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Davide penitente
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik / Oratorium
VÖ: 04.01.2008 Naxos / Naxos (CD, DDD (AD: 2006) / Best.nr. 8.570231) Gesamtspielzeit: 53:05 Internet: Naxos Immortal Bach Ensemble |
RECYCLING
In seinem 1785 uraufgeführten Oratorium "Davide penitente" verwendete Mozart bekanntlich wesentliche Teile seiner unvollendet gebliebenen Messe in c-moll wieder. Dass das Oratorium, obwohl vollendet und damit wesentlich besser aufführbar, bis heute ein Schattendasein führt, liegt wohl auch daran, dass der Komponist sich wenig Mühe gab, das Recycling zu tarnen, weshalb musikalischer und textlicher Ausdrucksgehalt nicht immer so recht zueinander passen wollen. Dennoch nimmt die wunderbar dramatische, sich dabei melodiös verströmende Musik für sich ein. Außerdem komponierte Mozart für das Werk auch zwei sehr hörenswerte Arien vollständig neu ("A te, far tante affani" und "Tra l´oscure ombre funeste").
Morten Schuldt-Jensen betont - bei zügigen Tempi - den dramatischen Charakter des Werkes und ist hörbar bemüht, die Musik von jeder romantischen Verklärtheit freizuhalten, die diese in Gestalt der c-moll-Messe so häufig erfahren hat. Im Eingangssatz "Alzai le flebili" (dem angpeassten Kyrie aus der Messvertonung) schlägt er dabei ein wenig über die Stränge: Hier, wie auch bei den weiteren großen Chorsätzen, neigt Schuldt-Jensen unter Betonung des rhythmischen Elements zu einer Zergliederung der großen, weit ausschwingenden Bögen. Die damit erzielte klangliche Transparenz ist zwar bemerkenswert, geht aber auf Kosten der musikalischen Sinnzusammenhänge, die diese Musik so deutlich von der frühen Kirchenmusik Mozarts abheben.
Eine großartige Leistung vollbringt das Immortal Bach Ensemble, früher unter dem Namen GewandhausKammerchor bekannt. Der Chorklang ist satt und kraftvoll, aber gut durchhörbar und äußerst homogen. Zudem haben die Tontechniker eine gute Balance zwischen Chor und Orchester gefunden.
Dramatisch bis theatralisch, aber durchaus nicht unpassend ist der Zugriff durch die Sopranistin Trine Wilsberg Lund. Mit einer angenehmen, ebenfalls hörbar auf der Opernbühne gewachsenen Tenorstimme wartet Lothar Odinius auf.
Von seinem musikalischen Charakter her will das Stück, mit dem die CD aufgefüllt wurde, um das vierzigminütige Oratorium zu ergänzen, sich nicht recht einfügen. Das unbeschwerte Regina coeli (KV 108) ist eher ein Paradebeispiel für die Kirchenmusik des jungen Mozart und von der Dichte und Intensität der c-moll-Messe bwz. des "Davide penitente" weit entfernt. Dass man sich die Zugabe dennoch gern gefallen lässt, liegt daran, dass Schuldt-Jensen das Werk gleichermaßen pracht- und schwungvoll, ja geradezu mitreißend vital interpretiert. Dieser quicklebendige Ansatz lässt wünschen, dass der Dirigent und sein Ensemble Gelegenheit erhalten, sich noch häufiger mit Mozarts kirchenmusikalischem Werk, v.a. auch dem Frühwerk, zu befassen - es wäre bei ihnen in den besten Händen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
11-14 Regina coeli, KV 108 12:34
Besetzung
Lothar Odinius, Tenor
Immortal Bach Ensemble
Leipziger Kammerorchester
Ltg. Morten Schuldt-Jensen
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |