Nun war es also endlich soweit! Deutschlands Metalboygroup No.1 startete
ihre erste Headliner-Welttournee und das Ganze auch noch mitten in ihrer
Heimatstadt Fulda. Gleich drei internationale Supportacts sind mit auf den
Tourtross aufgesprungen um die Meute für Edguy anzuheizen, was einen langen,
interessanten und abwechslungsreichen Konzertabend versprach.
Offizieller Einlass für dieses historische Ereignis war um 19.00 Uhr, doch
zog der Veranstalter es vor die meist nur in T-Shirts bekleideten Fans bis
20.00 Uhr bei einer ziemlich ungemütlichen Außentemperatur vor der Halle warten
zu lassen. Etwa eine halbe Stunde später gingen die Lichter aus und die schon
oft als Klon-Metal-Coverband-mit-eigenen-Songs verspotteten Franzosen von
HEAVENLY enterten die Bühne. Die Jungs machten ihre Sache dennoch gut und
konnten Großteile des Publikums in den dreißig Minuten denen ihnen zur Verfügung
standen, mit ihrem von grossen Vorbildern wie z.B. Helloween beeinflussten
eingängigen Metal auf ihre Seite ziehen. Die Band zeigte sich sehr eingespielt
und dem Sänger muss man eine geniale Stimme vor allem in den höheren
Tonlagen attestieren, obwohl er optisch wohl nicht zu seinen Mannen passte, sondern
mit seinem feschen Kurzhaarschnitt eher als Versicherungsvertreter durchgehen
würde. Guter Auftritt und wenn das Ganze noch ein wenig eigenständiger wird
klappts auch mit ner höheren Billingposition, aber leider offenbarte sich
hier schon die relativ schlechte Akkustik der "Grünen Messehalle" (oder soll ich
sagen Lagerhalle?) in Petersberg/Fulda, die auch bei den nachfolgenden
Gruppen den Hörgenuss ein wenig beeinträchtigte.
Die Umbaupausen wurden recht kurz gehalten, was man einerseits erfreulich
finden kann, andererseits kostete dies auch Nerven, da es nicht mal für ein
Bier an der überfüllten Bar reichte ohne etwas zu verpassen. Also wurde der
Musik- dem Alkoholgenuss vorgezogen und nun hiess es: "Bühne frei für
NOSTRADAMEUS !" Für die in Rüschenhemdchen gekleidete Band gilt dasselbe wie für ihre
Vorgänger Heavenly. Ein guter Auftritt mit nicht ganz so in den Hörgangen
klebenden Songmaterial, was aber die Performance des Sängers wieder wettmachte.
Dennoch denke ich, dass es etwas unglücklich war zwei Bands mit fast identischem
Musikstil nacheinander auf die Bretter zu lassen. Unterhaltsam war es
allemal und auch Nostradadameus (welch schwieriges Wort!) erntete mehr als den
für Vorgruppen üblichen Höflichkeitsapplaus.
So, das waren die Vorspeisen und nun kommen die Hauptgerichte, dachte ich
mir. Den auf die Liveperformance der Finnen LULLACRY war ich mehr als gespannt,
da der mit Gothikanleihen verfeinerte Kick-Ass-Rock der Nordländer vom Stil
her so gar nicht zu den anderen drei Mitstreitern dieser Tour passte.
"Embrace me" war genau der richtige Einstand für die blonde Frontfrau und ihre vier
Begleitern. Der Leadgitarrist sah aus bzw. poste wie der junge "mit Obertönen
um sich schmeissende" Zakk Wylde und die eine gewisse Erotik austrahlende
Sangesfrau wechselte perfekt ihre Stimme, wie sie zu den Vibes der jeweiligen
Songs am besten passte. Die Akkustik der Halle veranlasste die Fans aber
manche der gelungenen Kompositionen nicht zu geniessen, sondern eher zu erahnen.
Fazit: Die Show war eine nette Abwechslung und machte Appetit auf mehr.
"Big stage production, fireworks, tons of special fx & lots of extremely bad
jokes" so lautete der offizielle Untertitel der Mandrake-Tour. Die Bühne war
mit einem gezeichneten Tor im Hintergrund hergerichtet, das im Farbenspiel
der Scheinwerfer einen netten 3D-Effekt offenbarte, außerdem verschönerten
ein ägyptisches Kreuz und ein paar Mauern die Stage. Mit komischerweise des
meiner Meinung nach schwächsten Track "Fallen Angels" ihres aktuellen
Longplayers stürmten EDGUY bei ihrem Heimspiel die Bühne, was wohl auch das Publikum
dachte und so hielt sich die Lautstärke der Fans auch noch in Grenzen, was sich
aber beim darauffolgenden Quasi-Titelstück des neuen Albums "Tears of a
Mandrake" schlagartig änderte und sich eine sagenhafte Stimmung im Publikum
entwickelte. Die Fuldaer präsentierten sich wie immer sehr sympathisch und Tobias
Sammet lies die Fans durch ständige Kommunikation und Mitsingspielchen wie
z.B. bei "How many miles" ein Teil der Band werden. Ihre technische Klasse
demonstrierten die Hopefuls bei dem genialen a-capella Gesang von "Land of the
Miracle" und einer über 15 minütigen Version von "The Pharao", bei der man
einige spektakuläre Gitarrenduelle von Jens Ludwig und Dirk Sauer bewundern
konnte, während im Hintergrund die Bühne brannte, was eine tolle Atmosphäre
entstehen lies. Es machte Spass den Jungs zuzusehen und man merkte das da keine
Zweckgemeinschaft ihr Pflichtprogramm runterspulte, sondern das die Fünf
zusammen richtig Fun hatten. Der Hauptteil der Setlist beschränkte sich auf die
letzten drei offiziellen Studioalben Edguys, wobei das Debüt "The Savage Poetry"
völlig ausgeklammert wurde. Schade, den ich hätte gern "Key to my Fate" oder
eine "richtige" Edguysche Ballade ala "Wash away the poison", "Scarlet Rose"
oder "Sand of time" gehört. Tja man kann nicht alles haben. Dafür kam das
zahlreich erschienene Volk in Genuss des wohl kürzesten Schlagzeugsolos aller
Zeiten, den nach nur einigen Hieben von Felix "BumBum" Bohnke auf sein
Arbeitsgerät streikte die Bassdrum und das Schlagzeug musste geflickt werden. Dieser
unerwartete Zwischenfall brachte den selbsternannten "König der Witze" Tobias
Sammet ganz schön ins schwitzen und so wurde improvisiert und die Fans mit
einer fast viertelstündigen Version der ursprünglich nur knapp über
zweiminütigen Ballade "Inside" von Sammets Soloprojekt "Avantasia" unterhalten, bei der
die Zuschauer x-mal den Refrain gröhlen mussten und statt "Inside" auch mal
"Outside" oder "Auto" von sich gaben. Dies drückte natürlich die Stimmung
natürlich ein wenig und nach der Reperatur der Schlagkessel spendierte die Band
den Fans als Entschädigung mit "Falling down" einen "Bonustrack" der
eigentlich nicht geplant war. Nette Geste. Der Keyboarder "Roland", der sich laut
Sammet hinter einem Vorhang versteckte ( Vorsicht: Musikerjoke! ) hatte seinen
Auftritt bei dem Titelstück von "Vain Glory Opera" und Felix Bohnke`s Hymne
"Save us now" durfte natürlich auch nicht fehlen genausowenig wie das
dazugehörende überdimensionale aufblasbare, ausserirdische Häschen ohne Ohren.
Nach dem regulären Set, gab es als Zugabe mit "Avantasia" eine kleine
Überraschung, die frenetisch von den Fans mitgegröhlt wurde und mit "Out of
control" und einem kleinen Feuerwerk verabschiedeten sich Sammet, Ludwig, Exxel,
Sauer und Bohnke von den glücklichen Fans. Ein spitzenmaessiger Tourauftakt,
zwar nicht perfekt, aber vielleicht macht dies die Recken gerade so sympathisch,
was man auch an dem großen Andrang am T-Shirt bestätigen konnte.
Manuel Liebler