Musik an sich


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HERMAN VAN VEEN - Up een dag in september




Info
Künstler: Herman van Veen

Zeit: 21.09.2007

Ort: Hangar 21, Detmold


Herman van Veen ist ein unglaublicher Künstler. Verbinden viele ihn mit Kinderliedern ("Warum bin ich so fröhlich") oder Songs in Schlagernähe (aber auch dort schon immer mit tiefsinnigen Texten) in den Achtziegern, so ist er eigentlich einer der vielseitigsten und umtriebigsten Künstler dieser Welt. Unzählige Alben (in vier Sprachen) DVD's und auch Bücher sowie Drehbücher stammen von ihm und zusätzlich scheint dieser Mann permanent auf den Bühnen dieser Welt unterwegs zu sein. Insbesondere in den letzten ca. zehn Jahren ging seine Musik und seine Bühnenpräsentation immer mehr Richtung Chanson. Das letzte Mal, als ich ihn live erleben durfte, war er mit seinem langjährigen Begleiter am Klavier sowie Könnern an ihren Instrumenten mit Violine, Bass, akustischer Gitarre, Leier und ähnlichem unterwegs. Er wird auch schon seit Jahren von der klassisch ausgebildeten Gitarristin Edith Leekers begleitet, und nur mit dieser sollte er an diesem Abend auftreten.

Das Konzert an sich war mit seinen knappen 50 Minuten bedeutend kürzer als seine üblichen Auftritte, die inklusive Zugaben schonmal mehr als drei Stunden dauern können. Dieser Umstand lag daran, dass es sich in Detmold um eine einmalige Geschichte, ein echtes Event handelte. Denn zum einen wurde hier die neue Leidenschaft des Allrounders, das Malen, mit einer Ausstellung eröffnet, und zum anderen ein Projekt von Herman für Hermann vorgestellt. Bei diesem handelt es sich um ein Kindermusical oder besser ein Stück für Kinder und Erwachsene, das er um das Hermannsdenkmal in Detmold schreibt. Der Grund ist der 2000ste Jahrestag der Varusschlacht im Teutoburger Wald.

Der Hangar 21 ist ein alter Hangar aus dem 2. Weltkrieg, der von Außen wie Innen zu einer recht modernen Allzweckhalle umgebaut wurde. Der Raum wurde zur Hälfte mit den schon angesprochenen Bildern ausgestattet, die andere Hälfte war bestuhlt und bot ca. 500 Zuschauern Platz. Herman van Veen und Edith Leekers betraten, wie es bei ihm schon lange üblich ist, die Bühne mit einem Marsch durch das Publikum. Die nun beginnenden, ebenfalls wie gewohnt amüsant bis nachdenklich von Herman moderierten 50 Minuten waren so ziemlich die intimste musikalische und lyrische Darbietung, die ich bisher erlebt habe. Es wurde eine Auswahl aus seinen schönsten Liedern nur auf Gitarre dargeboten, nur dann und wann verfeinert von Hermans Violine. So gab es das wunderbar verquere Liebeslied "Anders anders", das dramatische und traurige "Flußviertel", das beschwingt schöne "Kleiner großer Schatz" sowie seine Version vom Ave Maria und viele andere. Die intime Instrumentierung unterstützte natürlich die Musik und die Texte besonders, und durch seine kurzen Geschichten zwischendurch lockerte er entweder die Atmosphäre auf oder bringt sie wieder in tiefe Nachdenklichkeit.

An der Violine wird der inzwischen 62jährige auch immer besser, und so lieferten sich die beiden Interpreten mal schwungvolle, mal sehnsüchtige Duelle an ihren Instrumenten. Da ich keine Setlist mitgeschrieben hab, ist es mir leider unmöglich, jeden einzelnen Song aufzuzählen, und das ist auch nicht notwendig, denn bei Herman van Veen zählt immer das Gesamte. Die Atmosphäre, die diese beiden Künstler, Frau Leerkers in erster Linie instrumental, Herman van Veen trotz seines Könnens an der Violine in erster Linie mit seiner ausdrucksstarken, zumeist tiefen und klaren Stimme, schaffen andere Interpreten nicht mit einem riesigen Aufwand an Technik und Licht. Es sind die besinnlichen Texte, die fein aufeinander abgestimmten Instrumente und die immer packenden Melodien. Hinzu kommt die unglaubliche Aura und das große Charisma des van Veens, der es schafft, schweigend und nur mit Gesten einen gefüllten Saal in seinen Bann zu ziehen. Leider war dieses fantastische Event schon nach 50 Minuten zu Ende. Herman van Veen muss man live erlebt haben, man kann es nicht beschreiben. Er hat sich an diesem Abend wieder mal als authentischer Künstler bewiesen, der auf dem höchsten Level seiner Kunst angekommen ist. Es sei abschließend gesagt, dass er sich auf selbigem schon mindestens ein Jahrzehnt befindet und bewegt.

Nach einer kurzen Pause spielte die großartige Edith Leerkers ein Solostück auf der akustischen Gitarre, welches ein erster Vorgeschmack auf das noch in Arbeit befindliche Stück zum Thema "Hermann, der Cherusker" war. Im anschließenden Imagefilm (ca. 20 Minuten) wurde mit eindrucksvollen Bildern der Ansatz der Geschichte von Herman in seiner typischen Erzählweise dargeboten. "Es ist die einzig wahre Geschichte", sagt er an einer Stelle, "denn das muss so sein, schließlich habe ich sie selbst erfunden", schließt er den Satz ab. Es soll in der Geschichte um die junge Anna gehen, die die drei Schwerter, die angeblich mal vor dem Denkmal gelegen haben sollen, suchen geht, denn erst, wenn diese dort wieder zusammenkommen, wird immer Frieden herrschen. Wie ich Hermans andere Geschichten kenne, wird auch diese ein schönes Märchen werden, das mit Nachdenklichkeiten nicht geizen wird. Der Ansatz zu dieser Konzeption beruht im Übrigen auf die Idee der Stadt Detmold, zum 2000sten Geburtstag des Hermannsdenkmales etliche Aktivitäten ablaufen zu lassen und für den Frieden, und natürlich auch für die Stadt und die Region zu werben. Van Veen wies in dem Imagefilm auf jeden Fall deutlich daraufhin, das für ihn das Standbild Hermann für Krieg und Tod sowie verblendete Ideologien steht (die Nazis hatten ja Denkmäler wie diese sehr stark in ihre Germanenideologie mit einbezogen), und er es mit seiner Arbeit ein wenig mehr Richtung Friedensmahnmal bringen möchte. Es sei gesagt, das ich auf die Geschichte und deren Umsetzung sehr gespannt war.

Das war ich auch auf die anschließende Talkrunde mit Edith Leerkers, Herman van Veen und den regionalen Politikern Heller (Bürgermeister von Detmold) und Heuwinkel (Landrat). Leider entpuppte sich dieses Gespräch als reines Marketinggeschwafel der Politiker. Edith Leerkers kam gar nicht zu Wort, Herman van Veen konnte einmal eine lange Stellungnahme abgeben, auf die letzte Frage, was es noch zu all den Vorhaben zu sagen gebe, antwortete ein sichtlich ob des Geschwafels vorweg genervter van Veen "Es sei wohl alles gesagt". Schade eigentlich, denn aus anderen Talkrunden weiß man, was für ein interessanter Gesprächspartner Herman van Veen sein kann.

Abschließend wurde noch die Bilderausstellung eröffnet. Diese ist bis zum 21. Oktober 2007 im Hangar 21 zu sehen. Da ich kein Kunstkenner bin kann ich nur sagen, dass die Bilder von Herman großformatige Farbcollagen, zumeist in Pastelltönen sind, die zum Träumen einladen. Mir gefallen sie recht gut, bewerten mag sie jemand anders.

Bis auf die Talkrunde also eine gelungene Veranstaltung. Ich warte gespannt auf die Umsetzung der Geschichte, die 2009 in Detmold uraufgeführt wird - und dann um die Welt gehen soll.


Wolfgang Kabsch



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