Franziska Günther: von Chelsea Radio bis Solokarriere
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Mit ihrem selbst betitelten Solodebüt konnte Franziska Günther sofort auf sich aufmerksam machen. Das puristische Album – nur Gitarre und Gesang – besitzt tolle Songs und ist von einer Künstlerin, die nicht nur tolle Songs schreiben kann sondern auch mit ihrem Gesang und ihrem Gitarrenspiel begeistert. Gründe genug, ihr ein paar Fragen zu stellen.
Hallo Franziska, könntest Du unseren Lesern etwas über Dich und Deine musikalische Laufbahn erzählen?
Ich habe früh Geige und Bratsche in der Musikschule gelernt, ab zwölf Schülerbands gehabt, in denen ich gesungen, Gitarre und Bass gespielt habe. Das habe ich mir alles selbst beigebracht oder zeigen lassen. Als Sechzehnjährige fing ich an, in Kneipen und auf Festivals in Mecklenburg mit eigenen Songs und Covers aufzutreten. Nach dem Abi habe ich in Dänemark gelebt, in Hamburg den Popkurs absolviert und bin danach nach Berlin gezogen, wo ich einen Master in Musiksoziologie und gleichzeitig in verschiedenen Konstellationen Musik gemacht habe. In diesem Jahr habe ich mein Solo-Debüt-Album veröffentlicht und beschlossen, mit Musik mein Geld zu verdienen.
Wie sind die bisherigen Reaktionen auf Dein Solodebüt? Bist Du mit den Reaktionen zufrieden?
Ich bekomme gute Resonanz. Sogar von Leuten, die ich persönlich noch nicht kenne. Das ist immer ein gutes Zeichen, dass sich die Musik über Empfehlungen oder über Radiosendungen verbreitet. Ein guter Rückenwind für das nächste Album und Musikmachen überhaupt.
Welche Musiker und Bands oder welche Art von Musik beeinflusst Dich hauptsächlich?
Ich mag Singer/Songwriter aller Genres, vor allem aber, wenn Gitarre eine wichtige Rolle spielt und die Lieder prägnant, aber nicht banal sind und die Texte eine gute Geschichte erzählen, in mir Bilder und Emotionen hervorrufen oder mich zum Lachen bringen. Brooke Miller, Tina Dico, John Mayer, Sarah Jarosz, Joni Mitchell, Wallis Bird sind ein paar Namen, die mir spontan einfallen.
Wie würdet Du selbst Deine Musik beschreiben? Singer/Songwriter, Folk, Pop?
Genau so: Frischer Singer/Songwriter-Folk. Die Musik kommt aus meiner individuellen Perspektive (daher Singer/Songwriter) und doch will ich sie universell zugänglich halten (Folk). Frisch im Sinne von lebensbejahend, rastlos und doch entschleunigt.
Gibt es das Duo Chelsea Radio noch oder willst Du Dich ganz auf die Solokarriere konzentrieren?
Das Duo gibt es nach wie vor. Klanglich geht es jetzt in Richtung Bluegrass/Americana, weil Peter Jack, der bisher Bass gespielt hat, nun eher Mandoline und Banjo einbringt. Dadurch machen wir mehr Folktunes und die eigenen Songs klingen anders. Aber es stimmt schon, der Fokus liegt auf meiner Solo-Musik.
Du hast Dich entschieden, ganz von der Musik zu leben. Wie schwierig ist es mit der Umsetzung? Gibt es einen festen Plan – sofern man so etwas überhaupt planen kann?
Die Idee hatte ich ja nicht aus heiterem Himmel. Ich habe immer schon Musik gemacht, aber mir vorher den Mut anstudiert, mich nach dem Studium endlich auf Plan A, das Musikmachen zu konzentrieren. Und seit ich alle Zeit dafür nutze, ergeben sich immer mehr Auftrittsmöglichkeiten.
Wie komponierst und arrangierst Du die Musik? Ist da erst die Musik oder hast Du manchmal auch fertige Texte, die nach einer Musik verlangen?
Es ist immer anders und vor jeder Schreibphase frage ich mich, wie das funktioniert. Die Musik erarbeite ich meist an der Gitarre und selten am Klavier. Manchmal singe ich auch eine Melodie vor mich hin. Meist habe ich dann ein Bündel aus Musik- und Textidee für eine Strophe oder einen Refrain. Dann stricke ich entweder an der Musik weiter oder schreibe einen Text fertig. Oder abwechselnd. Und wenn einer grober Entwurf steht, erspiele ich mir das Lied. Ich habe aber auch schon auf ein formfertig eingesungenes Lied mit Melodie und Gitarrenbegleitung einen Text geschrieben. Mein guter Freund und Kollege Siggi Björns hat mir im letzten Jahr solche Ideen geschickt und für mich hat so zum ersten Mal Co-Writing funktioniert.
Wie sieht es mit den Texten aus? Wie wichtig sind diese für Dich? Hattest Du schon einmal den Wunsch, in Deutsch zu singen?
Die Texte sind enorm wichtig für mich. Ich möchte bildreich und klug eine Geschichte erzählen und versuche, abstrakte Worthülsen zu vermeiden. In den letzten Jahren habe ich das fast ausschließlich auf Englisch getan, auch weil ich nicht nur in Deutschland spiele, aber auch weil ich mit Songs in der Sprache aufgewachsen bin. Momentan schreibe ich wieder auch auf Deutsch und plane das nächste Album mit deutschen Songs.
Wie kam es zur Entscheidung, ein ganz puristisches Album aufzunehmen. Nur Gitarre und Gesang, das hört man heute ja leider nicht mehr so häufig.
Für mich ist es ein back to the roots. So habe ich angefangen, Musik zu machen. So entstehen die Songs, so spiele ich sie live. Ich habe erst alle Songs so pur aufgenommen und wollte mit Abstand hören, was noch zu ergänzen ist. Dann habe ich das Album aber als rund empfunden und mich bewusst entschieden, es so zu lassen.
Wie hast Du die Gitarre und den Gesang aufgenommen? Einfach mit einem Mikrofon oder auch über Verstärker und Effekte?
Ich habe vor zwei Neumann-Mikros (TLM 102) die Gitarre eingespielt, durch den SPL Goldmike 9844 vorverstärkt und mit AudioInterface (Babyface) am Computer aufgenommen (mit Logic Pro X). Danach habe ich über eines der Mikros gesungen.
Hast Du zuerst die Gitarre aufgenommen und dann den Gesang darüber gesetzt oder hast Du beides quasi live eingespielt?
Ich habe zuerst die Gitarre auf Klick eingespielt. Dann den Gesang darüber gesungen. So ist zwar der direkte Live-Moment weg, aber soundtechnisch wird es sauberer und leichter zu händeln.
Was verbirgt sich hinter dem Yellow Curtain Studio? Ist das Dein Heimstudio?
Ja, das ist es. Wow, ihr habt ja alle Details gelesen. Ich habe in meinem Wohnzimmer warmgelbe Vorhänge. Und Yellow Curtains erinnert auch an eine Phrase aus Joni Mitchells „Chelsea Morning“: „the sun through yellow curtains and a rainbow on the wall“. Ich mag diese Reminiszenz an Joni.
Wie wichtig war der Mix und das Mastering von Jörg Surrey für den Klang, den ich sehr gut finde?
Das Grundmaterial musste natürlich gut aufgenommen sein, aber Jörg Surrey ist ein Meister, wenn es darum geht, so pure Aufnahmen im Sound zu polieren. Wir haben gute Räume gefunden, Lautstärken angepasst und alles geschmackvoll durch Geräte geschickt. Aber nichts dazu gezaubert, was nicht da war.
Welche Gitarrenmarke/n und welches Equipment verwendest Du? Hast Du eine 'Hauptgitarre'?
Ich spiele seit einem guten halben Jahr eine Martin 000-28 EC Eric Clapton Signature. Mit der habe ich auch das Album aufgenommen. Davor habe ich lange Jahre eine Alhambra J3 AB Jumbo gespielt, die ich natürlich behalten werde.
Spielst Du Live und im Studio dieselben Instrumente? Welches Equipment benutzt Du im Live-Einsatz für Gitarre und Gesang?
Ich habe immer gern nur ein Instrument dabei. Wenn vor Ort keine Technik ist, nutze ich eine PA, die ich mir achtzehn gekauft habe, eine Spirit Powerstation 600 mit integrierter Lexicon Effekteinheit (v.a. für Hall) und zwei passive Electro-Voice Lautsprecher. Für die Gitarre habe ich seit einiger Zeit eine aktive DI von Fishman (Aura Spectrum) in Benutzung. Ich singe über ein Shure SM58.
Wirst Du auch auf größere Tour gehen, um die CD zu promoten?
Ich spiele sowieso viel und wollte ohnehin eine CD dabei haben, damit die Leute das Live-Erlebnis mit nach Hause nehmen können. Aber ich habe nicht extra eine große Tour nach der Veröffentlichung gebucht. In Berlin und in meiner Heimatstadt Waren Müritz habe ich aber eigens ein Record Release Konzert anberaumt. Das Berliner Konzert habe ich schon gespielt, im ersten Set Solo, im zweiten Set mit Band, um mal zu zeigen, wie es geklungen hätte, wenn ich das Album aufwändiger instrumentiert hätte.
Musst Du Dich um das Booking selbst kümmern? Wenn ja, wie aufwändig ist das momentan?
Booking mache ich selbst, ja. Es ist immer viel zu tun, aber ich merke, dass auch Veranstalter auf mich zukommen.
Gibt es noch etwas, das Du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Tausend Dank für das Interesse! Wenn jemand Lust auf das Album hat, es ist draußen: http://www.franziskagunther.com/musik. Einen Mitschnitt vom Release Konzert in Berlin und einige andere Videos zu Albumsongs gibt es auch: https://www.youtube.com/channel/UCA34yqX0O7weg3DdbzYs18w. Und ich würde mich riesig freuen, wenn sich jemand auf meiner Homepage in meine Mailingliste einträgt. Dann kann ich News zu allem was da kommt verschicken. Dafür gibt es einen Song gratis zum Download: „Come Back To Bed“: http://franziskagunther.com/home. Und danke für das Interview!
Wir bedanken uns!
Ingo Andruschkewitsch
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