Keith Emerson and the Nice
Vivacitas
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Um es gleich zu Beginn zu sagen: Ich bin kein großer ELP-Kenner und meine Vorerfahrungen in Sachen The Nice gehen gegen Null. Aber vielleicht hat das ja auch sein Gutes. Zwar kann ich kaum Vergleiche zu alten Live-Alben oder Studio-Versionen herstellen, aber dafür unvoreigenommen hören, was ich geboten bekomme.
Vivacitas ist das Ergebniss von vier Konzerten, die im letzten Jahr in Glasgow über die Bühne gingen. Ein Schowcase unter der Überschrift "Emerson plays Emerson", zu der Keith Emerson seine alten Mitsteiter eingeladen hatte, führte zur Idee einer Nice-Reunion. Die hat auch fast stattgefunden. Neben Keith Emerson, Lee Jackson und Brain Davison stand lediglich ein "Ersatz" auf der Bühne. Statt Davy O'List wurde die Gitarre von Dave Kilminster traktiert. Dieses neue Nice-Line up ist auf der CD 1 zu hören.
Bei mir löst dieses Konzert zwiespältige Gefühle aus. Teilweise regelrecht konzertant ("Hang on to a Dream") mit fasznierenden Soli und anderen Spielerein werden Rick Wakeman-artige Orgeln präsentiert "America/ Rondo"). Keyboards erinnern an Van Halens "Jump" ("She belongs to me"). Western Scores (dto) oder der Säbeltanz ("America/ Rondo") werden nebenbei eingebaut.
So weit so gut, so interessant. Dennoch werde ich mit der Präsentation nicht recht warm. Da ist zum einen die Stimme. Es gibt Stimmen, die sind rau und objektiv falsch und klingen dennoch nach etwas besonderem. Sie versprühen auch wenn sie neben dem Ton liegen, wenn sie kratzen und reiben, ihr eigenes besonderes Charisma. Tut mir leid. Hier erscheint mir die Stimme einfach überfordert (zu alt würde ich vielleicht sagen, wenn ich ältere Nice-Sachen kennen würde.). Aber auch das Zusammenspiel insgesamt ist gelegentlich zerfahren. Einmal blinken die musikalischen Elemente wie kleine Diamanten. Dann aber scheint leichte Konfusion zwischen den Musikern zu herrschen. Es mag sein, dass das bei Kennern zur Verzücken über die spontane und improvisierte Darbietung führt. Mich trennt es eher von dem, was da vor meinen Ohren passiert.
Aber genug mit dem Gemäkel. Die finale "Karelia Suite" aus der Feder von Sibelius oder das langezogene "Hang on to a Dream", das mit sehr ruhigen Piano-Klängen eingeführt wird und in den Improvisationsteilen jazzig gerührte Drums und spanisch klingende Akkusitkgitarren präsentiert, gehören zu Hochgenüssen, wie sie nur Spitzenkönner des Prog-Genres bereiten können.
Auf der zweiten CD geht es dann mit zwei Emerson-Solostücken los - einem klassischen Intro und einem schönen kleinen Boogie auf dem Grand Piano.
Danach entern Drummer Pete Riley (Motörhead, Republica u.a.), Basser Phil Williams und Gitarrist David Kilminster die Bühne um drei ELP-Stücke, darunter den Longtrack "Tarkus", und eine alte Rock'n'Roll-Nummer zu intonieren. Zu ELP braucht man kaum etwas zu sagen. Die Band ist Legende. Dass die neue Besetzung die Magie nicht hundertprozentig reproduzieren kann, ist daher wenig überraschend. Wenn man das aber als "Live-Faktor" verbucht, steht dem Genuß kaum etwas im Wege. Höchstens vielleicht bei den beiden Hits "Hoedown" und "Fanfare for the common Man", die in einfach sensationellen und wohl für immer unschlagbaren Live-Versionen bekannt sind. Der abschliessende Blues kommt in der progressiven Interpretation zu manieriert. Da gehört mehr Dreck rein. Für ELP-Novizen dürfte dieser Set aber der ideale Einstieg sein, um den Wuchsch wachsen zu lassen, sich intensiver mit dem Backkatalog zu befassen.
CD 3 beschliesst das oppulente 3-fach-CD-Set mit einem Interview, das Chris Welch 2001 mit den drei Original-Hübschen geführt hat.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
CD 1 1 America/ Rondo (11:14) 2 Little Arabella (4:58) 3 She belongs to me (6:21) 4 The Cry of Eugene (5:03) 5 Hang on to a Dream (10:30) 6 Country Pie (5:58) 7 Karelia Suite (7:59)
CD 2 1 A Blade of Grass (2:12) 2 A Cajun Alley (4:11) 3 Tarkus (21:01) 4 Hoe Down (5:06) 5 Fanfare for the common Man (7:55) 6 Honky Tonk Blues (6:06)
CD 3 1 Interview mit Keith Emerson (22:29) |
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Besetzung |
CD 1
Keith Emerson (key)
Lee Jackson (b)
Brain Davison (voc)
Dave Kilminster (g)
CD 2
Keith Emerson (key)
Drummer Pete Riley
Basser Phil Williams
Gitarrist David Kilminster
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