Trotz dichtem Berliner Verkehrs erreichen wir das neue Halford pünktlich. Dass wir den größten Teil vom
Auftritt der Special Guests Mob rules dennoch verpassen, liegt daran, dass wir es uns mit Markus
Grosskopf und Stefan Schwarzmann (Ex-Accept, Ex-U.D.O., Ex-Running wild, Ex-Skew Siskin), der seit
Februar das Helloween-Drum Kit vermöbelt, in einem Abstellraum des Halford zum Interview bequem gemacht
haben. Das Ergebnis werdet ihr in der folgenden MAS-Ausgabe begutachten können. Aber selbst durch die
Wände der nun in einem Einkaufszentrum gelegenen Rock-Discothek ist zu hören, dass die jüngste Band des
Abends live mit deutlich mehr Power agiert, als auf dem Album.
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Versuchte fast körperlich den Graben zwischen Bühne und Publikum zu überwinden: der Einheizer des Abends,
Klaus Dirks, der Shouter von Mob rules. |
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Und der Eindruck, den wir dann bei den beiden Schlusstracks des halbstündigen Auftritts gewinnen,
bestätigt die Ferndiagnose. Mit mächtig Spaß in den Backen toben die Süddeutschen – insbesondere
Sänger Klaus Dirks – meist weit über dem Bühnenrand geneigt auf das Publikum zu. Dennoch gelingt es
ihnen weder das bereits im Club versammelte Publikum komplett vor die Bühne zu beordern, noch mehr als
wohlwollenden Höflichkeitsapplaus zu kassieren. Der Fluch einer Band der fünften Generation, die als Opener
für zwei der Gründungsväter des Genres dienen müssen. Dennoch genießt die Band den Auftritt sichtlich und
wird mir als Bereicherung jedes metallischen Festivals oder Tour-Packages in Erinnerung bleiben.
Die Umbaupause vor dem Rage-Auftritt nutze ich für einen kritischen Rundblick im Halford. Denn
am neuen Ort bin ich noch nicht gewesen. Aber die Essentials dieser Location hat man gut transportieren
können. Die an Judas Priest-Cover angelehnten Airbrush-Wandmalereien sind genauso vorhanden wie die als
Burg- und Verließtore gestalteten Durchgänge. Club-Chef Sven Rappold läßt es sich weiterhin nicht nehmen,
persönlich hinter der Theke zu stehen. Und das mit "Rob 2" bedruckte Spieler-T-Shirt ist weiterhin absolut
überflüssig um auf die Ähnlichkeit mit seinem großen Idol hinzuweisen. Vor allem aber ist die Liebe und das
Engagement zum Club sowohl bei ihm, wie bei der Crew ungebrochen. Es gibt wenige Metal-Clubs, die auch
zwei Stunden nach Beginn einer Veranstaltung in allen Bereichen noch so sauber sind, dass man mit Genuß
die nötigen Flüssigkeiten ein- und ausführen kann.
Rage sind die dunkle Macht an diesem Abend. Zu diesem Eindruck trägt sowohl der Sound wie der Bühnenaufbau bei. Rechts
und links ist der hintere Teil der Bühne mit grauen Tüchern verhängt - wohl um das bereits gestellte Helloween-Equipment zu verbergen.
In der Mitte thront Mike Terrana hinter seinem Schlagzeug, das er mit unbarmherzige Präzission und Gewalt bearbeitet. Wenn er sich von hinten
angestrahlt über sein Kit erhebt, wirkt er wie ein düsterer Gewittergott, der sich gleich auf seine Opfer stürzen wird.
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"Keine Atempause. Geschichte wird gemacht." Fast ohne Atempause donnern Rage ihre härtesten Grananten ins
Publikum, das bis in die letzten Reihen am toben ist.
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Rechts agiert Band-Chef Peavy Wagner, der den grandiosen Auftritt seiner mittlerweile auf ein internationales Trio geschrumpften
Traditionsfirma sichtlich genießt. Und dass er seine Truppe in den vergangenen Jahren konstant in immer höhere Ligen geschraubt hat, ist ihm
wohl bewußt. Das Programm besteht im wesentlichen aus Material der beiden letzten Scheiben Unity und Soundchaser, das bei
glasklarem, druckvollem Sound optimal in Szene gesetzt werden kann und Rage einen härteren Akzent als je zuvor verpasst. Mir gefällt
es, aber Kritik von Liebhabern der Alben Missing Link, Lingua mortis oder XIII wäre verständlich. Ob Rage auch ihre
gefühlvoll Seite in der Trio-Besetzung ausspielen können (und wollen) muss die Band in der Zukunft noch unter Beweis stellen.
Zwei Starmusiker an seiner Seite. Das fordert seinen Tribut. Beide Herren melden sich mit nicht zu kurzen Soli zu Wort. Und beide könne
ihre fachliche Klasse natürlich problemlos demonstrieren. Dennoch erlebe ich die Darbeitungen eher als überflüssig. Ich weiß nicht woran es
liegt, aber den Charme und den Esprit, den Hard Rock-Bands der 70er in ihre Soli legen konnten, habe ich im Metal-Bereich noch so gut wie
nicht gefunden. Daher hätte ich statt der Soli lieber noch ein oder zwei ruhigere Stück aus dem Rage-Repertoire gehört. Denn die Feuerzeug-Fraktion wurde an diesem Abend eher stiefmütterlich
bedient. Lediglich bei den Eigangstakten "Set this World on Fire". Nach 60 Minuten war Schluss. Das Publikum war zufrieden, aber
offenbar auch nicht sonderlich erwartungsvoll, was Zugaben anbelangte. Gut, dass keine geplant waren. Angesichts des schnell verebbenden
Applauses hätten sie deplaziert gewirkt.
Trackliste |
01 | Orgy of Destruction | |
02 | War of Worlds | |
03 | Great old Ones | |
04 | Medley: | |
| * Sent by the Devil | |
| * Firestorm | |
05 | Down | |
06 | Solo: Viktor Smolsky | |
07 | Soundchaser | |
08 | Set this World on Fire | |
09 | Solo: Mike Terrana | |
10 | Don't fear the Winter | |
12 | Higher than the Sky | |
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Besetzung |
MikeTerrana - Drums
Victor Smolski - Guitars
Peavy Wagner - Vocals, Bass
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Und dann schlug die Stunden der Herren des Abends? Ganz so kann man das wohl nicht sagen. Helloween waren gut, aber die
Schwächen und Längen traten deutlicher zu Tage, als bei Rage. Zum einen war der Sound deutlicher schlechter; zum anderen gab es eine Reihe
böser
technischer Ausfälle; und last not least produzierten die Kürbisse im Mittelteil ihres Sets ein deutliches Stimmungsloch. Ein Set, der aus drei
klar unterscheidbaren Teilen bestand, die ich mit "Die frühen Jahre", "die jüngere Vergangenheit" und "die Hits" überschreiben würde.
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Erst seit Februar hinter dem Kanninchen-Kit: Stefan Schwarzmann. |
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Schon der Start des Sets unterschied sich grundlegend vom Rage-Auftritt. Die aktuelle Scheibe, die bei Rage den Schwerpunkt bildete,
wurde bei Helloween im regulären Set mit exakt einem(!) Track berücksichtigt. Und auf den mußten die Fans noch etwas warten. Los
ging es mit den ersten beiden Stücken der allerersten Helloween-CD und auch die folgenden gut zwanzig Minuten wurden mit Material
betrieben, das ich wohl schon beim meinem letzten Helloween-Konzert geniessen durfte. Und das war 1988 im Rahmen der "Pumpkins fly
free"-Tour. Aber die Reaktionen des Publikums bewiesen: Das war genau das, was man hören wollte. "Dass `I want out´ fehlte, ist
eigentlich ein Rechtsfall," kommentierte dementsprechend ein entäuschter Fan nach der Show, der diesen ersten Teil sicher in vollen Zügen genossen hatte.
Weiki & Co hatten mit den ersten fünf Tracks, die komplett aus der Debut- und Keeper-Zeit stammten ein Begeisterungsfeuerwerk entzündet,
das seinesgleichen sucht.
"Hey Lord" lautete dann fast flehend der Einstieg in die aktuelleren Alben. Was man "über den Wolken" dazu sagte, ist mir nicht
bekannt, aber von übernatürlichem Beistand war nichts zu merken. Im
Publikum wurde es deutlich kühler. Und das hielt die folgenden drei Tracks, die Material von dem Konzeptalbum Time of the Oath, dem
düstern The dark Ride und dem aktuellen Album Rabbit don't come easy präsentierten, an. Es wurde brav applaudiert. Es verlies
niemand den Ort des Geschehens. Aber die Begeisterung des ersten Drittels war absolut nicht mehr zu spüren. "Schlecht war's nicht" ist das
Beste, was man über diesen Teil sagen kann.
Und dann kam sie wieder, die "Power", die für die Hanseaten kennzeichnend ist. Mit einem Hit-Hattrick wurde das Konzert nicht zu
seinem Höhe-, aber zu seinem Schlußpunkt geführt. Ein Publikum, das feiern wollte, drei Tracks, die mehr oder weniger Selbstläufer sind - da
konnte eigentlich kaum etwas schief gehen. Frenetischer Jubel forderte eine Zugabe, die mit einem Song vom neuen Album auch sofort
gegeben wirde, der eindeutig den Schlußpunkt markierte. Noch ein Riff und noch eine kleiner Lauf über die Felle. Das Ende wurde zelebriert wie
ein nie endendes Feuerwerk. Danach war alles klar. Der Schluß war deutlich genug markiert worden, so dass niemand das finale "How many
Tears", das eigentlich noch auf der Set List stand, einforderte. Vor dem Konzert war noch unklar, ob man das Programm überhaupt
in dieser Länge würde durchführen können, da Michael Weikath bis zu der Halskrause unter Antibiotika stand, um einen beginnenden Infekt in
Schacu zu halten. Davon hat man während des Konzerts allerdings nichts gemerkt. Die immer noch jugendlich, spontan und fast lausbübisch
Wirkende Metal-Pioniere sind nach fast 20 Jahren im Geschäft halt absolute Profis - und Infekt hin, Infekt her. Der kommende Abend dürfte in
Krakau in ähnlicher Weise gefeiert worden sein.
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Trotz Infekt und Antibiotika eine Klasse für sich: Sänger Andi Deris |
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Wenn das Konzert Schwächen hatte, und Helloween nicht als klarer Sieger vor Rage aus dem Saal gingen, lag das nicht an
dem angeschlagenen Weikath. Während die Westdeutschen mit einem durchschlagkräftigen Programm angetreten waren, das durch den
Verzicht auf die melodischen Highlights der Bandgeschichte etwas eindimensional wirkte, haben sich die Nordlichter mit ihrem ungeschickten
Programmaufbau keinen Gefallen getan. Die beiden Auftakt-Oldies am Start hätten genügt. Den Keeper mit seinen beiden follow ups als
Sahnehäubchen vor den Zugaben, hätten einen wohl besseren Spannungsbogen geliefert. Aber genug gemeckert. Bis zum freifliegenden Adler
hatte ich ein derart nostalgisches Grinsen zwischen den Ohren, das alleine die Fahrt ins Halford gelohnt hätte. Bin gespannt, wie die Band in
weiteren 15 Jahren wirkt.
Trackliste |
01 | Starlight | |
02 | Murderer | |
03 | Keeper of the seven Keys | |
04 | Future World | |
05 | Eagle fly free | |
06 | Hey Lord | |
07 | Forever and One | |
08 | If I could fly | |
09 | Back against the Wall | |
10 | Power | |
11 | I can | |
12 | Dr. Stein | |
| * Zugabe * | |
13 | Sun 4 the World | |
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Besetzung |
Andi Deris - Vocals
Michael Weikath - Guitars
Markus Grosskopf - Bass
Sascha Gerstner - Guitars
Stefan Schwarzmann - Drums
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