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Nevermore und Arch Enemy am 02.10.2003 live in der Rockfabrik Ludwigsburg

Auf dieser Tour haben die Jungs und Mädels von Century Media-Records ihre wohl hoffnungsvollsten Pferdchen, in Form von Seattle`s Finest NEVERMORE und den Shooting-Stars ARCH ENEMY, ins Rennen geschickt und das hungrige Metalvolk dankte es durch zahlreiches Erscheinen in der kultigen Ludwigsburger Rockfabrik.

Vor dem Konzert dachte ich noch, dass es ziemlich unwürdig für eine Band der Klasse ARCH ENEMY`s ist, ihren Gig ohne einen Supportact als Anheizer zu starten, doch mit dem recht heftigen Opener "Silent Wars", vom aktuellen Album der deutsch-schwedischen Deathmetal-Hopefuls, brachte der Fünfer das Publikum auch aus eigener Kraft ohne Probleme auf eine amtliche Betriebstemperatur.
Schon Wahnsinn, wie zum Beispiel bei "Heart Of Darkness" die Matten in der Zuschauermenge flogen und man die Energie der Band auf der Bühne förmlich spüren konnte. Basser Sharlee D`Angelo flitzte wie ein Irrwisch über die Bretter, während sich das Geschwisterpaar Michael und Christopher Amott die spektakulären Solis, im wahrsten Sinne des Wortes "brüderlich", teilten und ihre erstaunlichen Fähigkeiten in einem fast unglaublichen Tapping-Solo-Duett gipfeln liessen. Ich glaube so mancher durchschnittlicher Hobby-Gitarrist, der Zeuge dieser Aktion war, hat anschliessend sein Instrument vor lauter Verzweiflung nie mehr berührt.
Leider schon recht unglaubwürdig kamen die ultraharten Ansagen, der blonden Frontamazone Angela Gossow herüber, die dieses Manko durch eine ebenfalls sehr engagierte Bühnenperformance wieder locker wettmachte. Wirklich bewundernswert das sich diese Dame in diesem von männlichen Kollegen dominierten Genre einen festen Platz erkämpft hat, was auch jeder Oberproll im Publikum begriff und die berühmten "Ausziehen ! Ausziehen! "-Rufe für sich behielt.
Die Setlist beinhaltete natürlich einen leichten Überschuss der Tracks des neuen Albums "Anthems Of Rebellion", was bei Krachern wie "We Will Rise" und dem grandiosen "Dead Eyes See No Future" nur allzu selbstverständlich war, aber auch Bandklassiker wie "Ravenous" und Songs noch älteren Kalibers fanden ihre Berücksichtigung.
Leider endete die Show von ARCH ENEMY nach etwas mehr als einer Dreiviertelstunde, was man aber im nachhinein auch verstehen konnte, da dies wegen Erkrankung dreier Bandmitglieder plus eines Läusebefalls des Tourbusses (Kein Scherz !!!) ziemlich unerwartet die letzte Show dieses Haufens auf dieser Tour gewesen sein sollte und so konnten wir froh sein die Truppe in Ludwigsburg noch einmal in immernoch sehr starker Form zu Gesicht bekommen zu haben, da auf den weiteren Stationen diverse Special-Guests aus dem Hard&Heavy-Sektor die "Amott-Familenbande und Friends" ersetzten.

Als innnerhalb der Mauern der altehrwürdigen schwäbischen Rockfabrik die ersten Töne des NEVERMORE-Openers "Inside Four Walls" ertönten, kamen bei viele anwesenden Metalfans Gefühle zu Tage, wie als ob das "Fest des rotgekleideten Greises mit dem grossen Geschenkesack" und der "Tag der eierlegenden Playboyhäschen" an einem Datum kollidierte, denn Nevermore stehen heutzutage mehr denn je, trotz eines nicht überall vollends überzeugenden aktuellen Longplayers, für anspruchsvollen, eigenständigen Metal, der es schon seit jeher erfolgreich schafft, dem Stempel mit dem scheusslichen Aufdruck "Kommerz" auszuweichen und ohne irgendwelche Showeffekte live absolut mitreisst.
Für diese Gastspielreise verstärkte man sich musikalisch absolut hochkarätig mit Testament-Klampfer Steve Smyth, der optisch wie der kleine Zwillingsbruder von Frontpsycho Warrel Dane wirkte und für den etatmässigen Gitarrengott Jeff Loomis schon fast mehr als "nur" eine Unterstützung war. Dem ständig den Kontakt zum Publikum suchenden Basser Jim Sheppard bzw. Vokalist Warrel Dane, der wie immer vollkommen in seinen Texten aufging, konnte jedoch niemand die Schau stehlen und diese Power lies auch eine Menge der Zuschauer nicht ruhig unterhalb der Bühne locker, so das man ohne weiteres das Schild "Vorsicht ! Tieffliegende Stagediver" als Warnung für zartbesaitete Konzertbesucher aufstellen hätte können. Aber wir waren ja schliesslich nicht auf einem Manowargig...
Als kleines Salzkörnchen im Zuckerglas musste man leider den extrem basslastigen Sound des Headliners hinnehmen, während jedoch auf der anderen Seite die Setlist so manchen Anhänger des Quartetts aus Seattle Freudentränen in die Augen getrieben haben dürfte. Neben den erwarteten Hits des Überalbums "Dead Heart In A Dead World", bei denen eigentlich nur das stimmungsvolle "Believe In Nothing" vermisst wurde, zauberte man auch einige Songs des in Fankreisen wohl am meisten gepriesenen Nevermore-Longplayers "The Politics Of Ecstasy", sowie den absolut Geflügelhaut prodzierenden Titeltrack der "In Memory"-Scheibe ans (nur noch künstlich scheinbar aufrechterhaltene) Tageslicht. Auch vom damals noch ziemlich brandneuen Werk "Enemies Of Reality", pickte man sich mit z.B. dem Titeltrack, "Never Purify" oder dem ruhigen "Tommorow Turns Into Yesterday", die melodischen Selbstgänger heraus und lies die anderen teils umstrittenen Songs lieber zum Reifen im Keller eingeschlossen.
Für Unterhaltung zwischen bzw. während den angesprochenen Übersongs (absoluter Höhepunkt übrigens "The Heart Collector", das von hunderten Kehlen begeistert mitgegröhlt und durch die ersten paar Takte des Titeltracks vom "Dead Heart.."-Album als Intro(!) eingeleitet wurde) sorgte überwiegend Mr. Dane, der wahlweise mit seiner Frisur kämpfte, sich mit irgendwelchen Stagedivern amüsierte oder manchmal nicht ganz so schlaue Sprüche im Stile von : "Wenn Ihr morgen früh Eurern Eltern erzählt ihr wart auf einem Heavy Metal-Konzert, werden sie das bestimmt nicht toll finden !" (?!*?§"%! - frei nach diversen Asterix-Heftchen) ins Volk warf.
Als Zugaben zockte das momentan zum Fünfer mutierte Quartett mit "Who Decides" und "Engines Of Hate" zwei Stücke neueren Datums, bevor sich der der gepiercte Frontmann der Truppe zu der Äusserung "Ich will zum nächsten Stück das totale Chaos erleben" hinreissen lies. "Totales Chaos ? Konnte der gute Mann haben !" dachte sich eine erstaunliche Menge des Publikums und bevölkerte mit der Band zu den Klängen von der "Cover"-Version von Simon & Garfunkels "The Sound Of Silence" die Bühne. Besonders schadenfrohe Gemüter dürften sich wohl köstlich darüber amüsiert haben, das trotz des aus eben beschreibenen Umstandes lichter werdenen Publikums, ein paar Nasen immer noch den Drang verspürten zu "stagediven" und deshalb mangels fehlender Retter zumeist auf dem harten Boden der Tatsachen landeten.

Diesen spürten wir übrigens auch, als wir bei der Rückfahrt ca. zwei Stunden mitten in der Nacht im Stau standen, doch dieses starke Konzert sowie eine ziemlich abgedrehte Stauparty entschädigte uns mehr als genug für diesen Umstand. Aber dies ist eine andere Geschichte... 

Manuel Liebler