Reviews
Combobulated
Info
Musikrichtung:
Avantgarde Jazz
VÖ: 22.02.2019 (Intakt Records) Gesamtspielzeit: 53:17 Internet: http://www.intaktrec.ch/ http://www.nuzzcom.com/ |
Ein sehr interessantes Trio, angeführt vom 1957 in Los Angeles geborenen Jazz-Schlagzeuger Tom Rainey, ein Musiker, der hinsichtlich seiner Spielweise mitunter mit Paul Motian verglichen wurde, und mit zwei begleitenden Damen, einmal die Gitarristin Mary Halvorson, geboren 1980 in Boston, eine Künstlerin, die als Pflegerin eines sehr originellen Stils gilt und dann noch die deutsche Saxofonistin Ingrid Laubrock, die 1970 in Stadtlohn geboren wurde. Sie gilt ebenfalls als stilistisch sehr eigenständig.
Nun, das sind sehr gute Voraussetzungen für eine solche Platte, deren Musik zudem live eingespielt wurde und daher von der Musikalität der drei beteiligten Individualisten alles abverlangt, wenn man solche Musik spielt, wie man sie hier zu hören bekommt. Während einige der kürzeren Stücke noch über teilweise angelegte Strukturen verfügen, ist der Titelsong ein sich ständig entwickelnder Song, der voller Kreativität steckt. Gleich von Beginn an wird Fahrt aufgenommen, alle drei Musiker/innen gestalten sofort eine freie Atmosphäre, jeder scheint für sich zu spielen und dennoch strahlen sie Gemeinsamkeit aus, weil es sich so anhört, als seien sie untereinander eng verzahnt und jede einzelne Aktion von jeweils Schlagzeug, Gitarre oder Saxofon löst eine Aktion der anderen Beiden aus. Man kommuniziert, und das ist ganz deutlich zu vernehmen.
Und so ist das nicht der typische Jazz mit Thema und einzelnen Solobeiträgen der Solisten, sondern von Beginn an eine dichte Klanglandschaft, die sich aus dem Moment entwickelt, aus dem Zuspiel aller Beteiligten, für Zuhörer/innen allerdings insofern „anstrengend“, als das man genau mitgehen muss in diesem Fluss des Sounds, allerdings kann man die Musik auch als Ganzes wirken lassen, Jede/r mag das individuell angehen.
Sehr frei ist “Fact“ und für Einige sicher bereits Free Jazz, aber wenn Halvorson dann plötzlich über dem rumpelnden Schlagzeug die Regler der Gitarre hochjagt, dann kommt sogar so etwas wie experimenteller Rock zum Zuge. Und so bricht mitunter die Kreativität besonders hervor, gerade auch in ruhiger gestalteten Momenten, wo Halvorson nicht so übliche Töne der Gitarre entlockt, und Laubrock zart fliegende Saxofonfetzen darüber streut und Rainey im Hintergrund das Ganze untermalt, ich beziehe mich hier auf “Isn’t Mine“. Der letzte Song, “Torn Road“, besitzt auch eine Menge Individualität, hier wird eine außerordentlich spannende Atmosphäre geschaffen, die sich langsam steigert, klickerndes und klackerndes Schlagzeug, schwebende Gitarrenklänge und drohnenhaftes Saxofon bereiten großes Hörvergnügen, auch wenn sich Rainey plötzlich gewitterartig entlädt nach knapp fünfeinhalb Minuten und die bisher herrschende Ruhe unterbricht.
Im Kern sind diese Kollektivimprovisationen auf die Entstehung des Augenblicks gerichtet, auf Kommunikation, und eine weitere Zusammenarbeit der Drei ist sehr wünschenswert.
Trackliste
2 Point Reyes (5:56)
3 Fact (7:52)
4 Isn't Mine (7:08)
5 Splays Itself (7:03)
6 Torn Road (6:25)
Besetzung
Ingrid Laubrock (saxophone)
Mary Halvorson (guitar)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |