(18.11.2002, Hirsch, Nürnberg)
Als ich vor einiger Zeit erfahren habe das BLACKSHINE als letzte Band das
Sentenced-Tourbilling komplettierten, stieg meine Laune schalgartig an, da ich
die Teilnahme am Gig der Schweden in meiner Heimatstadt Würzburg auf ihrer
letzten Tour im Vorprogramm von Teutonenstahlschmied U.D.O krankheitsbedingt
absagen musste. Tja, das war fünf Jahre her, denn Blackshine touren anscheinend
genauso selten wie sie Alben veröffentlichten und darauf musste ich, kaum in
der Location angekommen, zur Feier des Tages eins, zwei Bierchen trinken,
die übrigens erstaunlicherweise auf den selben Namen hören wie der Nürnberger
Hirsch. Das nenn ich Luxus !
Bei Fans die vorab nicht mit der Musik der jungen Schweden vertraut waren
konnte man wegen der "Venom"-T-Shirts, mit denen sich fast die Hälfte der
Truppe kleidete, schon einige Irritationen vernehmen, doch als die Band mit ihrem
gothicbeeinflussten Rotz N`Roll loslegte wurde anerkennend mit den Köpfen
genickt. Das lange Warten meinerseits hat sich auf jeden Fall gelohnt und es war
wirklich erstaunlich das sich das Motörhead-Lemmy-maessige Organ des
Fronters Anders Strokirk live genauso kaputt wie auf CD anhörte. Stimmungshöhepunkte
des des leider nur ca. halbstündigen Gigs waren der Quasi-Titeltrack des
Erstlings "My Pain Is Your Pleasure" und "Sacrifice" vom aktuellsten Output
"Soulless and Proud". Naja, jetzt heisst es also fünf Jahre warten bis zur
nächsten Grippewelle, zwei Tage daheim flach im Bett liegen, nochmal fünf Jahre
warten und dann wieder pikante Schwedenhäppchen alà Blackshine kosten.
Zuviel von diesem "Hirsch"-Bier schlägt natürlich auf die Blase und als ich
mich umdrehte um den Weg ins stille Örtchen anzutreten traf mich fast der
Schlag. Die Fans schafften es nicht nur das neue Album der Italiener in die Top
50 der deutschen Charts einsteigen zu lassen, sondern auch den Hirsch so
dermassen zu füllen, das es für mich kein Durchkommen nach hinten zu dem Raum
meiner Gelüste gab. Aber egal, bei dem Auftritt der zwei nachfolgenden Bands
denkt man an 1000 Sachen, nur nicht an irgendwelche natürlichen Bedürfnisse.
LACUNA COIL agierten live so ganz anders als das Acting von 90 Prozent der
in sich versunkenen, nachdenklichen Gothik-Bands, denn schon beim Opener
schüttelte die gesamte Band inklusive Frontfrau Christina die Köpfe und auch der
Sound kam dank den zwei Gitarren um einiges härter rüber als auf den Alben, so
das das Gesamtkunstwerk ohne weiteres das Prädikat Gotic-Metal verdiente,
was auf den Longplayern, dank der Samples und Keyboardteppichen schon um
einiges schwerer fällt. Die Truppe aus dem Land der Pizza und Pasta beschränkte
sich bei der Songauswahl auf die zwei aktuellsten Werke "Comalies" und
"Unleashed Memories", wobei "Heaven`s A Lie" und "When A Dead Men Walks" Höhepunkte in
dem Reigen genialer Songs darstellten. Für die Bühnenshow war allein die
Sangesfraktion um Christina & Andrea (in Italien auch ein männlicher Name)
zuständig, die nach fast jeden Song mit einem in der deutschen Sprache gehaltenen
freundlichen "Dankeschön" die tolle Stimmung unter den Zuschauern würdigten.
Bei dem Rest der Band könnten sich beim "Möglichst-Böse-Dreinschauen" sogar
die Jungs von Rammstein eine Scheibe abschneiden. Leider gab es auch zweimal
technische Probleme auf der Bühne, aber dies gehört zum Liveerlebnis wie
Frontfrau Christina Scabbia schilderte, die übrigens gesanglich genauso überzeugte
wie auf CD. Nach zwei Zugaben war dann Schluss eines ganz starken Gigs und
ich glaube das ich beim bejubelten Abgang der Band sogar auf dem Gesicht des
Gitarristen ein Lächeln entdecken konnte - Unglaublich !!!
Trotz dem Lacuna Coil-Logo auf der Bass-Drum erkannte sofort jeder wer die
Jungs waren, die mit dem Opener des neuen Albums "The Cold White Light" die
Bühne enterten. SENTENCED kamen ohne Showeffekte aus, dafür wurde die Truppe
für die Europatour mit einem Keyboarder verstärkt, der auch dazu seinen Beitrag
dazu leistete, das die Show noch einen Tick intensiver rüberkam als auf dem
schon genialen Festivalauftritt in Abtsgmünd. Wie Ville schon in unserem
Interview vom Summer Breeze angekündigt hat, kam man auch in den Genuss
langsamerer Stücke wie "Everything Is Nothing" und ich durfte erstmals dem starken "No
One There" in natura lauschen. Danke hierfür !
Der Megahit "Killing me, Killing you" wurde leider wieder in der Mottenkiste
gelassen und das "Crimson"-Album ähnlich wie bei den Open-Airs fast völlig
(bis auf "Broken") von der Band ignoriert, genauso wie die Stücke aus der Ära
mit Ex-Sänger Taneli Jarva, von denen die Band nur das obligatorische
"Nepenthe" und als Zugabe "The Trooper" zockten. Für die Fans der Alben "The Cold
White Light", "Frozen" und "Down" gab es aber die amtliche Vollbedienung und
das der grösste Teil des Publikums mit der Songauswahl einverstanden war,
merkte man an der sensationellen, fast schon euphorischen Stimmung, die Fronter
Ville dazu ermutigte seinen genialen schwarzen Humor freien Lauf zu lassen.
Beispiele gefällig ? Nach dem ca. vierten Song verkündete der Fronter das
nun der letzte Titel des Abends folgt, was geschockte Gesichter unterhalb der
Stage verursachte. Herrn Laihiala passte dies natürlich gar nicht und wünschte
sich ein "Fuck you Ville" von den Zuschauern, was er auch prompt inklusive
ausgestreckten Mittelfingern serviert bekam. Bemerkenswert auch das Zitat des
Sangesknaben vor "Brief Is The Light": "Wenn alles um dir herum dunkel ist
und du denkst es geht nicht mehr, kommt immer irgendwo ein Licht her. Auch wenn
es nur die Lichter des Zuges sind, der dich überrollt". Tja, da ist was
Wahres dran und auch die weiblichen Fans wissen nun dank diverser Gesten das
orale Sexspiele dem Fronter ein wahres Vergnügen bereiten.
Leider hattes es wieder mal den Anschein das in der Band jeder irgendwie
sein eigenes Ding dreht, da sich die Kommunikation unter den Bandmitgliedern nur
aufs nötigste beschränkte. Dies tat der Stimmung jedoch keinen Abbruch und
auch von technischen Problemen wurde die Band glücklicherweise verschont und
so wurde die Truppe nach dem Suicider-Medley "The Suicider" und "Excuse Me
While I Kill Myself" mit stürmischen Zugabe-Rufen wieder auf die Bühne
gefordert. Dieser Wunsch wurde natürlich prompt erfüllt und mit "Bleed" und dem schon
genannten Maiden-Cover verabschiedete sich die Band nach leider nur etwas
länger als einer Stunde.
Viel zu kurz für eine Headlinershow natürlich, aber wenns am schönsten ist
sollte man aufhören und als ich endlich meine Blase entleeren durfte wurde mir
klar das dieser geniale Konzertabend schon jetzt für mich den Titel "Konzert
des Jahres" verdient, auch wenn "Dark Tranquillity", "Manowar" und die
"Toten Hosen" noch auf mich warten .....
Manuel Liebler
Internet:
www.blackshine.nu
www.lacuna-coil.it
www.sentenced.org