Andreas Kümmert
Recovery Case
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2012 war es, als ich die Platte “The Mad Hatters Neighbour“ rezensierte.
Der mir bis dahin völlig unbekannte Musiker hatte eine Platte vorgelegt, die durchaus mein Wohlwollen erlangte.
Der am 20. Juli 1986 in Gemünden am Main geborene Kümmert, nach dieser Platte bekannt geworden durch die Casting-Show “The Voice Of Germany“ und den deutschen Vorentscheid zum European Song Contest, hatte mich seinerzeit überrascht mit einer sehr „ehrlichen“ Produktion, Musik, die sich anscheinend versuchte zu orientieren an internationalen Vorbildern, Paul Carrack war es damals, der mir spontan einfiel. Blue Eyed Soul schien hier, und das war ungewöhnlich für die deutschen Lande, man kannte es höchstens von Edo Zanki, noch einmal aufzukeimen.
Gefühlvolle Balladen, groovende Songs, einfühlsam eingespielt, sehr stimmungsvolle und warmherzige Musik perlte aus den Boxen.
“The Mad Hatters Neighbour“ – das war seinerzeit so etwas wie eine Überraschung, die noch nicht so geglättete Produktion, im Gegensatz zur nachfolgenden und auch neuen Platte, hatte aber etwas, was stärker ausgeprägt war – mehr Spontaneität aus dem Bauch heraus, eine Menge unbeschwerter Frische und diese gewisse Direktheit, die anspringen kann. Beim Nachfolger, “Here I Am“, glättete sich der Sound zunehmend und ich gewann auch den Eindruck, dass man nun in eine bestimmte Richtung vorstoßen wollte. Songs wie “Heart Of Stone“, “Faith“, “For So Long“ oder “Simple Man“ trugen dieses wohlige Gefühl von Blue Eyed Soul, ein guter Weg schien beschritten zu werden.
Nach einigen persönlichen Tiefpunkten des Musikers erscheint nun “Recovery Case“. “Recovery“ = Erholung, Wiedergesundung, ein gutes Zeichen sicher. Was mag dann wohl diese herzförmige Dose auf dem Cover bedeuten in diesem Zusammenhang? Wie auch immer, vielleicht sollte uns Hörern dieses Anlass zu einem herzlichen Gruß zu einem Neueinstieg geben.
Doch, und das muss ich leider feststellen, verlässt man diesen Weg bereits wieder auf der neuen Platte. In der Pressemitteilung heißt es:
Für „Recovery Case“ hat sich Andreas Kümmert Zeit gelassen. Zeit, die es braucht, um sich bis ins Detail einzubringen. Für Songs mit Ecken und Kanten, die auch sein Macher hat. Kümmert beherrscht die komplette emotionale Palette von großer Wucht bis zum sensiblen Zwischenton. Es gibt wahrhaftige Rockmonster wie „Notorious Alien“ und „One Day“, akustisch anmutende Songs wie „Falling“ sowie rührende Balladen wie „Beside You“ und „The Beginning Is The End“.
Diesen Hinweis auf die Vielseitigkeit der Musik betrachte ich eher als einen Ausdruck einer gewissen Ziellosigkeit hinsichtlich der einzuschlagenden Richtung. Die Atmosphäre ist in der Tat sehr unterschiedlich ausgefallen. Mitunter habe ich den Musiker stimmlich gar nicht wiedererkannt.
Das wiederum bedeutet, dass er an sich und seiner Stimme gearbeitet hat. Einiges mag nicht mehr ganz so gepresst wie in den Anfangstagen erscheinen, aber eine mitunter auftauchende Glättung nimmt auch ein wenig von Individualität. Dafür klingt es nun professioneller und sicherer.
So stelle ich vermehrt fest, dass sich unterschiedliche Stilrichtungen eingeschlichen haben, die mir viel Raum für Assoziationen geben. Vielseitigkeit mag interessant, kann aber beim Schaffen eines Profils für einen Künstler auch hinderlich sein. Soul, Pop, Rock, alles auf einer Platte, das ist für mich dann gelungen, wenn es eine Fusion eingeht, nicht aber zwingend, wenn alles nebeneinander steht.
“Beside You“ mit einem sehr schönen Gitarrenarrangement ist ein hervorragender Popsong, und hier auch wieder spüre ich die Richtung Paul Carrack, dieses Mal gar besser getroffen als einst. Auch mit “Falling“ gibt es einen sehr guten Song, der mit emotionaler Tiefe punkten kann, genau wie der Abschluß mit "Desperate Moves", mit dem interessanten Gegensatz zwischen ruhigem akustischen Piano und der voll aufgedrehten E-Gitarre, leicht bizarr wirkt das.
“I Love You“ mit zu prominentem Schlagzeug lässt den Song statisch wirken, die Drums nehmen die mögliche Leichtigkeit, und für den Flop des Albums betrachte ich das rumpelnde und übersteuert sowie deplatziert wirkende “Notorious Alien“. Insgesamt ist es ein eigentlich sehr professionell produziertes Album, das noch professioneller wirken würde, wäre das Album zum Beispiel in Alabama im berühmten Muscle Shoals Sound Studio mit den dortigen unglaublich locker und souverän agierenden Musikern aufgenommen worden. Aber vielleicht die nächste Platte, die dann auch eine klarere Richtung vorgeben würde. So bleibt mir dann die Frage: Quo vadis, Andreas Kümmert?
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Train To Nowhere
2 Beside You
3 Falling
4 Notorious Alien
5 Ego Song
6 I Love You
7 One Day
8 The Beginning Is The End
9 Reflection
10 Lonesome But Free
11 Silver And Gold
12 Desperate Moves
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Besetzung |
keine Angaben
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