Musik an sich


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Live in Provinz: Axxis rocken Nördlingen




Info
Künstler: Axxis

Zeit: 22.10.2011

Ort: Nördlingen - Ankerhalle

Besucher: ca. 300

Internet:
http://www.axxis.de

Es kommt nicht häufig vor, dass eine namhafte Band wie Axxis in Nördlingen spielt. Zusammen mit der Vorband Bricks und den Axxis-Gassenhauern aus den ersten drei Alben, die die Band anlässlich ihrer Jubiläumstour exklusiv präsentiert, dürfte dies ein recht interessanter Abend werden. Es ist an diesem Wochenende sehr kalt und die Ankerhalle ist für kaltes Wetter definitiv nicht ausgelegt. Die Halle wird zwar beheizt, doch die Wärme geht bei dem Blechdach sofort verloren. Genauso verloren kommt man sich anfangs in der Halle vor - es sind zu Beginn wirklich sehr wenig Fans anwesend. Dies ändert sich im Laufe der Zeit und als die Bricks loslegen, dürften ca. 300 Leute in der Halle sein. Die Bricks präsentieren sich musikalisch in sehr guter Form, auch der Sound ist optimal. Sie covern verschiedene Songs aus dem Rockbereich und bewegen sich dabei zwischen System of A Down und Johnny Cash. Aufgrund des doch sehr häufig von Coverbands gespielten Songmaterials erregen sie jedoch nicht die Aufmerksamkeit, die sie sich vielleicht erhofft haben.

Nach einer kurzen Umbaupause legen Axxis zum Intro „Better World“ mit „Livin’ In The Dark“ los. Beeindruckend ist von Beginn an der optimale Sound. Man kann jedes Instrument sehr gut hören und was wirklich bemerkenswert ist: Bernhard Weiß’ Stimme klingt klar und er trifft jeden Ton. Bei der letzten Tour, auf der ich Axxis gesehen habe, hatte er doch schon etwas mit Stimmproblemen zu kämpfen. Sehr erfreulich ist für mich, dass Axxis auf weiblichen „Backgroundgesang“ mittlerweile komplett verzichtet haben. Der Ausflug in Nightwish-Gefilde scheint endgültig der Vergangenheit anzugehören. Optisch haben sich die Jungs mit schwarzen Hemden und schwarzen Hosen mit Krawatten ordentlich in Schale geworfen und begehen das Jubiläum somit entsprechend feierlich. Die komplette Band präsentiert sich in sehr guter Verfassung. Schlagzeuger Alex Landenburg und Bassist Rob Schomaker bilden eine astreine Rhythmussektion, die einen perfekten Grundstock für Marco Wriedts Gitarrensalven und Harry Oellers Hammond-Ausflüge bietet. Der Background-Gesang ist vom allerfeinsten und es macht wirklich Spaß, dabei zu sein.

Mit dem Dreierpack „Brother Moon“, „Little War“ und dem Klassiker „Stay Don’t Leave Me“ werden gleich drei Hits am Stück vom Album The Big Thrill gespielt. Vor allem „Stay Don’t Leave Me“ entpuppt sich hier einmal mehr als lupenreiner Live-Abräumer, zu dem damals sogar ein Video gedreht wurde. Im Hintergrund laufen auf einer Leinwand permanent TV-Einspielungen vergangener Tage und es ist doch erstaunlich und war mir nicht klar, wie viele TV-Auftritte die sympathischen Jungs aus Dortmund im Laufe der Jahre doch schon hinter sich gebracht hatten. Bereits nach sieben Songs kommt ein gutes, aber überflüssiges Schlagzeugsolo, anschließend das Instrumental „Trash in Tibet“. Nun wird’s akustisch und Axxis nehmen direkt am Bühnenrand auf Barhockern Platz. Bernhard Weiß, dem Selbstironie selten peinlich ist weist darauf hin, dass sie im TV zum „Tag des Wassers“ mit dem ZDF-Fernsehballett den Song „Waterdrop“ gespielt haben. Auch hier wird im Hintergrund das Video gespielt, was sehr skurril und lustig rüberkommt.

Auch akustisch beweisen Axxis, dass sie sehr gute Musiker sind. Zu „Kings Made Of Steel“ wird ein Rieser Mädel auf die Bühne gebeten, die vielleicht 8 Jahre alt sein wird. Sie darf bei dem Song ein Tambourin bedienen und sich mit dem Publikum im Rücken fotografieren lassen. Bernhard Weiß macht ein paar lockere Scherze und sie bleibt auch noch bei „Touch The Rainbow“ auf der Bühne. Danach ist der Akustikblock vorbei und es geht mit dem wuchtigen „Hot Love/Kill Or Die“ weiter. Interessant bei diesem Song: Hier hatten Axxis noch gar keinen Plattenvertrag, der Song ist offiziell nie auf CD erschienen. Der Song klingt trotzdem nicht schlecht, wenn auch nicht so hochwertig wie das kurz darauf auf dem Debüt veröffentlichte Material. Das Publikum ist gut dabei und sorgt für die Stimmung, die in dieser kalten Halle und aufgrund der begrenzten Zuschauerzahl möglich ist.

Bernhard Weiß’ Scherze sind auf die komplette Länge der Show hin gesehen etwas zu lang, langatmig und meist sehr unlustig. Ihm sollte klar sein, dass die Leute eher wegen der Musik da sind. Als dann einige Leute in den vorderen Reihen „er hat die Haare schön“ - was scherzhaft gemeint war - anstimmen, wird Bernhard ziemlich schnell beleidigt. Er raunzt die Fans an und meint, dass sie „auch sofort aufhören können zu spielen“. Was für ein Blödsinn! Vor allem er, der ständig Witze auf Kosten anderer macht, ist beleidigt? Jetzt ist das Konzert im Prinzip gelaufen. Angepisst und mit entsprechender Wut im Bauch rotzen Axxis die restlichen Songs mit einer brachialen Gewalt und fast ohne Pause runter. Mit „Living In A World“, dem Axxis-Hit schlechthin und einem wuchtigen „Kingdom Of The Night“ endet das Konzert nach ca. 110 Minuten. Axxis gehen ziemlich zügig von der Bühne und auch das Publikum rennt förmlich aus der Halle - raus aus der Kälte. Eine sehr blöde Situation für die Band Bricks, die das After-Show-Programm nach Axxis darstellt.

Fazit: Im Prinzip ist eine spezielle Tour begrenzt auf ältere Alben eine tolle Sache. Allerdings ist es im Falle von Axxis fast ein bisschen schade, da andere Alben (Back To The Kingdom, Eyes Of the Darkness) auch sehr gute Hits hervorgebracht haben, die sich im Laufe der Zeit fest ins Live-Programm geschlichen haben - und die man förmlich vermisst. Etwas schade finde ich, dass Axxis bei der Gesangseinlage des Publikums so zickig reagiert haben - dies wäre überhaupt nicht notwendig gewesen! Im Gegenteil: Das Nördlinger Publikum hat es durchaus honoriert, dass Axxis hier gespielt haben. Was auch ein bisschen schade ist: Guido Wehmeyer, der von 1999 - 2006 bei den Ruhrpottlern die Gitarre bediente, ist nicht mehr dabei. Live hat der Sympathiebolzen meist für Stimmung gesorgt und er fehlt der Band definitiv. Marco Wriedt ist zwar ein sehr guter Gitarrist, aber ihm fehlt es definitiv noch an Ausstrahlung und es gelingt ihm zu keiner Zeit, Kontakt zum Publikum aufzubauen. Noch schlimmer: Er versucht es erst gar nicht. Von daher bleibt mir dieses Konzert als etwas zwiespältige Angelegenheit in Erinnerung.


Setlist:
Better World / Livin' in the Dark
Rolling Like Thunder
Brother Moon
Little War
Stay Don't Leave Me
Love Is Like an Ocean
Never Say Never
Drum Solo
Trash in Tibet
Waterdrop
Kings Made of Steel
Touch the Rainbow
Hot Love / Kill Or Die
Face to Face
Save Me
Gimme Back the Paradise
Little Look Back
Fire and Ice
Living in a World
Kingdom of the Night



Stefan Graßl



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