Reviews

Corelli, A. (Steger)

Mr. Corelli in London

Info Musikrichtung: Barock VÖ: 16.04.2010 (harmonia mundi USA / harmonia mundi / CD / DDD / 2009 / HMU 907523) Gesamtspielzeit: 71:00 Internet: Maurice Steger

Die Kunst des Möglichen zelebriert der Flötist Maurice Steger auf diesem Album. Es ist der Bewunderung, ja Begeisterung für Arcangelo Corellis Musik im fernen London gewidmet, wo seinerzeit kaum ein Konzert und sogar kaum eine Hausmusik ohne ein Werk des Barockmeisters auskam. Um dem gerecht zu werden, wurde munter instrumentiert, umgearbeitet und ornamentiert. Auf der Grundlage der Violinsonaten opus 5 schuf etwa Francesco Geminiani eine Reihe von Concerti grossi, die den Grundstock der CD bilden. Aber auch sie wurden wiederum angereichert und umgeschrieben. Dementsprechend üppig ist die Quellenlage und Steger hat sich die Varianten zusammengesucht, bei denen er seine virtuose Meisterschaft am brillantesten in Szene zu setzen vermag. Ist schon der ursprüngliche Violinpart artistisch zu nennen, gilt dies für die ausgezierte Flötenstimme um so mehr. Dass Steger den Ton trotz der halsbrecherischen Läufe und kuriosen Tempi dennoch rein erhält und zum Blühen bringt, lässt einen Staunen. Wenn der ein oder andere Ton dennoch untergeht, ist dies im überbordenden Ornament kaum zu vermeiden.

Aber das Staunen trägt kaum über 70 Minuten. Das Orchester, hier das frisch aufspielende The English Concert, wird im Gesamtklang von der Flöte völlig überlagert. Allzu bald wird man deren zirzensischer Kunststückchen müde. Vor lauter Sprüngen, Läufen und Verzierungen wird einem schon nach dem ersten Konzert schwindelig und das Ohr sehnt sich nach Abwechslung oder einer Ruhepause. Der Umstand, dass Steger höchst unterschiedliche Flöten zum Einsatz bringt, schafft da kaum Abhilfe. Das Motto "Weil ich es kann!" erweist sich als wenig tragfähiges programmatisches Konzept.

Sven Kerkhoff