Reviews
Sunny side up
Info
Musikrichtung:
Blues/Soul, Psychedelic Rock
VÖ: 13.04.2012 (Believe / Indigo) Gesamtspielzeit: 43:31 Internet: http://www.slow-joe.com |
Man stelle sich mal folgendes Szenario vor: Ein junger französischer Gitarrist, der sich den ausgehenden 60ern verpflichtet fühlt, begegnet auf seinem obligatorischen Trip nach Indien einem alterndem, recht isoliert lebenden Sänger mit Hut, der zwar nicht wirklich schön, dafür aber mit viel Inbrunst und einer Ladung Lässigkeit seine Geschichten zum Besten gibt, die er über all die Jahre gesammelt hat. Der Franzose ist derart fasziniert davon, dass er den Sänger dazu überredet nach Europa zu kommen, um mit einer engagierten Band ein Album aufzunehmen.
Vielleicht nicht so, aber so ähnlich dürfte es sich zugetragen haben. Denn mit geschlagenen 68 Jahren nahm Joe Rocha alias Slow Joe zusammen mit der Band The Ginger Accident sein Debütalbum Sunny side up auf, das (mit einer Ausnahme) so gar nicht indisch, sondern vor allem sehr amerikanisch klingt. Von vielen Songs könnte man sich sogar vorstellen, dass sich The Doors heute mit Jim Morrison so anhören würden - oder auch mit seinem irischen Namensvetter Van. Überwiegend bluesig, mit einer ganzen Portion Soul, psychedelischen Gitarren hier, hin und wieder Bläser dort und vor allem mit einem starken, altmodischen Orgelteppich. Fast als wäre die Zeit irgendwann vor 45 Jahren stehen geblieben.
Aber am Ende ebnet die Instrumentierung nur den Weg für den ergrauten Slow Joe, dem man seine Lebensjahre anhört, der aber immer noch vor Leben sprüht, wenn er zum Erzählen ansetzt. Dabei klingt er manchmal wie ein alter, charmanter Crooner, dann wieder wie eine Art rockiger Märchenonkel - jedenfalls nie wirklich langweilig und komplett kitschfrei. Dafür sorgen schon The Ginger Accident, die die Songs erst so richtig um Leben erwecken. Hier haben wir es mit einer hungrigen, spielfreudigen und gewitzten Band zu tun, die sich nicht scheut neben saftige Rocker („Blonde brunette“) oder polternde R’n’B-Songs („When are you comin’ home“) auch heitere 60s-Popliedlichen („Give me your love“) oder wahlweise düstere („Cover me over“) oder latent jazzige („Roses singin’“) Balladen zu packen.
Musikalisch bleibt das Ganze stets abwechslungsreich und verdammt unterhaltsam, mit viel Stil. So funktioniert Sunny side up genauso als Sommerplatte wie als musikalische Untermalung in einer rauchigen Bar. Eine höchst interessante Neuentdeckung der man dringend eine Chance zum Verzaubern geben sollte!
Mario Karl
Trackliste
1 | Money Mama | 3:23 |
2 | Love Bug | 2:42 |
3 | When Are You Comin' Home | 2:35 |
4 | Cover Me Over | 4:48 |
5 | Long Long Walk | 1:56 |
6 | Brunette Blonde | 3:18 |
7 | Just One Touch | 1:24 |
8 | Give Me Your Love | 2:38 |
9 | Inside Of Me | 2:57 |
10 | Back Home Soon | 4:34 |
11 | Ab Kahan Javen Hum | 2:43 |
12 | Climbin' A Mountain | 3:46 |
13 | So Many Dreams | 3:20 |
14 | Roses Singin' | 3:25 |
Besetzung
Alexis Morel (Bass)
Cédric de la Chapelle (Gitarre)
Denis Troufleau (Keyboards)
Josselin Varengo (Schlagzeug)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |