Verdi, G. (Chailly)
Un ballo in maschera (DVD)
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Info |
Musikrichtung:
Oper
VÖ: 22.05.2006
EuroArts / Naxos (DVD (AD: 2005, live) / Best.nr. 2055108)
Gesamtspielzeit: 137:00
Internet:
EuroArts
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HÖLZERN
Verdis Oper "Un ballo in maschera" (Ein Maskenball) mag zwar weder dramaturgisch, noch musikalisch zu seinen besten Bühnenwerken zählen, es ist aber insbesondere deshalb interessant, weil es die Schnittstelle zum reifen Spätwerk des Komponisten darstellt. Zugleich ist es reich an melodischen Einfällen und zugkräftigen Orchestereffekten.
Das etwas krude Libretto, bei welchem die wahre Geschichte um das Attentat einer Verschwörergruppe auf den schwedischen König während eines Balls mehr als Hintergrund, denn als Hauptmotiv dient, macht es nicht leicht, das Werk heute noch erfolgreich auf die Bühne zu bringen. Unmöglich ist dies gleichfalls nicht. Es sei denn, man bedient sich eines Regisseurs wie Ermanno Olmi. Er, der sich vornehmlich in der Filmbranche einen Namen gemacht hat (z.B. "Lang lebe die Signora"), schafft es, hier das Paradebeispiel einer Nicht-Regie abzuliefern. Glaubt man dem Booklet, dann war das damit verfolgte Ziel, "Konzentration auf das eigentliche Werk, (...) das Freilegen seiner innersten Energie" - da lässt das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern recht herzlich grüssen.
Die Chöre stehen sinnlos starr auf der Bühne herum, die Sänger bieten ihre Arien wie gelähmt zum Publikum agierend hin dar als handele es sich um eine barocke Opera Seria. Das ganze gerät dadurch grotesk bis lächerlich, wozu nicht zuletzt auch die sinnfreien Pappmachékostüme beitragen, in welche man die Akteure gezwungen hat. Ob diese Inszenierung eine Aussage haben sollte oder lediglich die Lust- und Einfallslosigkeit eines gut bezahlten Regisseurs repräsentiert, mag dahinstehen. Für Olmi gilt jedenfalls: Setzen! Sechs!
Leider bekommt dieses Manko der mitgeschnittenen Leipziger Aufführung auch ansonsten schlecht. Die auf diese Art malträtierten Sänger haben sichtlich Schwierigkeiten, auch nur annähernd glaubwürdig zu agieren. Massimiliano Pisapia singt zudem in tenoraler Schludrigkeit die Töne von unten an; seine Stimme tönt zumal im ersten Akt belegt. Demgegenüber bietet der Bariton Franco Vassallo eine tadellose Leistung und zwar mit sonorem, raumfüllenden aber nie überdimensionierten Ton. Chiara Taigis lyrisch angelegte "Amelia" ist stimmlich ausgereift, weich timbriert und emotional überzeugend. Anna Maria Chiuri, deren Kostüm sie die Lächerlichkeit preisgibt und nicht einmal in "Raumpatrouille Orion" Gnade gefunden hätte, kämpft mit Intonationsschwächen. Auch Eun Yee You muss sich nach schwachem Start erst freisingen.
Das Gewandhausorchester Leipzig zeigt sich unter der Stabführung von Riccardo Chailly überraschend als kontrastreiches, starkes Opernorchester. Chaillys gute, teils schroffe interpretatorische Ansätze fallen allerdings unter der erdrückenden Last des Regiekonzepts regelrecht in sich zusammen. Kein Wunder, dass sich das Leiziger Publikum mit dem (Szenen-)Applaus höchst sparsam zeigt.
Da der Mitschnitt musikalisch gegen die Referenzaufnahmen (Karajan, DGG, 1989; Abbado, DGG, 1980; Leinsdorf, 1966, RCA) nicht ankommt und in der visuellen Umsetzung enttäuscht, gibt es eigentlich keinen Grund, bei dieser Produktion zuzugreifen.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Riccardo: Massimiliano Pisapia Renato: Franco Vassallo Amelia: Chiara Taigi Ulrica: Anna Maria Chiuri Oscar: Eun Yee You Silvano: Herman Wallén Samuel: Tuomas Pursio Tom: Metodie Bujor Un giudice / Un servo: Seung-Hyun Kim
Chor und Kinderchor der Oper Leipzig Gewandhausorchester Leipzig
Ltg. Riccardo Chailly
Regie: Ermanno Olmi Bühnenbild und Kostüme: Arnaldo Pomodoro
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