Ein geniales Heavy-Metal-Multi-Kulti-Package haben uns da Kai Hansen und
seine Mannen geschnürt. Neben den in unseren Gefilden beheimateten Headliner
Gamma Ray, durften die finnischen Shootingstars Sonata Arctica und die
Australier von Vanishing Point den Fans in der Stadthalle Langen bei Frankfurt
ordentlich einheizen.
Den Beginn machten die Jungs aus dem Känguruhland, die genau
30 Minuten Zeit hatten um auf sich aufmerksam zu machen. Die sympathische
Truppe vom fünften Kontinent machte ihren Job mehr als gut und überzeugte mit
ihrem melodischen Powermetal voll und ganz. Die Menge honorierte den Auftritt
mit einem für eine Vorgruppe ungewöhnlich starken Applaus und der
Gitarrist zeigte sich davon so beeindruckt, das er in der Umbauphase für Sonata
Artica nur mit seinen Boxershorts bekleidet über die Bühne hüpfte. Ob er da
wohl eine Wette verloren hatte, seine exibitionistischen Neigungen auslebte
oder einfach nur so begeistert über die Publikumsressonanz war ist trotz
aufreibender Recherchen nicht genau bekannt.
Mit dem Orginalintro ihrer neuen CD "Silence" begann der Gig einer der
zukunftträchtigsten Metalkapellen überhaupt. Leider herrschte beim ersten Song
"Weballergy" das reinste Chaos auf der Bühne, da das Mikro dem Sänger der Finnen
den Dienst verweigerte und auch die Gitarre kaum zu hören war. Diese
Probleme konnten jedoch bald behoben werden und die Band spielte sich in einen
wahren Rausch. Was der mit einer rotgefärbten Mähne ausgestatte Gitarrero Jani
Liimatainen so mit seinem Instrument anstellte, sorgte für offene Münder unter
den Hobbyklampfern im Publikum und seine "Duelle" mit dem Keyboarder Mikko
Harkin waren ein absoluter Genuss. Eine Sonata-Show lebt von dem Zusammenspiel
der balladesken und der schnelleren Momente in den Songs und dies wurde
vorzüglich umgesetzt. Zwar konnte der Sänger mit dem genialen Namen Toni Kakko(!)
nicht so überzeugen wie auf den Longplayern der Band, was man vor allem bei
Liedern neueren Schlages, wie der Single "Wolf & Raven" hörte, aber dies machte
er durch entsprechende Gestik zu den jeweiligen Songs (vor allem bei "The
End of this Chapter") und humoristischen Einlagen, wie seiner ca. einminütigen
Ansage auf Finnisch, wieder wett. Der Anteil der neuen Songs war natürlich
höher, aber auch drei Titel des ersten Longplayers wurden der Menge
präsentiert. Zugaberufe, die wegen des Zeitplans leider nicht erfüllt werden konnten und
ein tosender Applaus entlohnte die Männer aus dem Land der Elche für diesen
guten Auftritt, die sich mehr als einmal vor den teilweise neu dazugewonnenen
Fans verbeugen mussten.
Für den Headliner Gamma Ray wurde das erstemal an diesem Abend, das triste
Bühnenbild verändert und neben dem Look der neuen CD "No world order" durfte
man noch einen leuchtenden Gamma Ray-Schriftzug und eine orginell verzierte
Bassdrum bewundern. Als die Nordlichter dann die Bühne stürmten sah man
teilweise verdutzte Gesichter unter den fachkundigen Besucher, den dieses sehr
bekannte Lockenköpfchen an der Bassgitarre sah nicht im entferntesten so aus wie
der etatmässige Basser Dirk Schlächter. Mastermind Kai Hansen kommentierte
das ganze nach den Eröffnungssongs "Dethrone Tyranny" und "New World Order" vom
neuen Album mit folgenden Worten: "Ihr fragt euch sicher nicht, wer um
Himmels Willen ist der Typ am Bass da wohl, sondern was um alles in der Welt macht
Helloween Basser Markus Grosskopf bei Gamma Ray ?" Des Rätsels Lösung ist
ziemlich einfach, denn Gamma Ray Basser Dirk Schlächter hatte einen Unfall und
seine Kräfte reichen nur für die Hälfte des Gigs und so wurde Kürbiskopf
Grosskopf eingebunden. Der Sound an diesem Tag war leider nicht 100 prozentig, da
sich Bass und Gitarrenspuren zu sehr zu einem Brei vermischten, dafür
entschädigte aber die ganz gelunge Songauswahl und einige witzige Ansagen von Hansen
im Stile von "Was ist klein und kann nicht fliegen ?" mit dem er den Song
"Eagle" (man beachte die Ausprache !) vom neuen Album ankündigte. Als
Schlächter dann die Bühne bestieg wurde er mit fast Fussballstadionartigen "Dirk
Schlächter"-Rufen abgefeiert und er dankte den Fans mit einer souveränen
Performance, bei der man nix von seinem Weh-Wehchen bemerkte. Ich möchte nicht wissen
wie er sich nach dem Gig gefühlt hat.
Beim offiziell letzten Song des Abend,
einer überlangen Version von "Somewhere out in Space", kam sogar das
Maskottchen der Band auf die Bühne und feuerte die anwesende Metalgemeinde mit "Sing
for me"-Sprüchen an, tanzte und gab Hansen seine fünf Fingerchen, was auf eine
gewisse Art unfreiwillig megakomisch war. Im Zugabenblock hatten sich der
Fünfer (inklusive Keyboarder von Vanishing Point) neben "Valley of the Kings"
noch etwas besonderes ausgedacht, den der laut Hansens "Alptraum eines jeden
Gitarristen" setzte ein und den Fans wurde noch eine spezielle Version des
Helloween-Gassenhauers "Future World" mit Schlächter als auch Grosskopf am Bass
spendiert. Nach diesem Bonbon verabschiedeten sich die Protagonisten des
Abends unter jeder Menge Applaus von den begeisterten Zuschauern und ein absolut
kurzweiliger Metal-Abend ging zu Ende.
Manuel Liebler