Mendelssohn Bartholdy, F. (Holliger)
Sinfonien Nr. 3 & 4
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Info |
Musikrichtung:
Romantik
VÖ: 1.8.2011
(MDG / Codaex / SACD hybrid / 2010 / Best. Nr. MDG 901 1663-6)
Gesamtspielzeit: 67:31
Internet:
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SCHOTTLAND UND ITALIEN IN NEUEM LICHT
Heinz Holliger verleugnet als Orchesterleiter seine Herkunft als Oboist nicht. Er denkt gerade Mendelssohns "Schottische" deutlich von den Bläserstimmen her, zugleich aber auch von der vom Komponistern intendierten Raumwirkung (da macht die SACD mal Sinn). Das sich bei anderen Dirigenten oft verströmende romantische Melos tritt dahinter zurück, jede Dominanz des Streicherappartes wird von vornherein vermieden.
Heraus kommt auf diese Weise ein ungemein frisches und entschlacktes Werk, das wieder mehr von seinem Bemühen um die tonmalerische Schilderung von Naturstimmungen offenbart und tatsächlich erst in der Coda des letzten Satzes zur deutsch-romantischen Sinfonie mutiert. Dennoch rückt es mit seiner dramatischen Wucht bisweilen in auffallende Nähe zu Schumanns Symphonik. Die Tempi sind vergleichsweise zügig, aber nicht überhastet gewählt, wobei Holliger den Bläser durch Rubati immer wieder die Möglichkeit gibt, sich zart und farbenreich auszusingen. Der Klang des Kammerorchesters Musikkollegium Winterthur ist trocken und frei von Vibrato, ganz im Sinne historisch-informierter Aufführungspraxis, so dass sowohl die "Schottische", wie auch die "Italienische" deutlich aufgelichtet wirken.
Letztere legt Holliger von Anfang an rhythmisch-pointiert an. Im Übrigen muss der Mendelssohn-Fan hier auf eine Reihe von Überraschungen gefasst sein: Holliger präsentiert die zweite Fassung des Werkes, das dieser nach der Uraufführung 1833 umfangreich zu überarbeiten begann, wobei er diese Überarbeitung nur bezüglich der Sätze zwei, drei und vier abschloss. In ihr tönt dann doch vieles deutlich moderner und vom Zierrat befreiter als in der sonst gespielten Version. Die Themen im Menuett bekommen durch Noteneinfügungen einen deutlich gewandelten, komplexeren Charakter und der Schlusssatz, Saltarello, wird in seiner Wildheit fast bis zu unerbittlicher Härte zugespitzt und büßt an folkloristischer Harmlosigkeit ein.
Eine höchst aufschlussreiche Hörerfahrung, bei der es eigentlich nahe gelegen hätte, Holligers Wunsch, im Konzert einmal beide Fassungen nebeneinander spielen zu dürfen, zumindest auf CD zu entsprechen.
Wer hätte gedacht, dass es möglich ist, derart vertrauten Werken noch einmal so viel Neues abzuringen. Hut ab vor den Interpreten (und dem kongenialen Tonmeister)!
Sven Kerkhoff
Trackliste |
1-5 Sinfonie Nr. 3 op. 56 "Schottische" 36:40
6-9 Sinfonie Nr. 4 op.90 "Italienische" 30:51
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Besetzung |
Musikkollegium Winterthur
Heinz Holliger: Ltg
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