Lou Reed & Metallica
Lulu
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Keine Frage: Metallica werden Prügel bekommen für dieses Album. Hatten sie ihre Fans nach einigen (angeblichen) Ausfällen gerade wieder besänftigt, kommen sie nun mit diesem – über weite Strecken recht anstrengenden – Crossover-Werk in die Läden.
Wahrscheinlich wird niemand so recht zufrieden sein. Die hehren Hüter des FAZ-Feuilletons, die den knochigen Lou Reed ob seines avantgardistisch minimalistischen Zorns, als einen der ihren anerkennen, werden von den rohen Metall-Riffs, die so gar nicht nach „Nothing else matters“ klingen, aus ihrem intellektuellen Wohlbefinden gerissen. Und die Headbanger wissen nicht so recht, in welche Richtung ihr Head plötzlich bangen soll.
Aber es gibt zwischen FAZ und Manowar ja noch eine Menge Musikhörer, und die könnten entdecken, dass Lulu ein überaus interessantes Werk ist, das durchaus seine Momente hat, auch wenn es keine reines Vergnügen sich durch das Album durchzuhören. Das sei zugestanden.
Wer sich open minded auf Lulu einlässt, wird feststellen, dass sich die karge Wut von Lou Reed und die heftigen Riffs von Metallica, die mich stellenweise an das sträflich unterbewertete Album St. Anger erinnern, kongenial unterstützen.
Wenn Reed „Brandenburg Gate“ mit einer zerbrechlich aufbegehrenden Stimme nur von einer spartanischen Gitarre begeleitet beginnt, dann wirkt das plötzlich losbrechende Riff-Gewitter Metallicas als würde sich Reeds unterdrückte Wut plötzlich Raum schaffen. Gefällt mir besser, als manches Hochgelobte der ersten Metallica-Alben – und lässt die Pseudo-Wut vieler Vertreter der derzeit grassierenden Thrash-Renaissance recht alt aussehen.
„The View“ setzt da noch einen drauf. Der – sicher nicht zufällig – vorab veröffentlichte Song started schleppend, entwickelt sich dann aber zu einer Metallica-Walze, die Lou Reed so weit aus der Reserve lockt, das er wie ein aufbegehrender John Cale wirkt.
„Pumping Blood“ hält mit den beiden ersten Stücken durchaus noch mit, hat aber das Problem, dass der Reiz des Neuen nach einer knappen Viertelstunde langsam verflogen ist, und man auf etwas wartet das nicht kommt. Denn das Beste an Lulu ist ganz einfach die Tatsache, dass die Scheibe wirklich interessant ist, in ihrem Versuch zwei völlig unterschiedliche musikalische Welten über einem gemeinsamen Nenner zu etwas Neuem zu addieren. Das aber ist eine reine Kopfsache. Und wenn man einmal registriert hat, wie Metallica und Lou Reed hier zu Werke gehen,
ist die Neugier befriedigt und man wartet jetzt schlicht auf Musik, die man gerne noch einmal hören würde, weil sie nicjht nur den Kopf, sondern auch den Bauch befriedigt.
Und damit wird es dünn. Auf die zweite CD hätte man gut komplett verzichten können. Neues kommt hier nicht mehr. Die spoken Word Performances gehen nur noch auf den Senkel, wenn sie nicht langweilen nerven sie. Und sich diese Langeweile dann auch noch in der Form eines 20-Minuten Stückes anzutun, sprengt jedes Geduldskonto. Eine CD von gute alter Vinyl-länge hätte es hier mal wieder völlig getan.
Ich hoffe dennoch, dass es Lulu gelingen wird, sich einen Platz als mutiges und innovatives Werk in der Discografie von Metallica zu sichern. In irgendwelchen Top 10 an Lieblingsalben wird es aber wohl niemals zu finden sein. (Höchstens vielleicht in der von Lou Reed.)
Norbert von Fransecky
Trackliste |
CD 1
1 Brandenburg Gate (4:21)
2 The View (5:23)
3 Pumping Blood (7:24)
4 Mistress Dread (6:53)
5 Iced Honey (4:37)
6 Cheat on me (11:26)
CD 2
7 Frustration (8:34)
8 Little Dog (8:01)
9 Dragon (11:11)
10 Junior Dad (19:28) |
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Besetzung |
Lou Reed (Git, Continuum, Voc)
James Hetfield (Git, Voc)
Lars Ulrich (Dr)
Kirk Hammett (Git)
Robert Trujillo (B)
Gäste:
Sarth Calhoun (Electronics)
Jenny Scheinman (Violine, Viola)
Megan Gould (Violine)
Ron Lawrence (Viola)
Jessica Troy (Viola <10>)
Marika Hughes (Cello)
Ulrich Maas (Cello <7,8>)
Rob Wasserman (Kontrabass <10>)
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