Thomas Tomkins
Above The Starrs
Für Kammer und Kapelle Begabung ist vielleicht eine wesentliche Voraussetzung zum Erfolg (wenngleich gewisse Superstarshows heutzutage dagegen sprechen mögen ...), aber noch keine Garantie. So gelang es beispielsweis Thomas Tomkins (1572-1656) trotz seiner unüberhörbaren Fähigkeiten als Komponist nicht, eines der respektablen und lukrativen Ämter am englischen Hof in London zu bekommen. Er blieb statt dessen Worchester, seiner provinziellen Heimat im Südwesten Englands, treu, wo er als Organist tätig war.
Seiner Schaffenfreude tat das keinen Abbruch, auch nicht der allgemeinen Beliebtheit seiner Musik, sei es für die Kirche oder für das häusliche Musizieren.
Zusammen mit einer erlesenen Sängerschar aus der Alte-Musik-Szene Großbritanniens hat sich das renommierte Gambenensemble Fretwork daran gemacht, Tomkins Instrumental- und Vokalmusik ein würdiges Denkmal zu setzen. Der Komponist interessierte sich weniger für gängige Trends in der zeitgenössischen Tanzmusik, die auf Unmittelbarkeit aus war, sondern bevorzugte die kompliziertere Mehrstimmigkeit, z. B. in Form von kanonischen Stimmführungen. Daraus wird bei ihm freilich kein akademisches Lehrstück, sondern dichte, ausdrucksgeladene, poetische Musik. Insbesondere in den sechsstimmigen Pavanen, Galliarden und Fantasien konnte er seine musikalische Phantasie entfalten. Die "edle Melancholie", die da zu Gehör gebracht wird, traf damals genau den Zeitgeschmack.
Bei den Instrumentalstücken bestechen die sechs Musiker/innen von Fretwork nicht nur durch lupenreine Intonation, sondern durch einen klar fokussierten Ton und eine dynamische Phrasierung, durch die das Stimmgeflecht optimal durchhörbar wird - ohne daß der eigentümliche Reiz der Gamben mit ihrem erdfarbenen, näselnden Klang darüber verloren ginge. Der Ausdruck wirkt nirgendwo forciert, die Musik entfaltet sich ganz natürlich. Das strahlt große Ruhe und Konzentration aus, die sich auch auf den Hörer überträgt.
Ein Gewinn ist dieser Ansatz allemal dann, wenn noch Singstimmen dazukommen. Das hier versammelte Vokal-Sextett fügt sich fabelhaft ein, auch die solistisch hervortretenden Sänger/innen bleiben immer Teil des Ensembles. Gleich das eröffnende Verse Anthem "O Lord, lett me knowe myne end" gerät auf diese Weise sehr bewegend. Eine Seltenheit im protestantischen England ist sicherlich das abschließende emphatische Marienlob "Rejoice, rejoice and singe" - Thomkins läßt sich eben nicht so einfach festlegen. Die Interpreten tun alles, um seine Originalität zu bestätigen.
Georg Henkel
Trackliste |
01 O Lord, lett me knowe my end 07:03 02 Fantasia a 6 03:28 03 Pavan a 2 03:24 04 Galliard a 6 01:33 05 Fantasia a 5 02:26 06 In Nomine a 3 02:10 07 Ut re mi fa sol la a 4 06:41 08 Sing unto god 06:10 09 Pavan a 4 03:14 10 Alman a 4 01:21 11 Above teh starrs my saviour dwells 03:56 12 Fantasia a 3 02:37 13 Pavan a 5 04:43 14 Woe is me 03:12 15 In Nomine a 3 02:28 16 Fantasia a 6 02:50 17 Thou art my king 04:13 18 Fantasia a 3 02:04 19 Fantasia a 6 03:32 20 Rejoice, rejoice and singe 05:52 Gesamtspielzeit 73:31 |
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Besetzung |
Emma Kirkby (Sopran)
Catherine King (Alt)
Charles Daniels (Tenor)
Donald Craig (Bariton)
Richard Wistreich, Jonathan Arnod (Baß)
Ensemble Fretwork: Richard Boothby - Richard Campbell - Wendy Gillespie - Julia Hodgson - William Hunt - Susanna Pell (Gamben)
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