Musik an sich


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Elliott - letztes Europa-Konzert vor dem Split (Karlsruhe, Gotec, 12.10.03)

Elliott, eine Band, die eigentlich jetzt endlich ihre langverdiente Chance hätten im Boom von Emo, aber auch im Sog vom Erfolg von Bands wie Sigur Rós oder Mogwai mitzuschwimmen, haben sich aufgelöst. Elliott ist nicht die normale Emo-Gruppe, sie sind fragiler, durchdachter, gefühlvoller, musikalisch versierter und ganz einfach besser.

Doch zunächst mal zur ersten Vorgruppe. Gerade dachte ich noch, ich hätte den Namen vergessen, doch 
Maryann's Kitchen geht mir nicht aus dem Kopf. Selten habe ich solch ein so freche Plagiat einer Band gesehen. Die Rastatter sind eine schlechte 1:1 Kopie eines Teiles von Boysetsfire. Teils ganze Melodien werden da geklaut, dass es doch weit über Mundraub hinausgeht. Sicher ist die Stimme ganz gut und auch die Instrumente nicht schlecht, doch so wenig Eigenständigkeit paart sich eben auswegslos mit mangelnder Glaubwürdigkeit. Da ist einfach keine Ausstrahlung zu erkennen.Naja, zum Glück sind die Cornflames eine sehr erfrischende Entdeckung an diesem Abend. Der Vierer aus Belgien macht Emo und erinnert teilweise an Hot Water Music, bleibt aber stets sehr treibend und druckvoll. Sie wirken für mich wie eine dieser Bands, die wissen, nie die beste Band der Welt zu werden, aber trotzdem einfach eine Menge Spaß mit der Musik verbinden. Die Cornflames vermitteln mit ihren eingängigen Melodien und teils 
immer wieder überraschenden Gitarrenparts ein sehr positives Gefühl. Besonders die beiden Stimmen wirken sehr gut auf einander abgestimmt. Als letztes entschlüsseln sie ganz sympathisch offen noch einen anderen Einfluss ihrer Musik, der sowieso nicht allzu fern lag: sie covern Texas Is The Reason. Nun sind endlich Elliott dran. Die ganze Zeit während dem Konzert habe ich den Gedanken, wie schade es doch ist, dass diese Band sich auflöst. Die äußerst kreativen Ideen des Gitarristen hätten mich wohl noch Stunden fesseln können. Der Drummer drängt sich wenig auf, ohne dabei in den Hintergrund zu verschwinden. Irgenwie passt alles ganz perfekt zusammen – bis auf die Samples. Der Mann, der sonst die Samples bedient ist leider krank, deshalb bleibt die ganz Maschine auch einmal hängen und ein Song muss abgebrochen werden. Schade aber im Allgemeinen, dass eine derart tolle und musikalisch ausgefeilte Band nie die Chance hatte echte Pianisten, Orgelspieler, Streicher, usw. mit auf Tour zu nehmen. Schade, dass finanzielle Einschränkungen es erzwängen Musik von Band mitlaufen lassen zu müssen, wobei dies wiederum auch eine musikalische Herausforderung ist. Schade auch, dass Mr. Hidgon auch etwas erkältet ist und seine Ausnahmestimme nicht ganz in der möglichen Verfassung ist. Aber auch wenn die Stimme dieses mal nicht über den Instrumenten schwebt sondern ihnen mehr Raum lässt ist das nicht so schlimm, sondern einfach auf eine andere Art interessant. Die sphärischen Klänge geben mir ein sehr geborgenes Gefühl und lassen mich diese Zeit als Glück empfinden. Ganz besonders schön sind die neuen Songs, die noch vorgestellt werden. Für mich die schönsten, was es noch mal trauriger macht, da diese noch ein wahnsinnig gutes Album hergegeben hätten. Wieso es trotz der Trennung noch neue Songs gibt verstehe ich nicht, ist mir aber in dem Moment des Genusses aber auch egal. Schade, dass sie gehen, es bleiben drei silberne Scheiben und eine verblassende Erinnerung...

Kevin Kirchenbauer