist viel wichtiger, weil es nicht den Vergleich mit den Jahrhundert-Alben eingeht, von denen Pink Floyd mindestens vier geliefert haben – das neue Album ist in der Lage den Hörer zu fesseln, ihn in seinen Bann zu schlagen und ihn über die Tiefen der Welt zu erheben, wie das vor allem Wish you were here gelungen ist.
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