Kevin Devine
Split The Country, Split The Streets
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Meine Vorgehensweise zum sehnlichst erwarteten Kevin Devine Album war folgendermaßen. Zuerst vorgeskippt zu den Travelling The EU-EP-Bekannten “Haircut“ und “Probably“. Festgestellt, dass das “Probably“-Mädchen in der Bahn jetzt nicht mehr Nevermind ihr eigen nennt, sonder neuerdings auf “Crooked Rain“ steht. Aufgrund der ruhigen, gesangsfokussierten Version kurz – ich muss es zugeben – ganz fies an Rufus Wainwright erinnert worden. Dann erstmal ganz durchgehört. Das eingängige “No Time Flat“ gleich mitgesummt. Ansonsten mehr E-Gitarren, dickere Instrumentierung entdeckt, aber keine LoFi-Schlafzimmer-Aufnahme à la “Tapdance“ gefunden. Den Teufel an die Wand gemalt und trotz doch recht nettem ersten Eindruck schon Angst um die auf dem Vorgänger Make The Clocks Move so umwerfende Intimität gehabt.
Doch: Alles Quatsch. Denn was wirklich geschah, war, dass ich die Großartigkeit dieses Albums schlichtweg nicht begriffen hatte. Eine einzige Freude ist es nämlich, wie der brüchig beginnende Opener “Cotton Crush“ in einen Schreichorrefrain mündet, der in punkto Intensität seines Gleichen sucht; wie sich das indierockende “No One Else’s Problem“ homogen in Partygegröle verliert; wie überall Melodien verborgen liegen; wie siamesisch sich ab und an eine Geige an Devines “shaky voice“ anschmiegt.
Was mein hysterisches Herz anfangs noch in „für einen Singer/Songwriter eventuell etwas überladen“ einordnete, entpuppt sich schließlich als wahnsinnig detailliert und intelligent instrumentiertes Meisterwerk. Da gibt’s geniale Melodieführungen, herausragende Dynamikbögen und trotz aller offensichtlich intensiven Arbeit an der Platte eben auch diese ganz spezielle Atmosphäre und Intimität. So vielseitig wie auf Split The Country, Split The Streets hat man den 25-jährigen New Yorker wohl noch nicht erlebt. Was dagegen aber gleich bleibt, ist, dass man ein Kevin Devine-Album auch weiterhin am besten mit aufgeschlagenem Textblatt anhört und bewundert wie sich wundervolle Poesie in noch wundervolleren Songs badet. Sowohl musikalisch als auch textlich schafft es der Miracle Of ’86-Frontman scheinbar spielend leicht, emotionale Zerbrechlichkeit mit verzweifelter Wut, persönliche Befindlichkeitsreflexionen mit einem Ohnmachtsgefühl in Bezug auf politsche Realitäten und einer Sehnsucht auf Veränderung, zu verbinden.
Wer Kevin Devine bisher den Eintritt in den VIP-Bereich der neueren Singer/Sonwriterszene verweigert hat, muss spätestens jetzt die Türen öffnen. Elliott Smith wäre stolz gewesen auf Songs wie “Keep Ringing Your Bell“, während Conor Oberst mit Sicherheit nicht gezögert hätte, “Alabama Acres“ auf Lifted zu packen.
Deshalb nochmal zur Verdeutlichung: Kevin Devine spielt Allererste Liga und das Album ist Spitzenklasse. Punkt.
Kevin Kirchenbauer
Trackliste |
1 | Cotton Crush |
2 | Afterparty |
3 | No Time Flat |
4 | Keep Ringing Your Bell |
5 | No One Else’s Problem |
6 | Buried By The Buzz |
7 | Haircut |
8 | Probably |
9 | Alabama Acres |
10 | Yr Damned Ol’ Dad |
11 | The Shift Change Splits The Streets |
12 | You Are The Daybreak |
13 | Lord, I Know We Don’t Talk |
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