Charlie Haden & Quartet West
Sophisticated Ladies
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Es gibt Alben, denen möchte man - ohne den ersten Ton gehört zu haben - direkt die volle Punktzahl geben: Sophisticated Ladies ist so eines! Es ist das erste Album von Charlie Haden & Quartet West, zugleich sozusagen ein Jubiläumsalbum zum 25jährigen Bestehen, das "nur" einmal mehr zeigt, was dieses Quartett in Reinform präsentiert: wunderbaren, detailverliebten und hingebungsvollen classic Jazz aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts...
Den Anfang der Instrumentalstücke macht "Sophisticated Lady" aus dem Jahr 1932 in seiner ursprünglichen Form als Instrumentaltitel. Charlie Haden und seine Mitstreiter lassen es nicht nur in seiner klassischen Einfachheit klingen, sondern zeigen auch die Harmoniewendungen, die in den 30ern nicht (mehr) in das konventionelle Schema passen wollten.
Ihre ihnen je eigene Klasse und ihr perfektes Zusammenspiel demonstrieren die vier Musiker mit dem uptempo-Stück "Today I am a Man", während sie mit dem Thema zur US-amerikanischen Krimiserie "Markham" (1959/60) nahezu einer Epoche huldigen. Ich würde mich ständig wiederholen, wenn ich selbiges auch zu den folgenden "Angel Face", "My old Flame", oder dem flotten "Wahoo zum Abschluß schriebe...
Doch damit bei weitem nicht genug, zudem ist es Charlie Haden & Quartet West gelungen, sechs wunderbare weibliche Stimmen für das Album zu bekommen - und die größte Leistung ist es wohl, diese Charakterstimmen nahtlos in die Konzeption des jeweiligen Stückes einzubinden, sie zum Minimalismus im Dienste der Komposition zu "verdammen". Den Anfang macht Melody Gardot mit "If I'm lucky", und das Geniale dieser Interpretation macht es aus, dass sich Gardot mit ihrer charakteristischen Stimme (die ich eigentlich nicht mag) ganz den Regeln dieses leisen Songs unterwirft und mehr lasziv ins Mikrofon haucht als das sie singt - wunderbar. Selbiges gilt für "Ill Wind" und Norah Jones, wobei sie natürlich nicht an die Klasse einer Cassandra Wilson heranreichen kann, die mit ihrer tiefen und bluesigen Stimme "My Love and I" veredelt. Vielleicht besonders Reizvoll ist die Aufnahme von "Let's call it a Day" (1932/33) mit der Ehefrau von Charlie Haden, Ruth Cameron, deren Stimme den Songs zwar nicht wirklich füllt - aber sei es drum, wer würde hier herummäkeln wollen?!
An vielleicht keiner anderen Künstlerin wird die Leistung von Charlie Haden & Quartet West so deutlich wie an der Sopranistin Renée Fleming, die "A Love like this" singt und dem Stück durch ihre Zurückhaltung einen Chanson-Touch zu geben vermag - und über Diana Krall ("Goodbye") wäre eh jedes Wort eines zuviel!
Sophisticated Ladies ist wunderbar schlicht und schlicht wunderbar - man verzeihe soviel Klischee, ansonsten bliebe nur Sprachlosigkeit!
Andreas Matena
Trackliste |
1 | If I'm lucky (feat. Melody Gardot) | 5:39 |
2 |
Sophisticated Lady | 4:28 |
3 |
Ill Wind (feat. Norah Jones) | 4:25 |
4 |
Today I am a Man | 5:23 |
5 |
My Love and I (feat. Cassandra Wilson) | 4:14 |
6 |
Theme from "Markham" | 4:40 |
7 |
Let's call it a Day (feat. Ruth Cameron) | 5:52 |
8 |
Angel Face | 4:08 |
9 |
A Love like this (Renée Fleming) | 5:13 |
10 |
My old Flame | 5:35 |
11 |
Goodbye (feat. Diana Krall) | 5:48 |
12 |
Wahoo | 4:52 |
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Besetzung |
Charlie Haden: bass
Ernie Watts: sax
Alan Broadbent: piano
Rodney Green: drums
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