Pentagram

Curious Volume


Info
Musikrichtung: Doom Metal

VÖ: 28.08.2015

(Peaceville)

Gesamtspielzeit: 42:12

Internet:

http://www.pentagramusa.com


Über einen älteren Cousin lernte der Damals-Noch-Nicht-Rezensent in den frühen Neunzigern Black Sabbath kennen und schätzen, kurze Zeit darauf entdeckte er in Eigenregie Candlemass für sich, und seither ist er dem traditionell geprägten Doom Metal sehr zugetan. So blieb es naturgemäß nicht aus, dass ihm auch der Bandname Pentagram gelegentlich über den Weg lief – kurioserweise waren aber über lange Zeit alle Pentagram-Scheiben, die hier in der Kollektion landeten, solche der türkischen Pentagram (siehe diverse Rezensionen auf www.crossover-netzwerk.de), während Curious Volume nun, reichlich viereinhalb Jahrzehnte nach Bandgründung, den ersten akustischen Kontakt mit den amerikanischen Pentagram markiert.
Curious Volume ist zum Rezensionszeitpunkt auch schon wieder drei Jahre alt, stellt allerdings nach wie vor den aktuellsten Release der Formation dar, die in der zurückliegenden Dekade endlich die Früchte ihrer jahrzehntelangen Arbeit zu ernten begann, da Sänger/Bandkopf Bobby Liebling es im wiederholten Anlauf endlich geschafft zu haben schien, sich dem Substanzmißbrauch zu entziehen. Auch nach dem Albumrelease lief geraume Zeit alles gut, unglücklicherweise kam es aber zu einem Rückfall oder, wenn man so will, zu einem anderen Problem: Der Sänger geriet in Konflikt mit seiner 91(!)-jährigen Mutter und infolgedessen mit dem Gesetz, und zum Rezensionszeitpunkt sitzt er hinter schwedischen Gardinen, während Pentagram zunächst ohne ihn in Triobesetzung weiterzumachen versuchen, mit Gitarrist Victor Griffin auch am Frontmikrofon, was für diesen kein größeres Problem darstellen dürfte, ist er diese Doppelbelastung doch auch von seinem Nebenprojekt Place Of Skulls gewohnt.
Hört man sich Curious Volume ohne rosarote Fanbrille an, so wäre man fast versucht zu konstatieren, dass das vielleicht sogar die bessere Lösung für die Band darstellt: Lieblings Gesang bildet klar das schwächste Glied der Kette – Griffin wiederum konnte, als ihn der Rezensent am 16.09.2006 mit Place Of Skulls live erlebte (siehe Rezension auf www.crossover-netzwerk.de), vokal durchgehend überzeugen. Zwar bleibt der Unsicherheitsfaktor, wie sich seine Stimme im seither vergangenen reichlichen Jahrzehnt entwickelt hat, aber Lieblings Leistung auf dem Albummaterial zu übertreffen dürfte ihm nicht sonderlich schwerfallen. Liebling hört man sein Alter mittlerweile deutlich an: begrenzter Stimmumfang, Tontreffschwächen und eine gewisse Ausdrucksschwäche, das sind alles keine Pluspunkte für den Gesang, und nur hier und da hört man eine eindringlichere Passage, die ahnen läßt, dass da früher mehr ging, wenngleich Direktvergleiche dem Rezensenten aus eingangs genannten Gründen nicht möglich sind. Zwar verlangt das Songmaterial keineswegs durchgehend eine technisch saubere Stimme, das appellierende Finale von „Misunderstood“, die tieferen Passagen in „The Devil’s Playground“ und das entrückte Flüstern in den Strophen des Titeltracks beispielsweise besitzen durchaus Charme, aber andererseits wird es schon seine Gründe gehabt haben, warum Mixer Mattias Nilsson die Stimme ein Stück weit in den Hintergrund gestellt hat.
Im Vordergrund steht statt dessen Griffins Gitarrenspiel – und das zu Recht. Zwar würde man sich das eine oder andere Riff ein wenig markanter ausgearbeitet wünschen, aber Nummern wie „Dead Bury Dead“ zeigen, was der Sechssaitenmann in diesem Areal zu leisten imstande ist. Soli setzt er eher sparsam ein, aber wenn er’s tut, dann wissen auch diese zu überzeugen, und dass er auf der Bühne in der Lage sein muß, das Ganze alleine umzusetzen, ist ihm natürlich bewußt – die allermeisten der musikalischen Vorbilder, allen voran Black Sabbath selbst, arbeiteten ja auch nur mit einer Gitarre.
Stichwort Vorbilder: Wenn man mal außer acht läßt, dass Pentagram als Traditionspfleger des Siebziger-Doom-Metals klassischer Prägung für viele „jüngere“ Bands selber ein solches darstellen, leben natürlich auch sie nicht im luft- und musikleeren Raum. In Lieblings Danksagung kommt nur eine einzige Band vor, nämlich Blue Cheer, während man hier und da logischerweise auch Black Sabbath um die Ecke lugen sieht bzw. hört. Die Songwritingfraktion macht aber auch den Ursprung des Heavy Metal im Blues deutlich, wenn etwa gleich das zweitplazierte „The Tempter Push“ klassische Bluesschemata verarbeitet. Drummer Pete Campbell, als einziger des Quartetts nicht als Mitsongwriter genannt (dafür ist noch je ein Song am Start, an dem die Ex-Mitglieder Greg Mayne und Geof O’Keefe mitgeschrieben haben), gönnt sich bisweilen Ausflüge in metaluntypische Rhythmusfiguren, aber selbst die halftimeartigen Drums in „Sufferin‘“ sind so organisch unters Solo gelegt, dass der Doom-Traditionalist nicht ins Stolpern geraten dürfte. Bassist Greg Turley hält den Laden gekonnt zusammen, übrigens auch als Co-Produzent. Wer dafür hauptverantwortlich zeichnet, dass Curious Volume ziemlich kompakt daherkommt, läßt sich trotzdem nicht eindeutig determinieren – mit elf Songs landet das Album nur bei 42 Minuten Spielzeit, und die zweimal zutagetretende Maximallänge von reichlich viereinhalb Minuten ist auch so ganz und gar doomuntypisch. Freilich reihen sich Pentagram da durchaus in die Folge ihrer „Jünger“ ein, unter denen es ja auch diverse Freunde kompakter Inszenierungen gibt (siehe Review zu Sacred Ground von The Obsessed auf diesen Seiten), und zudem darf man nicht dem Trugschluß unterliegen, Doom und langsames Spieltempo seien synonym zu betrachten – für Freunde des absoluten Geschleiches bietet Curious Volume auch dann wenig, wenn man es bis zu einer kuriosen Lautstärke aufdreht. Der Titel entstammt übrigens Poes The Raven, woraus sich die Wahl des Covervogels erklärt, auch wenn der mit ein paar elektronischen Zusatzfeatures ausgestattet wurde. Analogien dazu in der Musik findet man freilich nicht – Curious Volume hätte in der gleichen Form (okay, nicht als CD im Digipack) auch schon in den Siebzigern erscheinen können, und so bliebe allenfalls die Interpretation übrig, dass Campbells gelegentliche ungewöhnliche Drumfiguren die Zutat widerspiegeln sollen. Ebensolche entdeckt man beispielsweise auch im strukturell leicht abweichenden Closer „Because I Made It“, der die 42 Minuten trotzdem kongenial abschließt und wo nicht mal Lieblings Begrenztheit entscheidend stört, an die man sich mit zunehmender Spielzeit sowieso etwas zu gewöhnen beginnt, nachdem man beim auch noch vom Sänger komponierten, unentschlossen wirkenden Opener „Lay Down And Die“, der generell nicht zu den Highlights der Scheibe gehört, noch eher augenrollend dagesessen hat und erst die darauffolgenden Griffin-Werke „The Tempter Push“ und „Dead Bury Dead“, beide bereits lobend erwähnt, das Rad zumindest songwriterisch und instrumental in die richtige Richtung reißen.
Trotzdem bleibt eine gewisse Vorsicht geboten: Das Angebot auch im klassischen Doomsektor ist heutzutage groß, und wer seinen Doom gern mit einer starken Gesangsleistung garniert haben will, der könnte geneigt sein, zu Alternativen zu greifen. Ein vorsichtiges Hineinhören ab Song 2 dürfte aber Aufschluß verschaffen, ob sich ein Erwerb trotz der stimmlichen Limitierung lohnen könnte.



Roland Ludwig



Trackliste
1Lay Down And Die2:54
2 The Tempter Push4:09
3 Dead Bury Dead4:38
4 Earth Flight2:56
5 Walk Alone3:21
6 Curious Volume4:20
7 Misunderstood3:21
8 Close The Casket4:13
9 Sufferin'3:21
10 The Devil's Playground4:37
11 Because I Made It4:22
Besetzung

Bobby Liebling (Voc)
Victor Griffin (Git)
Greg Turley (B)
Pete Campbell (Dr)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>