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Oratorium germanicum de Passione
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 1.2.2013 (PAN CLASSICS / Note 1 / CD / 2012 / Best. Nr. PC 10284) Gesamtspielzeit: 62:13 Internet: Ars Antiqua Austria |
BEGRENZTE EXPRESSIVITÄT
Lange Zeit wurde dieses deutschsprachige Passionsoratorium Antonio Caldara zugeschrieben. Der Musikwissenschaftler Klaus Petermayr konnte jedoch nachweisen, dass das Werk tatsächlich von Johann Joseph Fux (1660-1741) stammen dürfte. 1731 entstanden, stellt es somit wohl Fux´ letztes Oratorium dar und belegt seine kontrapunktische Meisterschaft noch einmal besonders eindrucksvoll. Diese Kunstfertigkeit wusste Fux in ganz außergewöhnlicher Weise mit expressivem Ausdruck aufzuladen, so dass seine Musik durchaus keinen trocken-artifiziellen Charakter aufweist.
Jene Expressivität kommt einem Interpreten wie Gunar Letzbor besonders entgegen. Trotz einfacher Besetzung tönt die Instrumentalbegleitung durch Ars Antiqua Austria unter seiner Leitung bei scharfer Phrasierung rund und voll. Virtuose Figuren werden nicht weniger geschickt eingebunden als die farbigen tonmalerischen Effekte. Der unbedingte Wille zur Gestaltung und Expressivität gelangt indes naturgemäß durch die Auswahl der Singstimmen an seine Grenzen. Da das Oratorium für ein Klosterstift und somit für die Ausführung mit Knaben- und Männerstimmen geschrieben wurde, hat Letzbor sich für eine entsprechende Besetzung entschieden. Nun verfügen schon durch die hinlänglich bekannte Verschiebung des Zeitpunkts des Stimmbruchs nach vorne Knabensoprane und –altstimmen heute zumeist nicht mehr über das Volumen und die Erfahrung der Vorbilder im 18. Jahrhundert. Alois Mühlbacher von den St. Florianer Sängerknaben, Jahrgang 1995, bildet hier eine seltene, zudem mit reichlich Bühnenerfahrung versehene Ausnahme. Ihm, sowie dem Tenor und Bass gelingt es dann auch, die jeweiligen Arien ausdrucksstark vorzutragen und sich als ebenbürtiger Partner des Orchesters zu präsentieren. Den beiden anderen Sängerknaben fällt dies deutlich schwerer. Ihr Vortrag rührt zwar durch Reinheit und Schlichtheit, reizt aber das Potential von Fux´ Musik nicht vollständig aus. Zudem ist das Orchester hier gezwungen, sich in Tempo und Dynamik zurückzunehmen, was der – zudem mit viel Hall versehenen – Aufnahme insgesamt einen deutlich kompromisshaften Charakter verleiht. Dies gilt auch für die Rezitative, die zudem nur eine unnötig monochrome Continuobegleitung erfahren.
Ungeachtet dessen handelt es sich um eine interessante Wiederentdeckung. Dies übrigens auch deshalb, weil Oratorien auf deutsche Texte aus jener Zeit höchst selten sind und in diesem Fall zudem in bemerkenswerter Weise der antike Mythos von Andromeda und Perseus als Allegorie auf die Passion Christi nutzbar gemacht wird.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Besetzung
Simon Boden: Alt
Mathias Helm: Bass
Markus Miesenberger: Tenor
Ars Antiqua Austria
Gunar Letzbor: Ltg
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |