Reviews
Medizin
Info
Musikrichtung:
Southern/Sludge Metal, deutsch
VÖ: 30.04.2009 (Drakkar/Sony) Gesamtspielzeit: 43:11 Internet: http://www.grantig.com http://myspace.com/grantig |
Wir Bayern gelten ganz klischeehaft (dabei ist das gar kein Klischee, sondern purer Ernst!) von Haus aus als grantelnde Zeitgenossen, die ihren grundsätzlichen Groll gerne nach außen tragen und zelebrieren. Zumindest gegen alles und jeden das irgendwie preußisch oder sonst nichtbayrisch ist. Manche behaupten auch das liege nur am Föhn. Wie auch immer, jedenfalls war es nur eine Frage der Zeit bis eine Metalband diese Stimmung vertont. Da ist es nur konsequent sich gleich Grantig zu nennen. Ebendiese veröffentlichen ein Jahr nach dem Erstling So muss es sein ihren neuesten Streich Medizin (doch die erhoffte Medizin gegen den erwähnten Föhn?).
Mit dem Debüt hatte die Band die Szene bereits ziemlich aufgemischt und nicht nur positive Reaktionen auf ihre Musik erhalten. Dabei ist das Ganze gar nicht mal wirklich zu verachten. Das Motto von Grantig lautet 100 % purer, unverfälschter und core-freier Metal mit deutschen Texten, die genauso angepisst wie die Musik der Band klingen. Soundtechnisch orientiert man sich nicht gerade zu einem unerheblichen Teil an Pantera und deren Ableger Down. Vor allem die beständig leicht bluesig angehauchten Riffs und Licks lassen an letztere denken und addieren zu dem thrashig angehauchten Sound eine deftige Southern-Note. Auch die guten alten Schweißer schimmern hin und wieder durch. Mit diesen teilen Grantig ja nicht nur die Vorliebe für deutsche Texte, sondern auch mehr oder weniger ihre Herkunft.
Den Gesangsstil teilt Frontmann Jonathan Schmid zu einem gewissen Maß mit Phil Anselmo. Leider fehlt ihm dessen unbändige Power, auch wenn der Grantig-Sänger seine Texte ziemlich wütend auf den Hörer loslässt. Dafür auch etwas eintönig. Genauso wie die Songs, die seltsam gleichförmig klingen. Zwar bemüht man sich immer wieder um Abwechslung, aber die Riffs klingen leider immer wieder ähnlich und die harten Strophen enden viel zu oft in seltsam melodischen Refrains, die cool wirken wollen, aber eher das Gegenteil bewirken und den Liedern ihre Kraft nehmen. Wie bei „Zweispalt“ oder „24 Jahre“, das ansonsten ein ziemlich satter Thrasher wäre. Dafür finden sich ein paar richtige Treffer auf Medizin. Z.B. der wütende Titeltrack, das verspielte „Die letzte Stadt“, das melodischere „Du bist nicht allein“ und komischerweise auch die entspannte Schlussballade „Auf Wiedersehen“ mit ihren unverzerrten Gitarrentönen.
Im Ganzen hinterlassen Grantig wie beim Ton Steine Scherben-Cover „Warum geht es mir so dreckig“ (klingt doch zu affektiert und ohne das Herzblut des Originals) einen etwas zwiespältigen Eindruck. Einerseits klingt der Soundcocktail doch ziemlich cool und auch die Bekenntnis zur deutschen Muttersprache weiß sehr zu gefallen, aber auf der anderen Seite hat der Vierer die richtige Songwritingformel noch nicht ganz gefunden, auch wenn Grantig sich hörbar weiterentwickelt haben und den nächsten Schritt nach vorne gegangen sind. Ob es der Richtige war? Hört rein und entscheidet selbst; ist zu einem gewissen Teil doch sehr geschmacksabhängig. Einen Sonderstatus besitzt die Band in der Szene zweifellos. Im Großen und Ganzen zeigt der Daumen noch nach oben. Doch hier ist definitiv noch einiges mehr drin.
Mario Karl
Trackliste
1 | Medizin | 3:52 |
2 | Dein Paradies | 3:04 |
3 | 24 Jahre | 2:58 |
4 | Warum geht es mir so dreckig | 3:23 |
5 | 11 Minuten | 4:14 |
6 | Guten Appetit | 2:14 |
7 | Du bist nicht allein | 5:18 |
8 | Wie fühlt sich das an | 3:26 |
9 | Nur für Dich | 3:37 |
10 | Zwiespalt | 2:55 |
11 | Die letzte Stadt | 3:44 |
12 | Auf Wiedersehen | 4:20 |
Besetzung
Alex Negret (Bass)
Jonathan Schmid (Leadgitarre, Gesang)
Jonas Windwehr (Gitarre)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |