Das Scheit
So far from God … So close to you
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„Oh nein, nicht noch eine Goth Rock-Band!“ Das war der erste Gedanke der mich überfiel, als mir das vierte Album der Frankfurter Band Das Scheit aus dem Briefkasten entgegen purzelte. Denn ein überspitzes Maß an künstlichem Pathos, zuckeriger Süßlich- und Schwülstigkeit, wie es in dem Genre leider zur Tagesordnung gehört, verträgt man nicht immer. Glücklicherweise ist der Vierer hiervon ein gutes Stück entfernt und schreckt somit nicht gleich von Anfang an ab, auch wenn man kein glühender Verehrer des Genres ist. Für einen gewissen rauen Charme von Das Scheit sorgt vor allem Sänger Clint, der seine Texte in das Mikro raunt, flüstert und auch schreit. Ständig irgendwo zwischen verzweifelt und wütend. Durchaus etwas abwechslungsreich, aber von der Phrasierung her oft ein wenig flach und ohne echte Emotionen, gerade in den klaren Gesangspassagen. Der Rest der Band untermalt die Songs mit metallischen Riffs, Keyboardsounds, die auch mal orchestral daherkommen dürfen, sowie unterschwelligen elektronischen Einsprengseln, durch welche die Musik durchaus auch tanzbar wird. Aber vom im Promobeiblatt erwähnten Industrial ist man doch meilenweit entfernt. Der wuchtige Gesamtsound klingt auch eher organisch als elektronisch kalt.
Bei So far from God ... so close to you handelt es sich um ein Konzeptalbum. Passend zum melancholischen Grundton über eine frisch verlassene Person, welche die 5 Phasen der Trauer (Aufschrei, Leugnung, Störung, Auseinandersetzung und Vollendung) durchläuft. Das Thema klingt schwer nach Kitsch, aber Das Scheit schaffen es, dass einem nicht gleich ein leichter Würgreiz überkommt und haben das Thema entsprechend umgesetzt. Auch wenn man mit zunehmender Spieldauer den Hauptdarsteller am Kragen packen und schütteln möchte, da sein Gejammer immer schlimmer wird. Etwas schade ist es allerdings, dass man zwischen den erwähnten fünf Phasen keine großen musikalischen und textlichen Unterschiede feststellt und die einzelnen Song etwas gleichförmig (nicht selten gar beliebig), wenn auch nicht sofort langweilig klingen. Die enthaltenen Stücke sind durchaus eingängig und gehen sofort ins Ohr, auch wenn sie sich dort nicht allzu lange aufhalten und echte Hits fehlen.
In die Kategorie Ohrwurm passt hier vor allem die alt bekannte Smith/Springsteen-Nummer „Because the night“. Hierzu haben sich Das Scheit prominente Gesangsunterstützung von Jape Perätalo (To/Die/For) und Michelle Darkness (End of Green) ins Studio geholt. Kaputt machen konnten sie das Lied nicht gerade, aber das Feeling einer Patti Smith geht einem schon sehr ab. Mit „No one“ hat man noch eine weitere, etwas ungewöhnlichere, Covernummer mit auf das Album gepackt. Dieses ist im Original von Moses Pelhams Rödelheim Hartreim Projekt und nennt sich im Original „Keine ist“. Über dieses Ergebnis sollte allerdings jeder selbst urteilen. Man hat aber schon Schlimmeres gehört.
Insgesamt ist So far from God ... so close to you ein leicht überdurchschnittliches Goth Rock/Metal-Album geworden, welches Genrefreunde durchaus erfreuen dürfte. Auch Fans neuerer Oomph! oder Eisbrecher dürfen mal ein Ohr riskieren. Alle anderen wird es wohl eher kalt lassen.
Mario Karl
Trackliste |
1 | Epilog | 0:37 |
2 |
So far from god | 3:42 |
3 |
Come undone | 3:49 |
4 |
No one | 3:16 |
5 |
Hollow | 4:13 |
6 |
December sky | 4:25 |
7 |
Snow white hell | 3:14 |
8 |
Someone will listen | 5:20 |
9 |
By the way (I think of suicide) | 4:41 |
10 |
Sehnsucht | 4:13 |
11 |
Because the night | 3:38 |
12 |
... so close to you | 6:39 |
13 |
Prolog | 1:14 |
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Besetzung |
Clint (Gesang)
Casey (Gitarre)
Sascha (Gitarre, Bass, Keyboard)
Linda (Schlagzeug)
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