Dick Brave & The Backbeats
Dick this
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Info |
Musikrichtung:
Rock'n'Roll / Rockabilly
VÖ: 03.11.2003
(WEA-Records)
Internet:
www.dickbrave.com |
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Es klingt wie aus einem Märchen: Ein Junge aus der kanadischen Provinz avanciert nach schwerer Kindheit und krimineller Jugend zu einem Rock´n´Roller der Extraklasse, dessen Band auf dem Höhepunkt ihrer Karriere auseinander bricht. Nach seinem Militärdienst in Deutschland (das ist schon mal einem Rock´n´Roll-Hero widerfahren), genauer gesagt in Soest (schlimmer geht´s nimmer), finden die Bandmitglieder wieder zusammen und starten mit ihrem Album "Dick this" unter dem Namen "Dick Brave and the Backbeats" zu neuen Höhenflügen. Schöne Geschichte, aber leider komplett erlogen. Das einzige wahre Wort in der Story ist "Soest", denn aus dieser westfälischen Kleinstadt (hüstel... immerhin eine Kreisstadt mit 50.000 Einwohnern, Herr Heising. Achja, Gruß nach LINGEN! Anm.d.Red.) kommt Sasha, einer der wenigen guten deutschen Popexporte, der anscheinend den Rock´n´Roll und den Rockabilly für sich entdeckt hat und völlig widerstandslos in die Gehörgänge der Menschen zwischen 7 und 70 dringt, um gute Laune zu verbreiten. Ist es nur eine Masche oder ist es echt? Jedenfalls hört es sich sehr echt an!
Im einzelnen:
Für den Preis der CD bekommt man schon einiges geboten, denn insgesamt 17 (!) Titel schmücken das Album. Einige Titel erzeugen bereits beim Lesen der Tracklist ein Deja-vu-Erlebnis und gleichzeitig ein Stirnrunzeln ("Nein, das kann nicht der Titel sein, den ich meine. Der würde ja gar nicht in dies Konzept passen!") Weit gefehlt, denn Dick Brave alias Sascha Schmitz hat sich neben Rock´n´Roll-Klassikern auch moderne Popsongs geschnappt und ihnen ein pomade-gegeltes Ledergewand übergezogen. Beim Durchhören der CD erzeugt jedes Erkennen ein Schmunzeln des Hörers, das gleich beim Opener des Albums beginnt. "Get the party started", im Original von Pink, schmiegt sich stark an die Rockabilly-Klänge der Stray Cats an, von denen auch der Backgroundgesang kommen könnte, ebenso wie das Gitarrensolo, das dem guten Brian Setzer ebenfalls zu Ehren gereicht hätte.
Aerosmith durften für diese CD den Titel "Walk this way" beisteuern, der als Vorabveröffentlichung bereits den Weg des Albums planieren sollte. Das scheint auch gut gelungen zu sein, denn der Silberling findet reißenden Absatz. Auch hier heißt die Stilrichtung Rockabilly, die mit viel Dampf auf dem Kessel daherkommt, bevor man mit "She´s the most" bei schön eingängigem Rock´n´Roll landet, der locker-flockig die Füße zum Mitwippen bringt.
"Take good care to my baby" ist dem Original gut nachempfunden und wurde nicht durch den Wolf des Produzenten gedreht. Auch das eine lobenswerte Eigenschaft, die Songs unverändert zu lassen, weil sie einfach schon gut sind. Das gilt auch für "Buona Sera" von Rocco Granata, das nahezu 1:1 übernommen wurde, lediglich statt des Saxophons- ein Gitarrensolo verpasst bekam und die unbändige Spielfreude der Bandmitglieder ausdrückt, die sich eigentlich über das ganze Album ausbreitet. Eine Eigenschaft, die in den Zeiten klinisch rein produzierter Studioalben leider kaum noch vorzufinden ist und nur bei Livemitschnitten gelegentlich aufblitzt.
Bei "Be the one for me" erwartet man eigentlich die Stimme von Buddy Holly, denn der Beginn des Songs mit Handclaps erinnert sehr stark an "Everyday". Purer Rock´n´Roll stellt sich bei Eddi Cochran´s "Twenty Flight Rock" ein und unwillkürlich fängt man an, mit den Füßen zu wippen, den Fingern zu schnippen oder mit dem Kopf zu nicken, ein nahezu dauerhaftes Phänomen bei dieser CD, das auch bei Little Richard´s "Slippin´n´slidin´" kein Ende findet. Bei dem penetrant hämmernden Piano kann man sich den Altmeister direkt vorstellen.
George Michael´s "Freedom" stellt da schon ganz andere Anforderungen. Wie bekommt man den Song in die 50er/60er Jahre zurück? Man teilt ihn: der A-Teil wird in ruhiger Rockabilly-Manier gespielt, der B-Teil kommt in swingendem R´n´R daher. Ein nicht gerade einfaches Unterfangen, was den Song aber auch ein wenig zerreißt. Vielleicht hätte man hierauf besser verzichtet. Ebenfalls stellt sich die Frage, ob man Sasha (Entschuldigung: Dick Brave) den "Teenager in love" wirklich abnimmt, obwohl es ein wirklich schöner Song aus der Feder von Mort Shuman und Doc Pomus ist, der unverfälscht aufgenommen wurde.
Überraschung bei Titel 11! Hier hat sich der Soester doch tatsächlich Michael Jackson vorgenommen und dessen "Black and white" durch die Rock´n´Roll-Mühle gedreht. Heraus kam ein flotter Song mit einer ständig "klingelnden" Gitarre, die in den Gesangspausen nach vorne schnellte, und einer frech plärrenden Bluesharp, die Mr. Brave selber spielte. Aber nicht nur das; der Meister hat auch eigene Songs mit eingebracht, so z.B. "Here I go (I´m a hobo)", das glücklicherweise erkennen lässt, dass der Rock´n´Roll anscheinend wirklich durch die Adern des Sängers fließt und nicht nur ein Gag ist.
Recht bluesig präsentiert sich "Smokey Joe´s Cafe", bevor Avril Lavigne für "Complicated" die Rock´n´Roll-Weihe erhält. Ein locker-swingender Titel mit sauber akzentuierten Breaks, bevor im Refrain der Rockabilly einfällt, der im Zwischenteil die Spannung ein wenig runterfährt, um dann wieder voll durchzustarten. Ein guter Übergang zu "Give it away" von den Red Hot Chilli Peppers, das gleich sehr lebhaft startet. Dieser Song scheint aber für das Rock´n´Roll-Gewand die falsche Größe zu haben, denn er wirkt recht zerrissen, ohne das schöne runde Bild der vielen anderen Songs aufweisen zu können. Lediglich das Gitarrensolo und der Refrain kommen glatt rüber.
Zum Abschluss darf es auch mal eine Ballade sein. "They remind me too much of you" profitiert von den bekannt sanften Stimme Dick Brave´s und dem herrlich oldfashioned Backgroundgesang der Bandkollegen. Ansonsten reichen ein Piano und eine Gitarre aus, einen sehr harmonischen Schlusspunkt unter dieses Album zu setzen. Denkste! Wer sich wundert, dass die CD immer weiter läuft, sollte sich in Geduld üben bzw. den letzten Song bis auf 6:00 Minuten vorspielen, denn dann erhält man eine Live-Version von "Great balls of fire", aufgenommen auf der Club-Tournee zur Vorbereitung des Publikums auf dieses Album.
Resümee:
Alte Männer klopfen sich gegenseitig mit freudenfeuchten Augen auf die Schultern, kämmen sich die letzten Haare nach hinten, sinnieren über das erste Moped und vergessen die Rentendiskussion. Warum? Weil Dick Brave und die Backbeats den Rock´n´Roll und den Rockabilly zurückgeholt haben!
Zu Recht fragt man sich nun: Warum ist niemand sonst auf die Idee gekommen? Popstar Sasha alias Dick Brave hat uns ein Album vorgelegt, dass seinesgleichen sucht, aber nicht findet. Mit unsagbare Spielfreude und der Reduzierung auf Gitarre, Bass, Schlagzeug und Piano, gepaart mit einer vielseitigen Stimme und passendem Backgroundgesang scheint uns hier die Rettung der handgemachten Musik begegnet zu sein. Ansteckende Grooves und die teilweise lustige Überarbeitung von Rock-Klassikern hinterlassen beim Hörer ein angenehmes Gefühl. Es bleibt zu hoffen, dass es sich bei diesem Projekt nicht um einen einmaligen Gag handelt, sondern dass uns noch einige weitere Alben dieser Machart erreichen werden. Die maximale Punktzahl kann für die Idee zu dieser CD vergeben werden, ebenfalls darf die Spielfreude und das "Handmade-Feeling" als optimal bewertet werden. Leider hinterlassen ein paar Titel auf der zur Freude aller Hörer mit insgesamt 17 (+ 1 versteckten) Songs versehenen Scheibe keinen absolut runden Eindruck, und das Booklet ist leider auch sehr spartanisch und gibt die Namen der durchaus begnadeten Musiker leider nur in der Dick-Brave-Fantasie-Version an.
Lothar Heising
Trackliste |
1 | Get the party started | 2:33 |
2 | Walk this way | 2:49 |
3 | She´s the most | 2:05 |
4 | Take good care of my baby | 2:29 |
5 | Be the one for me | 2:36 |
6 | Twenty flight rock | 2:07 |
7 | Slippin´n´slidin´ | 2:24 |
8 | Freedom | 3:58 |
9 | Buona sera | 3:06 |
10 | Teenager in love | 2:45 |
11 | Black or white | 2:45 |
12 | Hallelujah, I love her so | 3:34 |
13 | Here I go (I´m a hobo) | 2:54 |
14 | Smokey Joe´s Café | 3:30 |
15 | Complicated | 3:38 |
16 | Give it away | 2:39 |
17 | They remind me too much of you | 2:56 |
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