Ohne mich als beinharter Fan outen zu wollen, gebe ich gern zu, dass die drei bisherigen Rhapsody-Scheiben (sowie die Turilli-Solo-Scheiblette) zu den CDs gehören, die mir in den letzten Jahren am meisten Spaß gemacht haben. "Rain.." aber hat eine gute halbe Stunde lang Mühe gehabt, meine Gedanken vom PC-Bildschirm abzulenken. Irgendwie kommt einem alles doch recht bekannt war. Man fragt sich gelegentlich, ob man nicht vielleicht eine der älteren CDs in die Rotation geschoben hat. Selbst die weibliche Stimme bei "Queen of the dark Horizons" klingt vertraut, wenn auch nicht von Rhapsody. Offenbar weiß Nightwishs Tarja auch in Italien zu gefallen.
In gewisser Hinsicht nähern sich Rhapsody mehr und mehr AC/DC und Motörhead an. Jedes Album gleicht dem Vorgänger bis auf mehrere Stellen hinter dem Komma. Bei allen drei Bands bedeutet das konstant gleichbleibend hohe Qualität, allerdings ohne jeden Innovation. Und ich glaube nicht, dass der "Hollywood Epic Metal" die gleiche Zeitlosigkeit hat, wie der rotzige Rock´n´Roll von Lemmy und Co.
Aber es sind durchaus Silberstreifen am Horizont zu erkennen. Die letzten 10 Minuten der CD gehören "The Wizards last Rhymes" und hier hat man sich ein wenig vom Opern- und Operetten-Bombast gelöst und an anderer Stelle ins Klassikregal gegriffen. Dvoráks "Symphonie aus der Neuen Welt" hat Inspirationen und zitierbare Passagen für ein etwas weniger übersüßtes Werk geliefert, als man es von Rhaspody bislang gewohnt ist. Das Ergebnis klingt immer noch majestätisch, aber erheblich bodenständiger. Etwas überspitzt formuliert, könnte man so formulieren. Es ist Rhapsody gelungen von Hollywood-Theaterdonner zum echten Gefühl voran zu schreiten. Die powernden Metal Passagen erinnern dabei gelegentlich an Angra und Royal Hunt. Weiter so!
Trotz der Spielzeit von 42 Minuten gilt die neue Scheibe im Rhapsody-Lager übrigens nicht als Fulltime-CD. Sie wird als Überbrückung zum neuen Album gewertet und entsprechend zum Nice Price in die Regale gestellt. Inhaltlich gehört auch "Rain..." zur Emerald Sword-Saga", die mit dem für Anfang 2002 angekündigten Album abgeschlossen werden soll.
Norbert von Fransecky
16 von 20 Punkten