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Kings Of Psychobilly Festival Part 2 in Speyer, Halle 101, 04.10.03

Das Kings Of Psychobilly Festival Part 2 ist eine angenehme Erfindung um möglichst viele Bands dieses Genres erleben zu können. Billig war das Vergnügen mit 25 Euro jedoch aber nicht. In der großen Halle 101 ist zunächst noch wenig los, doch nach und nach pilgern immer mehr Billys in die Rock'n'roll-Kathedrale. Die Luft wird zunehmen dünner und später werden zwischen den Bands fast alle Besucher die Halle verlassen, um kalte, frische Luft zu schnappen.Es erföffnen Monster Klub aus Frankreich. Eine technisch ganz versierte Band und an diesem Abend auch die einzige, die ohne Kontrabass spielt.. Ihre Einflüsse sind leicht zu erkennen und mit den Meteors auch ganz klar. Im Allgemeinen nicht die eigenständigste Band, aber doch als Einstieg ganz nett anzuhören.

Die zwei Bands, die dann folgen sollten, hätte man sich meiner Meinung nach schenken können. Die Hellbats ebenfalls auch Frankreich sind zunächst noch ganz okay, langweilen mich dann aber von Lied zu Lied immer mehr, wobei man hier zumindest mal nen Kontrabass bewundern durfte.Die britischen Frantic Flintstones sind dann der absolute Gipfel des schlechten Geschmacks. Mit einem Wahnsinns-Getue und silbrigen Mänteln laufen sie ein wie die Könige, spielen dann aber musikalisch schlechten Psychobilly, bei dem sich auch noch eine schlechte Stimme in den Vordergrund drängt. Da hätte man sich locker mal ne Stunde Zeit einsparen können. Eine Band, die ein Lied zwei Mal abbrechen muss (man merke: nicht aus technischen Gründen) hat auf einem Festival mit Bands der Klasse von Nekromantix und Mad Sin meiner Meinung nach nicht viel verloren. Mit den Klingonz dürften die nun zahlreicher gewordenen Freunde des Rock'n'roll die erste richtig gute Band anhören. Mir fallen vor allem starke Country-Einflüsse und auch musikalische Begabung auf, wobei ich durch das Interview mit Nekromantix, das parallel stattfand, nicht besonders viel sagen kann.

Mad Sin darf ich glücklicherweise ganz ansehen. Als erste Überraschung stellt sich Bela B. von den Ärzten als Ansager der Band heraus. Möge man über die Ärzte denken was man will, doch Bela B. stellt hier als Leihsänger und Stimmungsmacher wirklich im Konzertverlauf seine Klasse unter Beweis. Mad Sin's Songauswahl lastet stark auf der aktuellen Scheibe "Survival Of The Sickest", was auf jeden Fall die stärker gewordenen Punkeinflüsse in den Vordergrund stellt. Auch "Anarchy In The UK" und "You Gotta Fight For Your Right To Party" werden an diesem Abend gecovert. Der Band merkt man auch förmlich ihre mittlerweile langjährige Bühnenerfahrung an. Was Show und Performance angeht sind Mad Sin sowieso große Meister, doch auch musikalische können mich die Berliner mitreißen und überzeugen. Vor allem der Kontrabassist mit der stylischen Lichterkette um seinem Instrument und der technisch versierte Gitarrist sind Leckerbissen. Die kräftige Stimme des Sängers wird allerdings am kräftigsten als er sich lautstark mit einem Zuschauer anlegt. Feststeht, dass Mad Sin eine uneingeschränkt sehenswerte Live-Band sind, was auch an der großen Resonanz im Publikum gesehen werden kann. Was die Zuschauerbegeisterung angeht haben sie Nekromantix klar geschlagen.

Nekromantix allerdings halte ich dennoch für die weitaus wichtigere und bessere Band. Eines der besten Konzerte, die ich bisher gesehen hab war eines dieser drei Dänen im Februar diesen Jahres in Lindau. An diese Leistung kommen sie an dem Abend nicht heran. Da stehen vor allem die technischen Probleme mit dem sargförmigen Bass aber auch Kims Stimmprobleme im Weg. Auch wenn Peter, auch ein guter Sänger, mehr Vocals übernimmt, schafft er es nicht ganz diesen Verlust auszugleichen. Aber auch wenn eine übermäßig gute Band wie Nekromantix nicht ihr allerbestes Konzert spielt ist es immer noch ein saugutes. Allein ihr Repertoire an absoluten Knüllern kommt ihnen zu gute. Dies gepaart mit perfekter Instrumentenbeherrschung ist eigentlich allein Garant für ein gutes Konzert. Später spielt Peter auch noch kurz während einem Improvisationsteil "Seven Nation Army" von den White Stripes an. Allgemein sind die Däner in guter Experimentier-Laune was einfach ein großer Wink in Richtung progressivem, zukunftsweisenden Psychobilly ist.

Egon Kirchenbauer