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Reviews

Capricorn

Inferno


Info

Musikrichtung: Metal

VÖ: 5.3.2021 (24.3.1995)

(Jolly Roger)

Gesamtspielzeit: 50:23

Internet:

http://www.jollyrogerrecords.com

Das selbstbetitelte Capricorn-Debüt war zwar kein weltbewegender Erfolg, hatte aber offenbar zumindest genug Einheiten verkauft, um T&T Records dazu zu bewegen, die Band einen Zweitling veröffentlichen zu lassen. Ergo ging das Trio im Herbst 1994 abermals ins Studio, und besagter Zweitling erblickte dann im Frühjahr 1995 das Licht der Welt. Inferno setzte die Linie des Debüts weitgehend unverändert fort, lediglich einige kleine Variationen sind festzustellen. Ausbauen konnte das Trio seinen Status freilich nicht, und dann war es auf einmal zum Duo geschrumpft: Grave Digger brauchten wegen dem Aus von Frank Ullrich nach Heart Of Darkness einen neuen Drummer und erinnerten sich an Stefan Arnold, eben den Schlagwerker von Capricorn, mit denen Boltendahl & Co. 1994 zu The Reaper auf Tour gewesen waren. Arnold wechselte also ins Lager der Grabschaufler, wo sein Albumeinstand auf den Titel Tunes Of War hörte – seine Capricorn-Mitstreiter Adrian und David indes brachten nicht nochmal die Energie für einen weiteren Neuanfang auf, sondern verschwanden, nachdem sie noch mit Arnold am Kit einige Songs für das X-Mas-Project II eingespielt hatten, bis heute komplett aus der metallischen Welt, von Adrians Kurzzeitprojekt Nemesis mit den Ex-Tankard-Mitgliedern Axel und Arnulf abgesehen. Mittlerweile hat sich ja Hinz und Kunz wiedervereinigt, auch Wallop, bei denen Arnold vor Grinder und Capricorn spielte, sind wieder aktiv, aber an Capricorn ist der brüllende Reunion-Löwe bisher achtlos vorbeigegangen. Zumindest gibt es aber beide Alben jetzt als Re-Releases mit je einem Bonustrack, und die originale Herkunft von „Incredibly Ruined“ auf Inferno lässt sich im Gegensatz zum Debüt-Bonus schnell ergründen – es handelt sich um den Bonustrack der Japan-Pressung des Zweitlings.

Grundsätzlich bleiben Capricorn wie erwähnt ihrem Sound zwischen Power und Thrash Metal mit einer gehörigen Rock’n’Roll-Einspritzung auch auf dem Zweitling treu – aber ein paar Nuancen verändert haben sie durchaus. Zum einen siedelten sie schon auf dem Debüt näher am Power Metal als am Thrash, und sie haben letzteren auf dem Zweitling noch ein wenig weiter verlassen. Den Rock’n’Roll bauen sie noch intensiver in die Gitarrenarbeit ein und integrieren ihn noch stärker ins Gesamtkonzept – dass sie erstmalig auch eine Coverversion eingespielt haben und ihre Wahl auf Twisted Sisters „You Can’t Stop Rock’n’Roll“ gefallen ist, darf diesbezüglich als programmatisch gewertet werden. Der Speedie „Iron Biter“ ist so ein Exempel, wo der Rock’n’Roll sich latent im Hauptriff festgekrallt hat. Eine neue Zutat bildet außerdem ein gesondertes Albumintro namens „Iced Age“, an dem auch Produzent Wolfgang Stach mitgeschrieben hat und das per se durchaus einen gekonnten Dramatik-Bogen aufbaut, aber dann leider so ganz und gar undramatisch endet, ehe der speedige Opener „Claws Of The Mad“ losbricht – das hätte man viel besser und stimmungsdienlicher lösen können. Besagter Opener gehört zu den vielen Nummern des Zweitlings, die grundsätzlich auch auf dem Debüt hätten stehen können und für die nahtlose Fortsetzung des dortigen Stils stehen. Mit „Moonstruck“ gibt es auch eine Halbballade, die sich zwar strukturell von „Lonely Is The World“ unterscheidet, aber das gleiche Feeling hervorbringt und nur leider am Ende etwas zu einfallslos ausgeblendet wird, gerade als man das immer länger werdende Solo so richtig liebgewonnen hat. Generell fällt auf, dass Capricorn zwar grundsätzlich immer noch Freunde eher kompakter Arrangements sind, aber sich hier und da doch ein paar zusätzliche Schlenker gönnen, ohne die Songs allerdings damit zu zerfasern. Dass die gleiche Anzahl Tracks auf Inferno summiert vier Minuten länger dauert als auf dem Debüt und sich unter den Neulingen ja auch noch das nicht mal zweiminütige Intro befindet, spricht diesbezüglich ebenso Bände wie der Fakt, dass „Moonstruck“ und der Titeltrack beide jenseits der fünfeinhalb Minuten landen – und dabei ist wie erwähnt die letzte Idee in „Moonstruck“ am Ende noch nicht mal auserzählt. Und wenn wir gerade bei Unterschieden zwischen den Alben sind: Das Drumming ist diesmal deutlich weniger höhenlastig abgemischt, so dass sich insgesamt ein nicht so helles Gesamtklangbild ergibt wie auf dem Debüt. Kurioserweise gesellt sich im Twisted-Sister-Cover dazu noch ein Hauptriff, das wie eine luftigere Version diverser Tony-Iommi-Riffs klingt – für seine Basics kann David logischerweise nix, für die konkrete Ausprägung aber schon, und dort noch ein bißchen Rock’n’Roll einzuschmuggeln, ohne dass es bemüht wirkt, das ist schon sehr gelungen. Und der Einstieg ins folgende „Camp Blood“ ist eigentlich Grave Digger pur. Der Titeltrack, der die Originalfassung abschließt, hebt wieder mit langen düsteren Akustikpassagen an und täuscht dann feisten Doom an, bevor sich nach zweieinhalb Minuten doch ein Stampfer entwickelt, der weitere zwei Minuten später mit der anfänglichen Passage als Reprise endet und verdeutlicht, dass Adrian eine hochinteressante dunkle Klargesangsstimme besaß, mit der ihn jede Epic-Metal-Combo mit Kusshand verpflichtet hätte. Der Japan-Bonus geht fast wie AC/DC los, hoppelt in einem flotten Dreiertakt vor sich hin und integriert nochmal eine Großportion Rock’n’Roll – das gab’s in dieser Form bei den Hessen auch noch nicht. Hinter seinem Titel „Incredibly Ruined“ hätte man auch eine wüste Abrissbirne vermuten können, aber die Erwartungshaltung geht hier völlig ins Leere.
Geholfen hat, wie wir rückblickend wissen, alles nix – Capricorn verschwanden auf dem Bandfriedhof. Für die Wahrnehmung von Inferno hinderlich gewesen sein könnte das Coverartwork von Eric Philippe, das mit den brennenden Steinbockhörnern zwar den Albumtitel gut illustriert, aber hinter dem Motiv eher eines der damals wie Pilze aus dem Boden schießenden Black-Metal-Trümmerkommandos vermuten lässt. Dem Wiederentdecken des Schaffens der drei Hessen steht dieser Aspekt heute nicht im Wege, und sinnvollerweise sollte man sich gleich beide Alben zulegen, da die Unterschiede marginal bleiben, das Qualitätslevel mehr oder weniger identisch ist und beide Werke somit auch als eine Einheit begriffen werden können.



Roland Ludwig

Trackliste

1Iced Age1:45
2Claws Of The Mad4:16
3The Wire Fence4:41
4Dead Can Walk4:08
5Moonstruck5:37
6Iron Biter4:10
7Gun For Hire4:06
8A Call For Defiance3:54
9You Can’t Stop Rock’n’Roll4:28
10Camp Blood3:18
11Inferno5:49
12Incredibly Ruined4:06

Besetzung

Adrian (Voc, B)
David (Git)
Stefan (Dr)
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger