Reviews
Miracles Of The Night
Info
Musikrichtung:
Jazz/World Music
VÖ: 18.11.2022 (BMC) Gesamtspielzeit: 56:35 Internet: http://mihalyborbely.hu/ https://bmcrecords.hu/en |
Der ungarische Musiker Mihály Borbély bewegt sich im Umfeld von Jazz-, World- und Folk-Musik. Neben Klarinetten und Saxofonen bringt er auch alte Instrumente mit ein, wie etwa Tárogató, Kaval, Dvojnice, Fujara, Okarina, Bombard und Zurna. Seit den Achtzigern ist er mit verschiedenen Bands als auch solo aktiv.
Sein aktuelles Album auf dem ungarischen Label heißt Miracles Of The Night. Ja, die Nacht mag in der Tat so das eine oder andere Wunder bereit halten, da bin ich gespannt, wie diese Atmosphäre musikalisch umgesetzt wird im Quartettformat. Und so kann man anhand der zwölf Songtitel bereits annehmen oder auch erkennen, welche geheimnisvollen Ereignisse behandelt werden könnten.
Mit dem Eröffnungstitel "By Evening What Remains of Me / Estére mi marad belölem" verspüre ich sofort, dass etwas Besonderes geschieht. Mit dem Tenorsaxofon schiebt sich Borbély sogleich tief in meine Seele, mit diesem Ausdruck zwischen zart und frech und ein wenig ekstatisch, mit dieser Melancholie, mit dieser Schönheit im Spiel, die mich sofort an Jan Garbarek denken läßt. Aber nicht nur das ist es, sondern die Aktion der kompletten Band entführt mich assoziativ rasch in die Welt verschiedener Musiker des Münchener Labels ECM, mit genau diesem geheimnisvoll und entrückt wirkenden Ausdruck, wie besonders Veröffentlichungen der Siebziger damit strahlten.
Doch bereits mit dem zweiten Titel offenbart sich die Nacht etwas unruhiger und vielleicht sogar ein wenig bedrohlicher. Denn die Musik fließt recht frei und Struktur weicht Improvisation. Mit stärkerer rhythmischer Prägung nimmt "Threeplus Dream" auch folkloristische Motive auf, und das verstärkt sich noch mit dem Einsatz der Flöte auf Track 4. Und so wechselt die Stimmung, genau so, wie sich die Nacht so unterschiedlich darstellen kann, Freund und Leid, Liebe, Trauer, Melancholie, Gewalt, Düsternis, Bedrohung und wahrscheinlich viele weitere Facetten, man muss sich nur einlassen auf die Tiefe der einzelnen Songs, dann mag man erkennen, worum es im Einzelnen geht.
So ist eine großartige Abwechslung gelungen, die sich in vielen Nuancen darstellt, beim genauen Zuhören entdeckt man stets interessante Passagen, so wie etwa dieses packende Zwiegespräch inmitten des Songs "The Waiting Itself". Die Wahl der Blasinstrumente ist es schließlich auch, die jeweilige Klangmuster entwickeln, wie hier ein weiteres Zwiegespräch zu Beginn von "Is This Strane Too?", wo sich die Bassklarinette und die Drums unterhalten, und sich der Bass dann noch zugesellt.
Noch ein weiteres ganz wunderbares Stück erstreckt sich mit knapp sieben Minuten mit "No Train, No Station", sehr viel Romantik, und mir fällt hierzu spontan ein Plattencover ein, ein Cover einer Platte, die sich auch mit der Nacht beschäftigt, Frank Sinatra und "In the Wee Small Hours". Und schon wache ich auf, oder doch nicht? Denn es ereilt mit ein Albtraum... "Nightmare", hier benutzt Mihály Borbély eine "Dvojnice", eine ganz alte serbische Flöte, und gibt auch noch mit der Stimme geisterhafte Geräusche von sich, herrlich, das nenne ich eine perfekte Umsetzung eines Songthemas!
Mit einem zarten lyrischen "Dawn Prayer" und der Beobachtung "The Light Is Calling, Gently Waking" werden wir aus dem Griff der Nacht befreit und dem hellichten Tage zugeführt. Nun, das ist doch ein wahrlich gelungenes Konzeptalbum zum Thema Nacht.
Trackliste
2 Calling Distances / Hívó távolok (3:26)
3 Threeplus Dreams / Nemhárom álom (6:05)
4 Shadows, Awakenings / Árnyak, ébredések (2:01)
5 Nocturnal Sketches / Éjszakai vázlatok (7:13)
6 Knocks... Halts... Shadow Beckons / Kopog... megáll... árnya int...(2:27)
7 The Waiting Itself / A várakozás maga (7:15)
8 Is this Strange Too? / Ez is furcsa? (1:26)
9 No Train, No Station / Se vonat, se állomás (6:48)
10 Nightmare / Lidérc (1:54)
11 Dawn Prayer / Hajnali fohász (3:14)
12 The Light is Calling, Gently Waking Me / A fény már hív, kelteget (7:01)
Besetzung
clarinet - #6, bass clarinet - #8, flute - #4, dvojnice - #10)
Áron Tálas (piano, drums - #2)
Balázs Horváth (double bass)
Hunor G. Szabó (drums)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |