Reviews
Neues aus dem Wolkenkuckucksheim
Info
Musikrichtung:
Liedermacher / Deutsch-Pop
VÖ: 07.06.2019 (Dr. Evil / NovaMD) Gesamtspielzeit: 46:23 |
Fredrik Forsberg gehört in die Kategorie der Liedermacher, aber zu denen, denen man auch gut zuhören kann, ohne die Texte zur Kenntnis zu nehmen. Er macht eben nicht nur Lieder, sondern auch Musik. Geprägt ist seine Musik von seiner Stimme, die einen hohen Wiedererkennungswert hat. Obwohl Forsberg kein Holländer ist, klingt seine Stimme in meinen Ohren holländisch und ich muss ständig an Rudi Carrell und Hermann van Veen denken. Das verleiht ihr etwas naiv Unschuldiges, das gerade kritischen Texten eine besondere Authentizität gibt.
Wenn ich von den Texten etwas enttäuscht bin, liegt das an Zweierlei. Zum einen sind sie dieses Mal derartig kryptisch angelegt, dass ich gar nicht recht weiß, worauf Forsberg mit ihnen hinaus will. Aber das muss nichts Schlechtes sein. Manchmal fällt der Groschen ja erst spät und man versteht bestimmte Anspielungen erst dann, wenn man den gesamten Text schon auswendig kann. Die Texte haben also alle Chancen noch zu wachsen. Vielleicht gebe ich bei einer Wiederveröffentlichung zum 25. Jubiläum 2044 drei Punkte mehr. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich besonders wertvoll, dass sich der flotte Beat-Pop auch textunabhängig gut hören lässt.
Vor allem aber hat Fredrik Forsberg die Latte mit seinem Debüt Welt als Wille & Fiktion dermaßen hoch gelegt, dass es ihm nicht gelingt sie mit dem Nachfolger zu überspringen. Insbesondere die philosophische Tiefe, die Welt als Wille & Fiktion zu einem absoluten Ausnahmealbum gemacht hat, ist hier nur bedingt zu finden.
Was zu finden ist, sind eine melancholische Ballade gegen den Materialismus („Mammona“), ein distanzierter Blick auf ungelebtes Leben („Das Leben ist anderswo“), das ermutigende „Angst (Spring!)“, die recht allgemeine Gesellschaftskritik von „Chaos, Chuzpe & Chimären“, die Individualisten-Hymne „Anders als die Anderen“ und das schräge „Nichts ist, wie es scheint“, das über den Einsatz von Stubenfliegen durch Geheimdienste meditiert.
Was da als Neues aus dem Wolkenkuckucksheim in unsere Stuben kommt, kommt überwiegend ruhig daher. Mal gibt es Streicherarrangements („Bis ans Ende aller Zeit“), mal geben sich die Instrumente indisch („Mahadeva Om“), mal erinnert die Girtarre an George Harrison („Nur die Liebe zählt“).
Gelegentlich wird es etwas flotter. „Anders als die Anderen“ verfügt über eine tolle flotte Melodie und eine jubilierendes Saxophon. „Mahadeva Om“ rock-poppt am Ende richtig los. Am Ende steht mit „Die LiBEATo rockt“ sogar ein waschechter Rock’n’Roll.
Mit Neues aus dem Wolkenkuckucksheim etabliert sich Fredrik Forsberg weiter als einer der stärksten deutschen Künstler, die anspruchsvolle Texte mit packender Musik verbinden. Ich würde mich freuen, wenn wir auf’s nächste Album nicht wieder sieben Jahre warten müßten.
Trackliste
1 | Chaos, Chuzpe & Chimären | 4:22 |
2 | Das Leben ist anderswo | 3:15 |
3 | Mahadeva Om | 4:12 |
4 | Öffne dich! | 3:49 |
5 | Bis ans Ende aller Zeit | 3:48 |
6 | Nichts ist, wie es scheint | 3:39 |
7 | Angst (Spring!) | 3:53 |
8 | Nur die Liebe zählt | 2:52 |
9 | Anders als die Anderen | 3:11 |
10 | Mammona | 3:21 |
11 | Welt im Kopf | 3:40 |
12 | Ozean des Nichts | 3:32 |
13 | Die LiBEATo rockt | 2:45 |
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |