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Hart und zart III (Neue Volksmusik aus Bayern)

Info Musikrichtung: Bayerischer Rock/Pop VÖ: 27.02.2009 (BSC Music/Rough Trade) Gesamtspielzeit: 74:02 Internet: http://www.mundartageh.de http://www.bscmusic.com

Populärmusik und bayerischer Dialekt - bei dieser Kombination denkt man im ersten Augenblick an die Spider Murphy Gang, Hans Söllner, Haindling oder auch Konstantin Wecker. Alles schon etwas ältere Semester. Doch kürzlich erst hat die junge Claudia Koreck recht erfolgreich bewiesen, dass diese Kombination in unserer globalisierten Welt trotzdem nach wie vor eine Daseinsberechtigung hat. Die Mundart Ageh e.V. hat sich deswegen schon länger zur Aufgabe gemacht, Mundart in der zeitgenössischen Popmusik zu fördern und hat hierzu eine Samplerreihe namens Hart und zart initiiert. Diese geht nun schon in die dritte Runde und zeigt auf der aktuellen Ausgabe 22 Bands und Künstler aus Bayern, die sich nicht scheuen ihre musikalischen Eigengewächse in ihrem geliebten Dialekt zu singen. Auf dieser sind CD allerdings nur Künstler und Bands aus Altbayern bzw. der Oberpfalz vertreten. Schwaben und Franken lieferten wohl kein potentes Liedgut.

Das Ganze nennt sich dann neue Volksmusik und hat mit derselbigen ursprünglichen nicht mehr allzu viel zu tun. So gibt es hier deftigen Rock (Heilig „Fauler Hund“, Sir Quickly „Xaver“), der auch mal etwas funky (Turbolenz „Hoidmi“), melodiös entspannt (E-Bayern „Sonnenschein“) oder fast punkig (Edinga „Wega Dir“) sein darf. Bluesig sowieso (Blues Lick „Kamikaze“). Denn dass Bayern auch ganz famos den Blues haben kann, wissen wir spätestens seit dem Isarindianer Willy Michl. Zwar nicht immer vor sich hinwimmernd, sondern auch durchaus gemütlich und entspannt. Griabig nennt man das. Man höre dazu nur den hier vertretenen „Boarisch Groove“ von Horst Biewald. Ziemlich groovig präsentiert sich auch das funkig schwebende „Individuell“ von Zwaostoa oder das gerappte „Oberpfalz rulez“ von Segan & Andi B. Eine Posse aus dem Landstrich in dem echte Männer noch bellen.

Zwar klingt auf der CD manches etwas provinziell oder nach Keller bzw. Garage. Doch mit dem „Samba hoib und hoib“ von Barbara Lexa, der mit Ukulele und gedämpfter Trompete angewürzte Hymne an alle Brennsuppenschwimmer (zu Deutsch: Vollidioten) von D’Raith-Schwestern, der Dönerode von Tiger Willi oder dem „Zigano“ (dt. Zigeuner, ein ziemlich grenzwertiger Text übrigens) von Irxn kommt auch etwas große weite Welt ins Spiel und zeigt, dass südlich des Weißwurstäquators nicht nur Seppelhutträger zuhause sind. Auch Edelschwarz klingen mit ihrem seltsamen Experimentalrocker „Da Schnella“ alles andere gewöhnlich. Aber trotzdem müssen auch ein bisschen Brauchtum bzw. traditionelle Klänge sein. Diese finden sich in Form des witzigen „Frauenschicksal“ von Zwoaraloa und dem Lied über die „Kartoffel“ von Da Huawa da Meier wieder. Letztere haben dazu einen leichten sozialkritischen Anstrich wie ihn auch die Biermösl Blosn pflegen. Humoristisch zu sein versucht auch Zinner in seinem „Goa“ und zeigt damit höchstens, dass im Freistaat neben legalen Drogen wie Weißbier und Obstler auch anscheinend recht gerne gewisse Gräser konsumiert werden (sollten wir hierzu auch mal die Herren von Edelschwarz befragen?). Wenn wir schon beim Thema sind: Eine Art Mantra an das flüssige Gold darf mit TFWOBABs „Weißbier“ natürlich nicht fehlen.

Auf der CD geben sich gute Stücke die Klinke mit weniger erbaulichen Titeln in die Hand. Doch der Großteil der Lieder hinterlässt doch einen recht positiven Eindruck und gewährt einen interessanten Einblick in die einheimische Musikszene außerhalb großer Plattenfirmen und überfüllten Metropolen. Das bayerische Flair ist auch ohne den gesungenen Dialekt in der Musik durchaus spürbar und weiß zu gefallen. Der Beweis ist damit erbracht: Mundart geht auch außerhalb des Mutantenstadels und lebt in zeitgenössischer Musik weiter.

Mario Karl