Interzone
Letzte Ausfahrt
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1979 wurde die Band Interzone gegründet. Doch erst 1981 erschien ihr erstes, gleichnamiges, Album. Man kann nicht daran vorbei, Headliner der Band ist eindeutig der Sänger Heiner Pudelko. Um es mit einer britischen Redensart zu formulieren: “LOVE, HATE – There is NO in between“. Denn der wirklich kreischende, in oft hohen Falsett-Tönen angesiedelte Gesang ist gewöhnungsbedürftig, oder man gewöhnt sich eben nicht und lässt die Band aufgrund dessen außen vor.
Doch nun zu diesen Aufnahmen der Platte Letzte Ausfahrt, eine Platte, die eigentlich die erste der Band hätte sein sollen. Pudelko war seinerzeit fasziniert von den Gedichten Wolf Wondratscheks, dem deutschen Schriftsteller. Das erste Album sollte komplett mit den Texten des Lyrikers erscheinen, doch scheiterte die Vertonung daran, dass Wondratschek sein ursprüngliches Einverständnis wohl zurückzog oder es andere Unstimmigkeiten gab. “Chuck’s Zimmer“ sollte der Titel des Albums sein.
Im Booklet der jetzt doch noch erfolgten Veröffentlichung wird ausgeführt, dass man sich vierzig Jahre später darüber einig wurde, das noch erhaltene Quellmaterial in den Kellern der Musiker zusammen zu suchen, um zu retten, was noch zu retten war. Es handelte sich um Demobänder aus dem Proberaum der Band in der Köpenicker Straße, aus den Hansa Studios, sowie von einem Live-Konzert im Berliner Quartier Latin. Nach der Freigabe der Rechte wurden die Masterbänder überarbeitet.
Musikalisch ist es dass, was man von der Band erwarten kann, bezeichnet wurde Interzone seinerzeit als deutschsprachige Rhythm & Blues- und Rockband. Nun, es ist wohl eher Rock als Rhythm & Blues, zumindest, was die Studio-Aufnahmen angeht. Nicht durchgehend überwältigend, aber recht ordentlich und abwechslungsreich wird die Musik vorgestellt, gelegentliche Beiträge der Gitarristen zählen für mich auch zu den positiven Eigenschaften des Sounds, alles andere klingt mitunter eher gruppendienlich und nicht unbedingt hervorragend. Dennoch ist die Musik auf ihre Art recht eigenwillig und auch unterhaltend, die schnellen Song gehen auch gut ab, gelegentlich erinnert mich das an Herman Brood & His Wild Romance, auch das eine oder andere verwendete Blues- oder Jazz-Element trägt zur positiven Aufwertung bei.
Doch der überdreht wirkende Gesang, ich beschrieb es schon, kann gewaltig nerven, oder begeistern, das sei Jedem/Jeder selbst überlassen. Schließlich ist es der Aspekt, dass diese Aufnahmen nun endlich zugänglich sind, der die Wichtigkeit dieser Platte unterstreicht, eben die Kombination der Texte Wondratscheks und der Musik. Leider fehlt das „I-Tüpfelchen“, so wäre es wünschenswert gewesen, die Texte im Booklet noch separat abzudrucken.
Nach acht Studio-Songs folgen ab Track neun (bis elf) die Live-Einspielungen, die sich ganz anders darstellen. Hier kommt die Band der Beschreibung als Rhythm & Blues-Band dann schon näher. Gleich „Henry Miller geht wieder auf den Strich“ nutzt als Gerüst den Song “I’m A Man“ von Bo Diddley oder auch “Mannish Boy“ von Muddy Waters. Hier spielt Pudelko dann auch eine gute Blues Harp, und die Band klingt zwar mit einem kleinen Hauch Amateurhaftigkeit, aber sehr authentisch im Ausdruck, rau und unverfälscht wird die persönliche Art von Blues präsentiert. Das gilt auch für die übrigen Titel, die sich alle an bekannten Blues-Standards bedienen, und hier umgearbeitet und mit gutem Feeling präsentiert werden. Und – siehe da – hier passt dann tatsächlich der Gesang Pudelkos ein wenig besser in dieses Konzept, da schreit er halt den Blues hinaus.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Café Capri
2 Liebeslied
3 Das alte, sentimentale Gefühl
4 R&R Freak
5 Gizeh
6 Picknick auf einer Blutfontäne
7 Letzte Ausfahrt
8 The Ticket That Exploded
9 Henry Miller geht wieder auf den Strich
10 Supergirl
11 Wartehalle 9
12 Apartment 302
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Besetzung |
Heiner Pudelko (vocals + harmonica)
Leo Lehr (guitar + vocals)
Hans Wallbaum (drums)
Mario ‘Bibi’ Schulz (guitar)
Aki Furi (keyboards + B 3)
Ralf ‘Trotter’ Schmidt (bass)
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