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Concerti grossi nach D. Scarlatti
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 16.10.2015 (Berlin Classics / Edel / CD / 2015 / Best. Nr. 0300702BC) Gesamtspielzeit: 82:13 Internet: Concerto Köln |
AMALGAM
Trotz mancher Bemühungen: Die Wiederbelebung des scharfzüngigen englischen Komponisten Charles Avison (1709-1770) ist bislang noch keinem Alte Musik-Ensemble so recht geglückt. Es mag daran liegen, dass Avison, der das Sakrileg wagte, die Kunst Vivaldis, Hasses und Händels gering zu schätzen, kein übermäßig origineller musikalischer Kopf war, wenn er denn auf sich allein gestellt blieb. Dann nämlich reichte es meist doch nur zu gefälliger Unterhaltungsmusik (vgl. MAS-Review). Anders verhält es sich mit den Concerti grossi, die Avison 1744 unter Rückgriff auf Cembalowerke des damals in England hoch in Mode stehenden Domenico Scarlatti komponierte. Die Sonaten verschafften Avison - einem Steinbruch gleich - das musikalische Grundmaterial, das er im Zuge des orchestralen Arrangements recht frei handhabte. So ist es oft nicht einmal leicht, Scarlattis Spur in den Orchestersätzen wiederzuerkennen - denn auch hier sah Avison durchaus selbstbewusst Verbesserungsbedarf und scheute nicht davor zurück, die thematischen Linien bisweilen zu "entschlacken und konzentrieren", wie er es nannte. Die Kürzungen sind indes geschickt ausgeführt und der Orchestersatz mit seinen zahlreichen Wechseln zwischen Concertino und Concerto grosso-Besetzung verleiht dem Ganzen harmonisch verfeinert und oftmals kontrapunktisch strukturiert einigen Glanz. Die Concerti sind also weit mehr als bloße Orchesterfassungen fremder Cembalowerke. Vielmehr amalgamiert Avisons Idealvorstellungen von barockem Orchesterklang mit Scarlattis melodischem Reichtum zu einer eigenen Klangsprache von einigem Reiz. Es entsteht auf diese Weise ein kühner Brückenschlag von Italien direkt nach England.
Concerto Köln, das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert, veredelt diese selten zu hörende Musik durch einen tänzerischen Zugriff, dessen Brillanz die Frucht ausgiebigen Quellenstudiums ist. Für harmlose Galanterie ist wenig Raum. Stattdessen wechseln Sätze, die unter binnendramatische Hochspannung gesetzt werden, mit federnd-pulsierenden Passagen ab. Das ist erstaunlich kurzweilig und als angenehme Tafelmusik ebenso gut zu goutieren wie als musikalisches Vexierspiel.
Sven Kerkhoff
Trackliste
D. Scarlatti: Presto D-Dur
Besetzung
Mayumi Hirasaki: Konzertmeisterin
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |