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Reviews
Gary Allan

See if I care


Info
Musikrichtung: Country / New Country

VÖ: 30.09.2003

(MCA Nashville)

Internet:

www.garyallan.com


Ein in schwarz-weiss gehaltenes CD-Cover zeigt einen mit einer Lederjacke bekleideten jungen Mann mit Bartstoppeln, der seinen Hut so tief ins Gesicht gezogen hat, dass man ihm nicht in die Augen sehen kann. Man kann ihn nicht genau identifizieren - ist dies schon ein Hinweis auf die Musik des Albums? Unidentifizierbar oder nur vielfältig?

Gary Allan kommt aus Kalifornien, trotzdem ist von ihm keine Sunshine-Musik zu erwarten. Das Booklet - glücklicherweise mit allen Songtexten versehen - zeigt ihn in einer menschenleeren mexikanischen Stadt, und dieses Bild taucht beim Hören der CD immer wieder mal auf: staubig, dreckig, herb. Aber keine Angst, auch Sonne wird geboten.

Im einzelnen:

Der Opener "Drinkin´ dark whiskey" klingt absolut dreckig. Die Gitarren sind verzerrt und der Gesang ist hart. Der Song hat viele Kanten und Ecken, erinnert damit stark an den Stil von Steve Earle und hebt sich dadurch von vielen anderen Produktionen in der derzeitigen Countryszene ab. Diese Stil wird auch im zweiten Titel gepflegt, wobei aber die raue Stimme von Gary Allan besser zur Geltung kommt. Gedämpfte Grundstimmung bestimmt den Titel, bis im Refrain ein komplett andersartiger glatter Gesangs- und Musikstil Einzug hält, der in den Popcharts großen Erfolg haben könnte, aber hier völlig überrascht. So etwas muss schon ein gewolltes Stilelement sein, denn versehentlich kann man sich nicht so in den Schubladen irren. Schön? Auf alle Fälle interessant!

"Tough little boys" hat dem Album den verdienten Weg in die Top-Charts geebnet, denn dieser vorweg veröffentlichte Titel spricht die romantische Seele junger Väter, die, nachdem sie als Kinder und Jugendliche so gut wie alles ohne große Gefühlsregungen eingesteckt haben, als junge Väter bei vielen Gelegenheit (z.B. erste Schritte, Einschulung) zu Tränen gerührt sind und ihre absolut weiche Seite zeigen. Ein Titel, der seinen Chartaufenthalt redlich verdient hat. Ein ebenfalls relativ ruhiger Song hat dem Album seinen Namen gegeben. Das Wiedersehen mit einer verflossenen Liebe animiert ihn zu der Frage : "Frag mich mal, ob es mich stört", die mit einer an Mark Knopfler erinnernden Gitarre dezent untermalt wird. Der zweistimmige Gesang im Refrain rundetet das Ergebnis ab und macht dies Lied zum Besten des Albums. Beim zweiten Anhören werden die meisten den Part "Go on, go on, go on" automatisch mitsingen.

Sofort danach besinnt sich Gary Allan wieder der härteren Gangart der ersten Titel und beklagt sich mit rauer Stimme über die vielen Lieder, die von Regen handeln, denn dies passt ihm so gar nicht in seine momentane Gemütslage. Lustig gemacht ist auch die Aufzählung der betroffenen Titel. Obwohl der Song im 6/8-Rhythmus abläuft, verfügt er über die schon angesprochenen Ecken. Honigsüß hingegen erklärt er seiner Partnerin im nächsten Cut, dass er ihr zwar keine Sterne vom Himmel holen kann, aber "I can love you". Eine Liebeserklärung, die auch ein Clay Walker nicht besser schmelzen könnte, besonders nicht mit solch einer Stimme.

"Don´t look away" präsentiert uns einen völlig anderen Gary Allan. Hier wurde die Stimme mit einem leichten Delay (Echo) versehen und macht den Gesang smoother. Eine Pedal-Steel klagt im Hintergrund und die Gitarre erinnert an Chris Isaak´s beste Zeiten. Dazu ein Rhythmus, der in Westernfilmen normalerweise den Cowboy beim Ritt in den Sonnenuntergang begleitet. Ein Weichspüler der Extraklasse, und dazu diese einzigartige Stimme, zu der man - wenn nicht gerade vom Schicksal geküsst - nur durch unsoliden Lebenswandel kommt. Aber auch gute Laune ist bei Mr. Allan angesagt, auch wenn er sich bei "Guys like me" darüber beschwert, dass es kaum noch Gegenden mit guter Countrymusik gibt und man Typen wie ihm den Garaus machen will. Ein richtig gut abgehender Honkytonk-Party-Song mit vollem Orchester inkl. Akkordeon, der auch als Singleauskopplung Erfolg haben dürfte.

Bei "Nothing on but the radio" kann man getrost Parallelen zu George Strait ziehen, handelt es sich hierbei doch um einen schön geschliffenen ruhigen Song. Dass Gary Allan auch als Songwriter Profil zeigt, erkennt man bei "You don´t know a thing about me". Hier klingt seine Stimme so richtig brüchig und unterstützt bereits dadurch seine Klage, sie wüsste nichts von ihm und würde ihn falsch verstehen. Er bittet um Vergebung und dürfte bei diesem herrlichen, harmonisch arrangierten Lied sicher Erhörung finden. Doch auch im letzten Lied des Albums beklagt sich Gary Allan. Diesmal nicht über die Verständnislosigkeit der Frauen, sondern darüber, dass ihm niemand gesagt hat, wie hart das Leben als "Showman" ist. Jeder sprach nur vom Geld, den Frauen und der schönen Zeit, doch niemand erwähnte die ungemütlichen Hotelzimmer, die Frau, die zuhause auf ihn wartet, und die anderen Nachteile des Showlebens. Treu zur Seite steht ihm hierbei jedoch Willie Nelson, der die Höhen und Tiefen dieses Jobs zur Genüge kennt und mit seiner markanten Stimme diesen Song abrundet.

Resümee:

Es ist fantastisch, welche Vielfalt dieses Album liefert, sowohl von den Musikstilen als auch von der Stimme Gary Allan´s. Eine raue Stimme, die sowohl furchtbar hart als auch herrlich sanft klingen kann, herausgelockt mit schmutzig-harten Songs, filigranen Balladen und Guter-Laune-Musik, kann mehrere CDs anderer Interpreten ersetzen, denn kein Song ist die Wiederholung eines anderen. Und wer diese CD gehört hat, will auch die anderen CDs von Gary Allan hören. Dem steht nichts im Wege, denn schließlich ist der Gute bereits seit mehr als 7 Jahren im Geschäft. Für mich ist See if I care eines der besten Alben dieses Jahres, wenn nicht sogar das Beste. Die Höchstpunktzahl wird diesem Tonträger nur gerecht.



Lothar Heising



Trackliste
1Drinkin´dark whiskey2:58
2Can´t do it today 3:22
3Tough little boys 3:53
4See if I care 3:37
5Songs about rain 4:21
6I can live you 2:49
7Don´t look away 4:29
8Guys like me 2:56
9Nothing on but the radio 3:29
10You don´t know a thing about me 4:15
11A showman´s life 4:30



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