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Bach, J. S. (Beyer)

Sonaten und Partiten für Violine solo BWV 1001-1006


Info
Musikrichtung: Barock Kammermusik

VÖ: 25.09.2011

(ZigZag Territoires / Note 1 / 2 CD / DDD / 2010 / Best. Nr. ZZT110902)



FLIESSEND ODER MARKANT?

Ausgesprochen klar und präsent klingt Amandine Beyers Interpretation der Sechs Sonaten und Partiten für Violine solo von Johann Sebastian Bach. Jene quecksilbrige Virtuosität, mit der die Französin seine Violinkonzerte zum Vibrieren brachte, klingt in einigen schnellen Sätzen wie dem Allegro assai aus der Sonate Nr. 3 zwar auch an, es überwiegen jedoch überwiegend moderatere Tempi, die es Beyer erlauben, die virtuellen Kontrapunkte und großen melodischen Bögen stets deutlich und mit Blick auf die große Architektur zu artikulieren.

Das ist eine strengere Lesart als die von Victoria Mullova, die auf ihrer ebenfalls barock mensurierten Violine im Ganzen schneller und konzertanter ist und auch mehr Ausdruck in Form von entsagungsvollen Tönen riskiert. Beide Interpretationen sind allerdings gleichermaßen uneitel und Manierismen gänzlich abgeneigt.
Beyers Sinn für die große Form führt bei der berühmten Ciconnia zu einem Eindruck von bezwingender konstruktiver Geschlossenheit, bei Mullova fließt die Musik dafür mehr aus einem eigenen, inneren Antrieb. Dieser Eindruck bestätigt sich auch für die den Fugen: Beyer setzt auf Prägnanz. „Expressivität“ ist das Ergebnis von genauer Ausleuchtung der Konstruktion, wobei man die kontrapunktische Arbeit manchmal doch heraushört (z. B. bei der Sonate Nr. 2). Der obertonreiche, markante (aber nicht penetrante) Violinton unterstreicht diesen Zugriff. Mullova geht die Fugen freier, spielerischer an und lässt sie sehr natürlich, gewissermaßen leichtgängig wirken.
In den langsamen Sätzen ist Mullova etwas lyrischer und geschmeidiger, Beyer dagegen energischer und ausgreifender im Ton (z. B. beim eröffnenden Adagio der 1. Sonate). Oft ergänzen sich die beiden Lesarten derart, dass man zwischen den beiden Interpretationen hin und herspringen kann. Als Zugabe bietet Beyer noch eine ebenfalls basslose Violinsonate von J. G. Pisendel, einem Bach-Zeitgenossen, die in den langsamen Sätzen durch ihre ausgesuchte Empfindsamkeit besticht, den Vergleich mit Bach aber auch insgesamt durchaus nicht zu scheuen braucht.

Wenn ich Victoria Mullovas Interpretation im direkten Vergleich favorisiere (18 Punkte), dann einfach deshalb, weil ich ihre muskantischere Lesart und entspanntere Tongebung bei diesem Repertoire bevorzuge.



Georg Henkel



Besetzung

Victoria Mullova: Barockvioline
Amandine Beyer: Barockvioline



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