Etwas über ein Jahr ist es nun her, das wir mit J.B.O am Rande ihres Gigs in
Helmstadt ein lustiges Frage&Antwort-Spielchen veranstalteten. In der
Zwischenzeit hat sich im Camp der "Rosaroten Armee Fraktion" jedoch eine Menge
getan. Zwei neue Bandmitglieder sind fest integriert, ein neues Album rollte die
deutschen Charts fast von hinten auf und eine neue Tour steht an. Also griff
euer Steeldragon Manuel mal zum Hörer und lies es in Erlangen bei
Sänger/Gitarrist Vito durchklingeln um ihm ein paar interessante Antworten zu entlocken.
MAS:
Servus Vito! Eure neue CD "Rosa Armee Fraktion" erinnert textlich und
vor allem musikalisch gesehen, stark an die früheren J.B.O-Werke "Explizite
Lyrik" und "Laut". Es wird wieder mehr gerockt, statt mit aktuellen Popklängen
experimentiert und die kleine Heinz-Rühmann-Hommage könnte fast als
Kuschelmetal Teil II durchgehen. Ist dieser Schritt zurück in die Zukunft geplant
gewesen oder hat es sich erst beim Songwriting in diese Richtung entwickelt ?
Vito:
Gleicheinmal vorneweg, wir machen solche Geschichten niemals aus einem
Kalkül heraus. Wir haben Ideen zu Songs, die schreiben wir dann und wenn das
Teil dann fertig ist sehen wir auch in welche Richtung das Ganze geht. Das
es eher in eine frühere Richtung geht finde ich eigentlich überhaupt nicht.
Das sind so Behauptungen die der eine Kritiker mal aufstellt und der andere
wiedermal nicht. Ich finde das "Rosa Armee Fraktion" etwas ganz Neues ist und
mir gefällt das Album persönlich auch sehr. Aber Schritte in bestimmte
Richtungen werden bei uns nie kalkuliert vorgenommen.
MAS:
Aber die Stücke "Bums, Bums, Bums" oder "Eins, Zwei, Drei" auf eurer
letzten CD entsprachen schon sehr dem Zeitgeist wegen Latino-Pop und
Dancefloor-Einflüssen.
Vito:
Überhaupt nicht. Ich finde das ist ein totaler Blödsinn. Wir haben
solche Dinge im Grunde nur hergenommen und haben sie parodiert. Dabei sind wir
natürlich auch ein bisschen in diese Richtung gegangen, aber nie ohne auf z.B.
Metalgitarren zu verzichten. Aber wer meint wir hätten da kalkuliert
Popnummern geschrieben nur um Hits zu landen, hat J.B.O. nicht verstanden.
MAS:
Nun gut, jetzt eine Frage die Dir bestimmt schon x-mal in der
Promotion zu eurer neuen Scheibe gestellt worden ist. Die Neu-JBO`ler Ralph und
Wolfram waren ja das erste mal in dem Produktionsprozess eines JBO-Longplayers
beteiligt. Wie gross ist der Einfluss eurer zwei neuen Recken auf dem Album ?
Vito:
Sie haben sich auf in den Produktionsprozess in ganz anderer Art und
Weise eingebracht wie es Holmer und Schmitti damals gemacht haben und es war
auf jeden Fall eine wesentlich interessantere Zusammenarbeit. Beim Songwriting
haben sie zum Beispiel auch schon mitgewirkt, was man zum Beispiel an der
Nummer "Ich lebe für Schafskäse" sehen kann, die nur von Ralph geschrieben
wurde und von uns dann praktisch übernommen bzw. weiter verfeinert wurde. Man
kann daran schon sehen das da ganz anders rangegangen worden ist, da wir die
ganze Zeit zu Fünft waren, also die Band plus Christoph unseren Produzenten, der
ja auch ganz wichtig ist und das ist eine ganz andere Sache als wenn man wie
früher zu dritt war und nur hin und wieder da zwei weitere Personen
dazugekommen sind. Ich will damit aber auch nicht auf unsere ehemaligen Kollegen
herumhacken, weil es im Grunde eine gewachsene Struktur gewesen ist, die sich
einfach so entwickelt hat. Das ist keine bösartige Kritik, sondern nur eine
Feststellung der Tatsachen.
MAS:
Der Hammer gönnte JBO vor kurzer Zeit sogar eine Titelstory und der
aktuelle Output von euch stieg wieder von 0 auf 13 in die deutschen Charts ein.
Aus den Reaktionen auf diese Umstände und den Wertungen der einzelnen Mags
im Soundcheck, kann man deutlich sehen das JBO die Metalwelt in fast schon
Manowar-artigen Zuständen polarisiert. Ein Teil der Fans und Medien finden euch
genial und der andere Teil einfach nur blöde, wie man zum Beispiel an den
Soundcheckbewertungen für die neue CD sehen kann. Warum glaubst du ist das so
und was ist Deine Meinung zur anscheinend fehlenden Toleranz bei den Fans der
härteren Rockmusik ?
Vito:
Warum das so ist weiss ich leider selber nicht. Wir ziehen einfach
unser Ding durch und ich möchte den Herren Kritiker zum Beispiel im "Hammer"
wirklich nicht unterstellen das sie sich unsere neue CD nicht angehört haben,
aber es gibt da einfach vorgefertigte Meinungen und es gibt Menschen die wollen
von so einer vorgefertigten Meinung nicht runter. Wo ich noch jung war
(lacht) und AC/DC zu ihren Anfangstagen mit "Highway to Hell" etc. sehr
erfolgreich waren, war die Gruppe in meinem Freundeskreis verpönt, weil das Ganze
einfach zu prollig war. Erst als ich über 20 war, habe ich AC/DC für mich entdeckt
und habe gemerkt was das für eine wahnsinnig geile Band ist. Das war jetzt
nur eine kleine Anekdote wo ich selber beteiligt war, aber so ähnlich könnten
das auch auf uns zutreffen. Man hört zwar ab und zu Musik der jeweiligen
Gruppe, doch man lässt es einfach nicht an sich heran, da man von seinem
Statement einfach nicht abrücken will.
MAS:
In einem aktuellen Interview hast du erzählt das du nebenbei noch zum
Spass in einer Rockband zockst. Ist dies wie man in Franken so schön sagt
eine Beatabend bzw Coverband oder spielt ihr eigene Stücke ?
Vito:
Mit einer Beatabendband hat das Ganze auf jeden Fall gar nichts zu
tun. Es könnte zwar sein das wir das ein oder andere Cover spielen, aber wir
machen hauptsächlich eigene Stücke und wären wohl nicht für eine
Beatabendveranstaltung geeignet.
MAS:
Zu der aktuellen CD "Rosa Armee Fraktion" steht ja bald die
dazugehörige Tour an. Habt ihr, nachdem ihr auf den grossen Open Airs, wie dem With
Full Force und Wacken, so abgeräumt habt, spezielle Erwartungen an diese
Gastspielreise und kannst Du den Fans einen kleinen Vorgeschmack geben, was sie da
so erwartet ?
Vito:
Wacken war wirklich genial diesesmal und hat ne Menge Spass gemacht.
Aber letztendlich sind diese Auftritte auf den Festivals nicht ein Ding was
die Erwartung auf eine eigene Tour steigert oder mindert. Die Touren laufen
schon seit langer Zeit sehr gut und die letzte Tour war die erfolgreichste der
J.B.O-Geschichte, was aber im krassen Gegensatz dazu steht, wie sich die
Verkaufszahlen von den CD`s allgemein reduzieren. Es ist wirklich der Wahnsinn.
Wir sind im Moment mit dieser CD auf Platz 13 der deutschen Charts und das
waren wir mit der letzten CD auch, aber man muss sehen das die Stückzahlen die
heute zu einem Platz 13 reichen wirklich wesentlich geringer sind als noch vor
zwei Jahren. Das ist eine ganz schlimme Entwicklung, die verherrende
Resultate mit sich bringen wird und auch wir uns Produktionen, wie wir sie gemacht
haben, nicht mehr leisten können. Schade is dies, da wir heftige Detailarbeiter
sind und z.B. ganze zwei Tage Schlagzeugsoundcheck gemacht haben nur um den
optimalsten Sound zu erreichen. Auch das man weit wegfährt und die Zeit in
der Produktion gemeinsam verbringt, trägt viel zum positiven Ergebnis bei, ist
aber auch sehr teuer. Ich bin mir sicher das wir auch in Zukunft keinen Müll
abliefern werden, dann lassen wir es lieber gleich bleiben, aber solche
Produktionen wie in der Vergangenheit bleiben dann einfach unbezahlbar. Traurig
ist ja das der Zuspruch der Leute nicht geringer wird, den die Touren sprechen
ja für sich. Auf der anderen Seite höre ich das die CD`s unglaublich teuer
sind, dabei sind die Silberscheiben in den letzten paar Jahren im Preis nicht
relevant gestiegen, im Gegensatz z.B. zu Büchern, die doppelt so teuer
geworden sind und da beschwert sich keiner über den Preis. Vergleiche doch einfach
mal die Produktions bzw. Herstellungskosten eines Buches und einer CD ! Das
Verständnis der Leute ist leider kaum vorhanden und es herrscht die allgemeine
Meinung: CD`s sind zu teuer, da brenn ich mir das Teil lieber. Mich ärgert
einfach das fehlende Bewusstsein der Menschen, den das Brennen von CD´s ist
konkreter Diebstahl, da ich mir Musik kostenlos aneigne, die vorher teuer
produziert wurde. Ich geh ja auch nicht einfach in den Laden und klau mir
irgendetwas.
MAS:
Aber das gilt ja nicht für alle, den schliesslich habt ihr den hohen
Charteinsteig euren vielen sogenannten "Die-Hard"-Fans zu verdanken, denen ein
nettes Booklet und Cover doch lieber ist als so ein beschriebener Rohling.
Vito
: Sicher, die "Die-Hard"-Fans von J.B.O sind etwas auf das man bauen und
sich zu 100% verlassen kann. Das ist klar und wir sind total froh das so
eine Basis vorhanden ist, die wie du sagst für den hohen Einstieg verantwortlich
ist, da sie sich gleich in der ersten Woche in den Laden rennen und unsere
neue Scheibe kaufen.
MAS:
Weil wir gerade vom Wacken Open Air reden. Dieses Jahr hat man sowohl
von Bands als auch den Fans nicht allzuviel Gutes über dieses Event gehört.
Was habt ihr so von den teilweise chaotischen Verhältnissen mitbekommen.
Vito:
Da wir in Wacken jede Menge um die Ohren hatten, wie zum Beispiel eine
Pre-Listening-Session unserer neuen CD für die Presse, haben wir nicht
allzuviel davon mitbekommen. Im allgemeinen ist es so das einige Dinge für einen
Festivalauftritt sprechen und andere wiederrum dagegen. Es ist halt ein
wahnsinnig geiles Bild vor so einer Masse von Leuten zu spielen obwohl man dabei
nicht gerade reich wird. Aber ein Festival erfordert besondere Umstände und wir
bzw. die Bands die darüber meckern, haben bestimmt schon auf Events mit
schlechteren äusseren Umständen als dem diesjährigen Wacken Open Air gespielt.
Auf Festivals gibt man seine Visitenkarte ab, hat Spass und versucht vielleicht
ein paar neue Fans für sich zu gewinnen. Das ist alles.
MAS:
Bei den heutigen J.B.O-Konzerten wird ja sehr viel Wert darauf gelegt
einzelne Songs auch visuell mit bestimmten Show-Einlagen umzusetzen. War dies
bei euren ersten Auftritten genauso oder hat sich das erst mit der Zeit
entwickelt ?
Vito:
Bei unseren ersten Shows war das Ganze noch wesentlich wichtiger, da
die ersten Auftritte musikalisch derart diletantisch waren, das es im Grunde
kaum auszuhalten war. Dies war den Leuten jedoch relativ egal, weil die Show
irgendwie gepasst hat. Wir haben von Anfang an darauf geschissen was
irgendjemand über uns erzählt, stellten uns einfach auf die Bühne und haben losgelegt.
Im Grunde haben wir vor dem allerersten Auftritt genau fünfmal geprobt und
du weisst das andere Bands erstmal zweieinhalb Jahre im Proberaum stehen bevor
sie sich auf die Bühne wagen. Doch uns war das total wurscht. Wir haben
einfach auf die Pauke gehauen und haben nur Blödsinn gemacht, was damals noch
viel mehr ins kaberetistische ging als heutzutage. Dies ist aktuell nicht mehr
so der Fall, weil wir einfach mehr Musik machen und den Leuten auch in
musikalischer Richtung etwas bieten wollen.
MAS:
Es ist bestimmt nicht einfach als Supportact vor JBO zu spielen,
obwohl sich, wie man auch eurem Sampler "...und Spass dabei" entnehmen kann, jede
Menge unentdeckte Schätze unter euren sogenannten Vorgruppen befinden. Auch
diesmal eröffnen regionalbedingt diverse, stilistisch völlig unterschiedliche
Bands für die "Verteidiger des Blödsinns". Sucht ihr euch diese Gruppen
selbst aus oder überlasst ihr das eurem Label bzw. dem jeweiligen Veranstalter und
welche Erfahrungen habt ihr gemacht, welche Bands man vor JBO lieber nicht
spielen lassen sollte.
Vito:
Ja, unsere Supportacts suchen wir uns grundsätzlich immer selber aus.
Wer in unserem Vorprogramm völlig versagt hat war Mambo Kurt, was ich total
schade fand, da ich ihn im Grunde eigentlich schon ganz witzig finde. Es kommt
immer auf die Bands selber an. Sie müssen wollen und wenn dies nicht Fall
ist, sollen sie es von vorneweg am Besten gleich bleiben lassen. Ein
J.B.O-Publikum will das man mit ihm redet und mit ihm umgeht. Wenn jemand also arrogant
auf der Bühne steht oder sogar versucht gegen das Publikum zu arbeiten,
kommt nichts dabei raus. Aber es ist bei jeder Band anders. Manchmal kommen
Truppen total gut an, von denen man es eigentlich gar nicht im vorraus erwartet
hat und man prinzipiell keine Regel ziehen kann aus welchen Genres man Bands
für uns eröffnen lassen sollte.
MAS:
Da ihr sehr viele bekannte Stücke in einer JBO-Version präsentiert,
wäre es interessant zu erfahren ob sich der Rechteinhaber des jeweiligen Songs
an Euch eine goldene Nase verdient oder ob ein einfaches Ok genügt, das Stück
als eigene Version nachzuspielen.
Vito:
Wenn wir ein Lied umtexten, dann genügt zwar das einfache OK des
Rechteinhabers, wenn es sich aber gut verkauft, verdient er sich trotzdem eine
goldene Nase daran. Wir müssen im Grunde nicht im Vorfeld dafür bezahlen um eine
Genehmigung zu bekommen, sondern es läuft auf einer anderen Basis. Wir
bekommen also das OK, dann produzieren wir das Stück und es ist ja im Grunde so
das die Plattenfirma immer proportional zu den Verkaufszahlen Kohle für eine CD
an die GEMA abdrücken muss. Wenn wir also selbst diesen Song geschrieben
haben, bekommen wir als Künstler die GEMA-Gebühr wieder raus. Wenn diesen Song
jetzt aber jemand anderes geschrieben hat, bekommt diese GEMA-Kohle der andere
Künstler, der den Song geschrieben hat. Selbst wenn wir das Lied umgetextet
haben, bekommen wir für den Text kein Urhebergeld, da wir durch das OK
unseren Text dem Orginalverlag zustellen. Das ist der Deal.
MAS:
Wie sind eigentlich die Begründungen wenn so eine Anfrage von euch,
seitens des Orginalverlages abgelehnt wird ?
Vito:
Da gibt es leider gar keine Begründungen, da sie es auch nicht
begründen müssen.
MAS:
So, das war dann auch für heute. Danke fürs Interview und wir sehen
uns dann in Bad Rappenau zu eurem Tourauftakt.
Vito:
Gern geschehen. Bis denne !
Manuel Liebler