The (International) Noise Conspiracy die Zweite. Die fünfköpfige Band
des Ex-Refused Frontmanns Dennis Lyxzén hat sich gegenüber ihrem
Debüt "Survival Sickness" nur wenig verändert. Wer die seligen
Refused-Zeiten immer noch vermisst, der wird auch mit diesem Album nicht glücklich werden.
Aber kein Grund zur Sorge, TINC sind nicht minder gut, sondern setzen auch
hier wieder stilistische Akzente, die sich langsam und unbemerkt zum Trend
ausweiten. Rock`n`Roll ist wieder in.
Bob Dylans "New Morning" stand bei der Namensgebung zur Hälfte Pate, das
mit der Musik von TINC aber nur sinngemäß verwandt ist. Des weiteren
beziehen die Schweden sich nach eigener Aussage auf eine linksradikale
amerikanische Gruppe namens "The Weathermen". Somit wäre wenigstens das
geklärt. Überhaupt ist es eine Herausforderung, sich des Booklets
anzunehmen. Diverse Zitate linker Ikonen wie Karl Marx vervollständigen die
Lyrics. Auf der Rückseite ist eine Abhandlung der Band zur
"Global Fear Factory" zu finden, in der sie die Mechanismen des Kapitalismus
analysieren und ihre eigenen Visionen einer besseren Welt erläutern.
Außerdem noch ein paar
Hinweise auf linke Internetseiten. Neben dieser Hauptthematik befassen sich
die Songs darüber hinaus noch mit dem Feminismus ("Breakout 2001") und der
Homosexualität ("A Body Treatise"). Konfliktstoff ist also ausreichend
vorhanden, woran sich die Geister natürlich scheiden. Man kann es entweder
als aufgesetztes Image, das sich in Verbindung mit der kapitalistischen
Plattenindustrie selbst verleugnet betrachten, oder man hält es für eine
überzeugende, kritische Beleuchtung der dunklen Machenschaften des
Kapitalismus.
Wie auch immer, TINC machen in jedem Fall gute Musik. 70er Punk verbindet
sich mit Rock`n`Roll zu einer hart groovenden Mischung, wobei der
Punk-Anteil gegenüber dem Debüt
leider etwas geschwunden ist. Die Gitarren sind schmutzig eingespielt und
passen perfekt zum lautstarken Gesang. Auffallend viel Platz wurde auch den
Hammonds eingeräumt. "A Northwest Passage", "Up For Sale" und "Dead Language Of Love"
sind die Punk-Speerspitzen im abwechslungsreichen TINC-Sound. "New Empire Blues",
"Bigger Cages, Longer Chains" überraschen z.B. mit Saxophon-Versatzstücken.
Mit dem sich in Heavy Rotation befindenden Hit "Capitalism Stole My
Virginity" und "A New Morning, Changing Weather", beweisen sie auch
durchaus ein Gespür für Melodien. Und um sich auch der letzten
Kategorisierung in den Weg zu stellen, ist mit "Last Century Promise" auch
ein verzerrtes und sperriges
Song-Vehikel zu finden, was aber nicht unbedingt zu den genialen Momenten
der Platte zählt. Am besten sind TINC nämlich dann, wenn sie straight
rocken und in feinster Punk-Manier dem Kapitalismus den Mittelfinger zeigen.
"Robbed out of our bleeding hearts smashed our illusions tore them all
apart. But now we are unsentimental and unafraid to destroy this culture
that we hate." - bitte mehr Bands von diesem Schlag!
Tim Orth
14 von 20 Punkte