Yngwie Malmsteen
Parabellum
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Seinen Platz in der Ruhmeshalle der Gitarrenhelden hat Yngwie Malmsteen bereits seit seinem Debüt Rising Force von 1984 sicher. 2021 hat der gebürtige Schwede in seiner Kernkompetenz Fingerfertigkeit immer noch genauso drauf wie vor 37 Jahren, was erstaunlich genug ist. Da bereitet es ihm keine Mühe, seinen Fans auf seiner aktuellen Arpeggio-Sammlung namens Parabellum (?) exakt das zu geben, was sie seit eh und je von ihm erwarten. Doch was damals atemberaubend, ja bahnbrechend war und in der Fachwelt für offene Münder sorgte („Kritiker sagen, dass Malmsteen auf der Gitarre Griffe bringt, die als unspielbar galten“.), klingt nach dieser langen Zeit bis auf wenige Ausnahmen austauschbar, beliebig. Eine solche stellt bei den sechs Instrumentalstücken „God Particle“ dar, weil hier die Geschwindigkeit auch mal gedrosselt wird, bis – zusätzlich begünstigt durch einen eher untypischen, „schwebenden“ Ton – tatsächlich so etwas wie Stimmung aufkommt. Ansonsten lautet das Motto wie gehabt fast durchweg: „Immer volle Pulle und noch schneller!“ Da taucht dann ebenfalls wie gehabt sofort das alte Problem auf: Der Laie kann es nicht auseinanderhalten, denkt inmitten der oftmals ziel- und damit letztlich auch sinnlos wirkenden Skalenjagden sogar: „Das gab es doch schon auf...!“ Allerdings besser produziert...
Beim letzten Stück „Sea Of Tranquility“ treibt es der Mega-Exzentriker dann quälende acht Minuten lang derart auf die Spitze, dass es kaum auszuhalten ist.
Was wirklich möglich gewesen wäre, offenbart z.B. das erfreulich stringente Gesangsstück „Relentless Fury“, das man sich gerne öfter anhört. Zumal man hier den Bass zumindest erahnen kann!
Was diesen Release richtig in den Keller reißt, ist allerdings nicht in erster Linie der Shredding-Overkill, sondern dass der Maestro alles, was nicht „Gitarre“ ist, stiefmütterlich behandelt; wie ein notwendiges Übel, das er am liebsten weglassen würde. Malmsteen, der für ein Meet & Greet laut seiner Homepage aktuell 400 Dollar verlangt, macht ja bereits seit Jahren auf seinen Platten fast alles selbst. Da verwundert es umso mehr, dass der Perfektionist etwas zur Veröffentlichung freigibt, das bestenfalls durchschnittlich, immer wieder mal sogar richtig schlecht ist. Das völlig drucklos und flach klingende Schlagzeug – Wer spielt es? Da es keine Angaben dazu gibt, vielleicht Mr. Computer? - ist in seinem (vergeblichen) Bemühen, den lichterloh brennenden Saiten mit dem löchrigen Wassereimer hinterherzuhecheln, über 56 Minuten schlicht eine Zumutung und schwer zu ertragen. Nicht mal im durch eine Ohrenentzündung verursachten Fieberwahn... Wo die wohl hergekommen ist...? Mein Doc dazu: „Das darf man in der Medizin nicht fragen!“ Ich habe da trotzdem einen Verdacht...
Auch wenn Yngwie garantiert nichts ändern wird: Der Mann braucht unbedingt einer Drummer aus Fleisch und Blut und trotz einer für einen Nicht-Sänger respektablen Leistung bei der schönen Ballade „Eternal Bliss“ auch einen hauptamtlichen Vokalisten. Und wenn es ihm wirklich ernst ist, als Krönung einen Keyboarder, der ihn musikalisch fordert und seinem Gegniedel wenn nötig auch Kontra gibt. Auf seinem Opus Odyssey von 1988 kann man sehr schön hören, was ich meine. Stichwort Spannung und Jens Johansson...
Malmsteen-Wiederentdecker dürften sich anhand der permanenten Selbstzitate auf Parabellum wundern, weshalb es bei diesem enormen Talent nicht für eine Weiterentwicklung reicht. Und sich im nächsten Moment fragen, ob der Meister an einer solchen überhaupt interessiert ist. Vermutlich nicht.
Michael Schübeler
Trackliste |
1 | Wolves At The Door | 5:52 |
2 | Presto Vivace In C# Minor | 5:02 |
3 | Relentless Fury | 5:36 |
4 | (Si Vis Pacem) Parabellum | 5:48 |
5 | Eternal Bliss | 6:22 |
6 | Toccata | 3:16 |
7 | God Particle | 6:15 |
8 | Magic Bullet | 3:36 |
9 | (Fight) The Good Fight | 6:36 |
10 | Sea Of Tranquility | 8:00 |
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Besetzung |
Yngwie Malmsteen (Guitars, Guitar Synthesizer, Vocals, Sitar, Cello, Timpani)
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