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Chamber - dunkle Kammermusik - Was ist das?

Im Oktober zogen Chamber sowohl solo als auch im Vorprogramm von Qntal durch die Lande. Nach dem Konzert im Kaiserslauterer Cotton Club am 15.11.2003 nahm sich Marcus Testory, Stimme und sympathisches Sprachrohr der Gruppe Zeit, um meine Fragen zu beantworten. Das Konzert war ein voller Erfolg, danach waren die CDs „Pleasure And Pain“ und „L’Orchestre De Chambre Noir“ komplett ausverkauft – kein Wunder bei der Musik und den Preisen (8 bzw.12 Euro). Chamber sind der Auffassung, dass keine CD mehr als 14 Euro kosten soll, dass sie ihren Worten Taten folgen lassen, kann man im Shop auf ihrer Homepage sehen. Aber lassen wir Marcus selbst zu Wort kommen.

MAS: Da es durch die verschiedenen Musikstile bei Musik an sich viele Leute gibt, die Chamber nicht kennen: Was ist Chamber?

MT: Gute Frage. Das weiß ich selbst nicht. Chamber sind ganz einfach sieben Leute, die akustisch, emotional ausdrücken, was andere mit viel Elektronik machen.

MAS: Wie findest du Ghost Stories And Fairy –Tales, wenn du es mit etwas Abstand betrachtest?

MT: Die Ghost Stories sind für uns das gelungenste Album bis jetzt. Das Ausgereifteste, das Durchproduzierteste, obwohl ich gestehen muss, dass ich nach Produktionsende, so zwei, drei Monate später, mir die erste CD noch einmal angehört habe, und habe feststellen müssen, dass die erste auch saugeil ist. Also, für mich, ganz einfach: wie gesagt, es geht immer nur um Emotionen, um die Umsetzung von Emotionen, oder es geht genauso um einen intellektuellen Witz, der dann umgesetzt wird. Bei der ersten war es dann die Story vom Half-Brained Man, jetzt ist es die Verballhornung vom Schneewittchen. Ich glaube der Unterschied zwischen beiden ist ganz einfach, dass wir gewachsen sind, dass wir erwachsener geworden sind.

MAS: Du sagst immer die erste CD – es ist ja eigentlich schon die zweite. Zählt die Pleasure And Pain in deiner persönlichen Hitliste nicht mit?

MT: Natürlich. L’Orchestre de Chambre Noir ist die erste offizielle, Pleasure And Pain war sozusagen unsere Promo-CD, mit der wir an die Plattenfirmen herangetreten sind, die auch eigentlich ziemlich scharf produziert ist, und wir haben uns auch überlegt sie selbst zu veröffentlichen. Aber ja gut, dann kam der Plattendeal dazwischen und dann haben wir es anders gemacht. Ich glaube, man sieht den roten Faden, der sich durchzieht. Wenn Du dir alle drei anhörst, weißt du, wo es hingeht. Es ist halt, wie bereits gesagt, eine Sache von wachsen.

MAS: Was sind deine Lieblingssongs auf Ghost Stories And Fairy-Tales?

MT: Mein persönlicher Favorit ist... ,hm, das ist schwierig. Ich mag den Dead Man’s Song sehr gerne, ich mag das Entrée sehr gern; ich mag – ich mag sie alle. Ganz besonders natürlich A Tale Of Real Love, weil er für mich sehr emotional, sehr nahe ist.

MAS: Du textest ja die meisten Texte selbst – macht es für dich einen Unterschied, ob du eigene oder fremde Texte singst?

MT: Wenn ich anderer Leute Texte singe, dann singe ich sie nur, weil sie mich emotional berühren, und dann ist kein Unterschied da, ob ich sie selbst schreibe oder ob sie von jemand anderem sind. Dann ist es das selbe. Deswegen kann ich das Peter Murphy-Stück sehr gerne singen, weil mir das sehr nahe geht.

MAS: Momentan sind ja musikmäßig die ganzen Revival angesagt – erst die 80er, dann die 70er und jetzt die 60er. Ist Little Devil euer Versuch, einmal ein Revival anzuführen?

MT: Ne. Der Little Devil, da haben mich die Mädels und der Robin einfach überrannt. Sie hatten einfach Bock auf eine Fun-Nummer, und ich muss dir ganz ehrlich sagen: Ich hasse Rock’n’Roll. Na ja, ich hasse Rock’n’Roll ist natürlich Blödsinn, aber es ist nicht mein normales Empfinden von Musik. Ich musste mich wirklich an die Nummer herantasten und heranarbeiten, und erst im Violent Femmes-Kontext konnte ich die Nummer singen. Aber das hat jetzt überhaupt nichts mit 60er-Revival zu tun. Gar nichts. Ich glaube, so weit haben wir gar nicht gedacht.

MAS: Sind Musik und Text für dich von gleicher Bedeutung, oder legst du Präferenzen fest?

MT: Nein. Text und Musik gehören zusammen.

MAS: Bilden also eine Einheit?

MT: Ja, genau.

MAS: Hast du deinen persönlichen „ultimate Song“ schon geschrieben?

MT: Nein; den schreibe ich hoffentlich nie. Das ist der Motor, den du brauchst, um weiter Musik zu machen. Du bist immer auf der Suche nach dem Song, und wenn du dich annäherst, und glaubst, ihn geschrieben zu haben, dann hast du eine Zeit lang das Gefühl „Ja, das war’s“. Aber danach weißt du schon wieder, ah, nein, nicht ganz... Und dann hast du den Motor, weiter zu machen, das ist ganz wichtig. Ich stelle mir das irrsinnig traurig vor, wenn du tatsächlich irgendwann einmal irgendwas machst, was die absolute Erfüllung ist – was machst du denn danach? Dann bist du ja tot, dann fällt dir ja nichts mehr ein. Dann ist es vorbei. Deswegen möchte ich ihn... – ich möchte mich annähern. Diese unendliche Annäherung, diese unendlich große Annäherung, oder unendlich kleine in dem Fall, mathematisch gesehen, an das Ultimative, das würde ich sehr schätzen, und ich möchte geile Songs schreiben, aber ich möchte niemals das Ziel erreichen.

MAS: Also praktisch der Weg ist das Ziel?

MT: Ja, genau.

MAS: Gibt es irgendwelche Gruppen, von denen du sagst, sie haben den „ultimate Song“ schon geschrieben und sollten besser aufhören?

MT: Oho. Sehr gute Frage. Manchmal glaubt man das, manchmal erscheint einem das so. Gerade in letzter Zeit, gerade jetzt mit den Revivals, es gibt ja jetzt so alte Herren, die wieder anfangen, Musik zu machen obwohl sie lange ewig vom Fenster waren. Im Endeffekt muss ich aber sagen, es ist schön, dass sie wieder da sind. Ich glaube, es gibt ganz wenige, die das geschafft haben. Es gibt in der Klassik einige, die das geschafft haben, Mahler zum Beispiel. Mahler hat ultimative Songs geschrieben, aber das hat niemand verstanden, und das ist auch gut.

MAS: Wodurch wirst du inspiriert?

MT: Durch das Leben. Einfach das Leben, so wie es ist. Ich bin – zum Glück – noch nicht in der Lage, nur von der Musik zu leben, das war einmal so in den 80ern, das war ganz lustig, aber ich muss ganz normal arbeiten, wie alle anderen Menschen auch. Ich stehe in der Frühe auf und erlebe das Leben so wie es ist; das ist der Inhalt meiner Songs.

MAS: Eine Besonderheit von Chamber ist ja das „in Klausur gehen“. Was genau ist das?

MT: Das heißt einfach nur, dass wir uns die Zeit nehmen, alle miteinander weg zu fahren von zuhause, mal ein komplettes Break machen, den Alltag vergessen; so wie auf Tour jetzt, das ist eigentlich genauso eine Klausur, und in dieser Zeit wird gemeinsam an der Musik gearbeitet, an den Geschichten. Man kommt sich näher, man lernt sich selbst kennen, das ist ein ganz, ganz wichtiger Prozess, da du einfach Seiten an deinen Mitmusikern entdeckst, die du normalerweise nicht siehst. Mehr als 24 Stunden miteinander zu verbringen, bringt einem jemand sehr nahe. Miteinander zu kochen, miteinander spazieren zu gehen, zu streiten, zu reden, über Gott und die Welt zu diskutieren, und miteinander Musik zu machen, bringt dich musikalisch auf den Punkt; bringt dich zusammen.

MAS: Ist das der reguläre Werdegang von Chamber-Stücken oder gibt es auch noch andere Prozesse, also dass jemand eine super Idee hat?

MT: Ja. Also, das ist ganz verschieden. Es gibt verschiedene Prozesse in der Entwicklung von Chamber. Es hat eine Zeit gegeben, da haben wir uns im Proberaum zusammengesetzt und uns einfach gegenseitig Ideen an den Kopf geworfen, dann kam eine Zeit, in der ich hauptsächlich alleine Songwriting gemacht habe und Robin die Arrangements. Jetzt ist die Konstellation wieder ganz anders, und die Mädels sind auch extrem motiviert, die haben total viele Ideen; im Moment überrumpeln sie mich mit Ideen, es geht gerade irrsinnig ab. Ralf, unser neuer Gitarrist und Violinist – Violinist, wenn wir in der 5er-Besetzung spielen - dann kannst du mal sehen, wie der Herr Gitarrist fideln kann, da fällt dir eigentlich gar nichts mehr ein. Er bringt auch Dinge ein, das ist ein Input, der überschwemmt einem im Moment geradezu. Es ist so... ja, jetzt sind die anderen am Zug, jetzt muss ich einmal schauen, dass ich mit meinen Texten nachkomme. (lacht)

MAS: Ihr lebt ja verstreut und seid einzeln viel beschäftigt. Gibt es reguläre Proben unter der Woche im Proberaum, wie man sich das vorstellt?

MT: Ja, das gibt es schon. Unser Ziel ist es, dass wir uns mindestens einmal die Woche treffen, wobei das natürlich auch so ist, dass wir uns einmal die Woche treffen und eher sagen „ jetzt bin ich einfach viel zu müde, habe keinen Bock, und dann sitzen wir zusammen, trinken ein Bier, reden miteinander und haben Spaß. Wenn dann Geschichten anstehen, dann wird schon gearbeitet, dann gibt’s reine Arbeitstreffen, wo wirklich nur gearbeitet wird.

MAS: Denkst du, dass das momentane Line-Up stabil ist?

MT: Ich hoffe es ganz einfach. In einer Gruppe, wie wir es sind, ist es leider Gottes so, dass es gezwungenermaßen zu Änderungen kommt. Dass Robin jetzt nicht mehr dabei ist, hat ja nichts damit zu tun, dass er keinen Bock mehr hatte, sondern dass er so viele Aufträge hat – er ist ja Komponist.Er hat so viele Auftragskompositionen zu schreiben, dass er einfach bei uns sagen musste, er muss jetzt einen Punkt machen. Es war von Anfang an klar, dass sein Weg in die klassische Musik geht, und wir sagen nicht “Nein, du musst jetzt bei uns weiter machen“, sondern wir sagen „OK, das ist dein Weg, du wirst mit uns weiter arrangieren“; er wird mit uns im Studio arbeiten und ist somit ein achtes, unsichtbares Mitglied der Gruppe. Ich werde sicher das nächste Mal Perkussion dazu bringen. Bei der nächsten Scheibe ist es ganz klar, dass es da mehr perkussive Elemente geben wird, und dann werden wir schauen, was da kommt.

MAS: Gut, dann muss ich die Perkussion-Frage ja nicht mehr stellen. Um noch mal auf das Zusammengehörigkeitsgefühl untereinander zu kommen: Sind Chamber befreundete Arbeitskollegen oder zusammen arbeitende Freunde?

MT: Ich glaube, mittlerweile sind wir tatsächlich sehr gute Freunde. Wir sind uns sehr nahe gekommen, und das machen die Klausuren. Das sieht man, glaube ich auch, wenn wir auf der Bühne sind und wenn man uns abseits der Bühne sieht, das ist schon eine sehr kuschelige Sache.

MAS: Was ist euer kleinster gemeinsamer musikalischer Nenner – abgesehen von Chamber natürlich?

MT: (lacht) Ich glaube, Chamber ist der kleinste gemeinsame musikalische Nenner. Wir sind im Endeffekt alle einfach Menschen, die emotional Töne schaffen und ab und an etwas Intellekt hineinbringen und gerne etwas herumspinnen. Wir sind keine Konstruierer, wir konstruieren keine Musik, sondern machen Musik aus dem Bauch. Ich glaube, Chamber ist der kleinste gemeinsame Nenner.

MAS: Das aus dem Bauch heraus arbeiten – fällt das mit Frauen leichter?

MT: Es ist nicht leichter, aber es ist wesentlich interessanter. Es ist wesentlich umfangreicher und bringt eine Farbe – wenn du nur mit Männern arbeitest, fehlt das.

MAS: Ist Chamber eher eine Demokratie oder bist du ein kleiner Diktator?

MT: (lacht) Es ist keine Demokratie, aber ich bin nicht der, der den Ton angibt.

MAS: Sondern?

MT: Die Frauen. (lacht noch immer)

MAS: Bist du bis jetzt mit der Tour zufrieden? Die Reaktionen heute waren ja sehr gut.

MT: Ja. Es ist so: wie gesagt, ich bin lange im Geschäft, ich weiß, wie das Geschäft läuft, ich weiß auch, wie es jetzt läuft, und natürlich hätten heute auch 400 Leute hier sein können, aber das wäre vor drei, vier Jahren gewesen. Heutzutage ist es so, dass du froh sein kannst, wenn du 200 hast; heute waren es wieder mehr als 200, die Reaktion war sehr, sehr gut und ich bin im allgemeinen sehr zufrieden mit dieser Tour. Ich denke, dass sie ihr Ziel komplett erfüllt hat.

MAS: Spielst du lieber in kleineren Clubs oder auf größeren Festivals?

MT: In kleineren Clubs.

MAS: Wegen der Stimmung und dem Fankontakt?

MT: Ja. Wegen dem Fankontakt, wegen der Stimmung. Unsere Musik passt nicht auf große Bühnen. Wir werden im Januar oder eher Februar/März eine ganz, ganz kleine Sache machen, bei der wir nur akustisch spielen, wo wir mehr oder weniger eine Wohnzimmertour machen. Das ist es eigentlich, was Chamber ausmacht. Lieber im Wohnzimmer spielen – ganz akustisch – denn da spürst du es wirklich.

MAS: Also ohne Verstärker und so?

MT: Genau. Rein akustisch. Ohne Gesang, ohne PA, ohne gar nichts. Nur rein das, was aus den Instrumenten kommt.

MAS: Nehmt ihr das auf?

MT: Nein, das werden wir wahrscheinlich nicht aufnehmen.

MAS: Wie wählt ihr eure Coversongs aus?

MT: Wir prügeln uns drum. (lacht)

MAS: Und die Frauen gewinnen?

MT: Ja! Ich kann jetzt schon sagen dass, es nächstes Jahr ein Rammstein-Cover geben wird. Die Mädels wollen es so, wir sind uns noch nicht einig, was wir machen, aber es wird eine Nummer von Rammstein geben. Von unserer nächsten CD, die kommendes Jahr rauskommt, wird es wieder eine Falt-limited Edition geben. Da wird es eine Bonus-CD geben, auf der nur Coverversionen drauf sind, die wir in den letzten Jahren gemacht haben. Also von Bauhaus über Patti Smith... alles, was wir je gecovert haben, wird da drauf sein.

MAS: Glaubst du, dass im Musikbusiness ein Vorankommen ohne Beziehungen möglich ist?

MT: Nein! Nein! Nein! Ohne Beziehungen ist nichts möglich in diesem Geschäft. Es ist ein vollkommen korrumpiertes, verficktes, böses Geschäft. Die einzige Chance, hier weiter zu kommen, ist es, Glück zu haben; im richtigen Moment die richtigen Leute zu treffen. Die richtigen Leute werden dich arm machen, aber sie bringen dich so weit, dass du vielleicht später einmal die Möglichkeit hast, viele Leute zu erreichen. Aber es gibt keine Fairness in diesem Geschäft.

MAS: Stell dir vor, Dieter Bohlen bräuchte euch für seine nächste Single. Würdest du mitmachen oder eher nicht?

MT: (lacht) Das kommt auf seine Single an. Es kann sogar passieren, dass der mal einen guten Song macht. Wenn der Song gut ist, muss ich dir ganz ehrlich sagen – wieso nicht? Aber ich glaube es nicht, weil so, wie man Dieter Bohlen kennt, wird ihm das nicht gelingen. Aber wenn jetzt , drehen wir es mal um... Wenn die Lakaien kommen, wenn Subway To Sally kommen, oder wenn Mozart kommt, oder nimm irgendwelche Größen aus der Szene oder dem Popgeschäft – selbst ein Peter Murphy, der sich sehr rar macht, wenn der daher kommt und sagt, „euer Zeug gefällt mir“ – oder eine Sarah Brightman, wenn man jetzt komplett was anderes nimmt – wenn die sagt „Hey, wäre schön“, na klar. Da bin ich dabei. Es kommt auch auf den Song an. Wenn der gut ist, bin ich gerne dabei. Aber es wird sich nicht prostituiert.

MAS: Du hast früher auch geschauspielert. Hast du das jetzt aufgegeben; hat Chamber Priorität?

MT: Nein. Wenn es Angebote gibt, mache ich das schon noch, aber es gibt keine Angebote. Das liegt vielleicht an meiner Schauspielerei. (lacht)

MAS: Du stammst ja aus Österreich. Bist du ein Mensch, der sich schnell einlebt, zum Beispiel jetzt in der Frankfurter Gegend?

MT: Also Frankfurt war hart für mich. Bevor ich nach Frankfurt ging, habe ich fünf Jahre in Paris gelebt, das war einfacher für mich. Als ich nach Paris gegangen bin, habe ich kein Wort Französisch geredet, es hat ein halbes Jahr gedauert, dann habe ich angefangen. Ich hab’s auch nie gelernt, muss ich dazu sagen. Es war sehr lustig. Mit den Franzosen verstehe ich mich sehr gut, es ist ein sehr witziges, vollkommen bizarres Völkchen; denen fehlt genauso eine Schraube wie unsereinem, und es macht Spaß, es war schön. In Frankfurt habe ich ein bisschen länger gebraucht. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass ich mich in Hamburg sehr wohlfühlen würde. Ich mag den Norden, die haben so einen trockenen Humor. Mit den Engländern verstehe ich mich auch extrem gut, mit den Iren oder den Schotten noch viel besser, hauptsächlich weil es ein so trockener, gerader Humor ist, den mag ich sehr gern.

MAS: Was wollte der kleine Marcus als Junge werden?

MT: Sänger.

MAS: Von Anfang an?

MT: Ja.

MAS: Was wärst du jetzt, wenn du kein Musiker geworden wärst?

MT: Verloren.

MAS: Noch zwei Fragen zur letzten CD: Was wäre aus dem Half-Brained Man geworden, wenn das Gehirn bei der Geburt nicht weggeworfen worden wäre.

MT: (lacht) Wenn er der Full-Brained Man gewesen wäre? Dann wäre er vielleicht Universitätsprofessor geworden. So ist er Präsident von Amerika geworden. (lacht)

MAS: Chamber politisch?

MT: (ernst) Chamber ist politisch. Auf jeden Fall. Es gibt bei uns immer einen politischen Background.

MAS: Immer metaphorisch?

MT: Ja, genau. Wir müssen uns nicht hinstellen und mit erhobenem Zeigefinger durch die Gegend winken, aber im Endeffekt kannst du uns fast wie New Model Army als eine politische Band bezeichnen.

MAS: Noch mal Half-Brained Man. Das Stück ist ja eher ein Hörspiel. Hast du schon einmal daran gedacht, mit Chamber ein reines Hörspiel zu machen?

MT: Ja. Also mit Chamber nicht, aber es gibt verschiedene Ideen ein Hörspiel zu machen. bei dem auch andere befreundete Musiker, mit denen ich sehr nahe zusammen arbeite, eigentlich involviert sind, oder deren Idee es noch einmal war, mich dahin zu führen. Ich glaube im Rahmen der Schauspielerei liegt das sehr nahe.

MAS: Was wünschst du dir für die Zukunft von Chamber?

MT: Dass es langsam weiter wächst, dass wir lange Zeit haben, schöne Songs zu schreiben, dass uns kein Erfolg überrennt, sondern dass er langsam kommt und dass wir ein paar schöne Jahre haben, in denen wir miteinander Musik machen können.

MAS: Eure Homepage ist ja fantastisch. Wer kümmert sich darum?

MT: Pit Hammann, ein befreundeter Artworker, Zeichner, Illustrator. Unter www.pithammann.de kann man seine Sachen sehen; er ist ein sehr, sehr talentierter junger Mann.

MAS: Wer schrieb das Buch auf der Homepage?

MT: Das habe ich geschrieben. Jetzt wird hoffentlich auch sehr bald der zweite Teil kommen, es ist nur eine Frage von Zeit, Programmieren und in dem Fall dann auch wieder um Geld. Das Buch, zweiter Teil, ist fertig. Es muss noch korrigiert werden und dann geht es online.

MAS: Wie viel Mitspracherecht habt ihr bei der CD-Gestaltung?

MT: 100 Prozent. Wir machen das, was wir wollen.

MAS: Und wer kam auf die Idee mit dem Super Digipak?

MT: Das war ich.

MAS: Wie wichtig ist der Fankontakt, den du ja vorhin schon mal kurz angeschnitten hast?

MT: Der Fankontakt ist für mich persönlich sehr wichtig, weil ich mir denke, dass eine Gruppe nur existieren kann, wenn Leute für sie arbeiten oder sie hochhalten. Je mehr Leute sagen „das ist eine geile Combo, für die würden wir was machen“, um so besser ist es. Das bringt uns auch irrsinnig weit. Das sind die Leute, die uns eigentlich ausmachen. Deswegen habe ich sehr viel Respekt davor und deshalb möchte ich sie auch, so weit es geht, unterstützen.

MAS: Also stehst du auch voll hinter eurem Fanclub?

MT: Ja!

MAS: Welche Alben anderer Künstler empfiehlst du momentan?

MT: Altes Zeug. Peter Murphy - Deep; Peter Murphy – Love Is Serial; Yann Tiersen – die Filmmusik zu Amelie; Mudshark – die erste; alle Mission; Red Lorry Yellow Lorry; Bauhaus – alle; Legendary Pink Dots; Tuxedomoon;... jetzt fallen mir auf die Schnelle keine mehr ein.

MAS: Haben eure CDs den Aufkleber „Side Project of Marcus Testory (ASP)“ nötig?

MT: Nein. Das ist ein Hirnfick von der Plattenfirma. Die glauben, sie verkaufen mehr damit. Sollen sie machen, was sie wollen.

MAS: Vier Gründe, weshalb man Ghost Stories and Fairy-Tales kaufen soll beziehungsweise haben muss.

MT: Weil sie gut, gut, gut, gut ist. (lacht)

MAS: Dann sind wir schon am Schluss. Letzte Worte?

MT: Nein, ich glaube mir fällt nichts mehr ein.

MAS: Danke für das Interview.

MT: Immer gerne.

Für weitere Informationen:
www.lorchestredechambrenoir.de (offizielle Seite)
www.chambersgarden.de (Fanclub)