Reich, St. (Simon, K.)
Eight Lines - City Life u. a.
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Info |
Musikrichtung:
Neue Musik Ensemble / Minimal Music
VÖ: 04.12.2020
(Naxos / Naxos / CD / DDD / 2006-2010 / Best. Nr. 8.559682)
Gesamtspielzeit: 74:06
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COOLE PERFEKTION
Auch wenn die Aufnahmedaten bei dieser Produktion aus der Naxos-Serie „American Classics“ schon etwas zurück liegen: Dieses Steve-Reich-Album ist ein musikalisch ausgesprochen frischer Querschnitt durch das Schaffen des großen Minimal-Music-Schöpfers.
Dabei trumpft man hier sogar mit einer Ersteinspielung auf: 1964 komponierte Reich „Music for Two or More Pianos“, sozusagen sein Sprung aus den als unbefriedigend empfundenen atonalen Studien in eine neue Tonalität. Das Stück besteht aus neun Akkorden, die frei gestaltet und beliebig oft wiederholt werden können – ein Beispiel für die damals beliebten offenen Formen der Avantgardemusik. Doch die Harmonik steht eher dem Jazz nahe. Die beiden Pianisten, Klaus Simon und Jörg Schweinbenz, präsentieren das Stück zu Beginn in feldmanesker Manier mit zart schwebenden Klavierklängen, um dann im weiteren Verlauf hier und da die späteren typischen flirrenden Reich-Patterns zu improvisieren. Das Stück wirkt daher wie eine Art Präludium für das ganze Programm, es zeigt den Komponisten auf der Suche.
Das virtuose „Eight Lines“ (1979/1983) repräsentiert den typischen Reich-Sound aus pulsierenden, sich überlagernden Mustern der Holzbläser, Streicher, Klaviere und Perkussion dann in voll entwickelter Form. Ein unwiderstehlicher Drive treibt dieses Stück voran, es erinnert an die späten Mondrian-Bilder wie "Broadway Boogie-Woogie" - Musik, bei der man, wenn man einmal drin ist, ungern aussteigt.
Dagegen entstehen die monochromen Netzstrukturen von „Vermont Counterpoint“ und „New York Counterpoint“ durch vorproduzierte zehnstimmigen Tonbandschleifen von Flöte und Klarinette, in die sich der jeweilige Spieler zuletzt mit einer elften Live-Stimme einfügt. Diese multipel aufgefächerten Kammermusik-Soli aus den 1980er Jahren verweisen zugleich auf die frühen „Phase-Shifting“-Experimente Reichs, bereichert um "Pulses" und einen tänzerischen Swing, die die strengen Muster-Flechtwerke auflockern.
„City Life“ von 1995 ist wiederum ein größeres Ensemblewerk, mit 24 Minuten das umfangreichste auf der Platte. Hier sind kurze Sprach- und Geräuschsamples der Ausgangspunkt für differenzierte Patternbildungen und zeichnen ein Portrait von New York: gelegentlich elegisch, vor allem aber vital und auch düster-dramatisch verbinden sich u. a. das Zischen von U-Bahn-Türen, Polizeisirenen und Menschenstimmen mit den Instrumentalformationen zu einem fast schon filmmusikalischen Soundgemisch, bei dem Jazz- und Technoanklänge knackige Akzente setzen.
Die Holst-Sinfonietta serviert diese Stücke in cooler Perfektion, etwas entspannter etwa als das "Ensemble Modern", aber ohne Glätte und Künstlichkeit. Die Interpreten zeigen damit eindrucksvoll, dass Steve Reichs „American Minimal Classics“ auch in Good old Germany immer wieder starke interpretatorische Resonanzen auslösen, die auch über den einen oder anderen „Leerlauf“ in dieser Musik hinweg tragen.
Georg Henkel
Trackliste |
01 Music for Two or More Pianos 10:57
02 Eigth Lines 17:12
03 Vermont Counterpoint 9:33
04-06 New York Counterpoint 12:07
07-11 City Life 24:17 |
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Besetzung |
Holst Sinfonietta
Klaus Simon, Klavier & Leitung
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