Die Vorfreude eventuell Fugazi zu sehen ist Wahnsinn. Doch da ist immer noch die Ungewissheit, ob man überhaupt noch irgendwie an Karten kommt. Als ich die Eintrittskarte zum eigentlich ausverkauften Konzert in der Hand halte empfinde ich ein riesiges Glücksgefühl. Fugazi sind die absoluten Helden aus D.C., in Fachkreisen zurecht als beste Alternative Rockband gehandelt sind sie eine Band, die ihrer Philosophie stets treu geblieben ist. Man findet keine Plakate, keine Anzeigen in Musikzeitschriften, keine Promotion und auch auf Merchandise verzichtet man. Es zählt nur die pure Musik! Sie wollen ihre Shows klein halten. An die 2000 Menschen sind es trotzdem. Die Ehrlichkeit und Konsequenz Ruhm aufgrund guter Musik nicht Coolness durch markenartig vermarktete T-Shirt-Designs zu genießen, macht die Band zu einer der sympathischsten. Das ist nicht nur vordergründig Anti-Kommerz. Meiner Meinung nach einer der Gründe, warum es die Band noch gibt, sie ruhig arbeiten kann und nicht von den Medien eingesogen, verheizt und wieder ausgespuckt wird.
Für Fugazi eröffnen Eska, eine Band aus Glasgow. Ich mag sie. Sie spielen mit recht simplen Mitteln, wirken eingängig und trotz ihrer Einfachheit experimentell. Der Sänger besitzt eine druckvolle Stimme. In ihren wenigen Minuten Spielzeit wärmen sie das Publikum gut auf.
Danach folgt Senator, weiß die Hölle wo die Jungs herkommen. Sie sind durchwegs technisch versiert und nutzen ihre Fähigkeiten aus. Die Musik berührt mich tief. Leider versaut der Sänger in den kurzen Gesangsparts immer wieder das vorher mühsam aufgebaute Gefühl. Es sollten mehr Bands erkennen, dass es für manche besser ist auf Gesang zu verzichten wenn er einfach nicht in den musikalischen Aufbau passt – auch eine Mutfrage.
Endlich! Ian MacKaye (Ex-Minor Threat und Straight Edge Begründer) und seine Mannen betreten die Bühne. Sofort ist diese Magie in der Luft. Fugazi scheut sich nicht, alles aus ihrer Geschichte anzuschneiden. Sie haben es nicht nötig wie andere Bands nur ihr neues Album zu promoten. Außerdem wäre es dann auch nicht möglich knapp zwei Stunden zu spielen. Ian und seine Kollege an der Gitarre bewegen sich ständig, beide singen. Speziell der zweite Gitarrist spielt bewundernswert. Der Bassist steht wie angewurzelt neben dem Schlagzeug und konzentriert sich auf seine ständige Begleitung. Nur einmal kommt er nach vorne um einen Song zu singen. Der Schlagzeuger ist perfekt. Es wird über ca. die Hälfte der Show von einem zweiten Trommler, einem Roadie, unterstützt. Ein unvergleichlicher Sound entsteht. Fugazi ist musikalisch so stark, dass mit ihren Instrumenten sehr bewusst experimentell „noisen“ können. Alles wirkt unbeschreiblich! Was kann man zu Songs wie „Waiting Room“ sagen? Ein Übersong, der auch nach 15 nicht an Energie und Aktualität verliert. Fugazi ist zeitlos und gleichzeitig ihrer Zeit voraus. Immer wieder setzten sie Höhepunkte, halten die Spannung dennoch ständig. Vor „The Argument“ wird noch der werte George W. Bush angegriffen. Am beeindruckendsten ist aber sicherlich die unvergleichlich positive Ausstrahlung der Band, allen voran Ian MacKaye.
Schade nur, dass manche Menschen wohl die Musik nicht schätzen können. Bei Bands diesen Formats konzentriert man sich auf die Musik und packt nicht sogar in den ruhigen Parts einen unangebrachten Pogo aus. Hassenswert auch die Schwarzhändler auf der Straße, die aus der Einstellung der Band Profit schlagen konnten.
Kevin Kirchenbauer