Charpentier, M. A. (Christie)
Te Deum – Requiem u. a.
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Info |
Musikrichtung:
Messe / Oratorium
VÖ: 19.09.205
Virgin / EMI CD (AD DDD live 2004) / Best. Nr. 7243 5 45733 2 3
Gesamtspielzeit: 79:22
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TRAUER UND JUBEL
Mit diesem im September 2004 in der Pariser Cité de la Musique mitgeschnittenen Konzert feierte das Ensemble Les Arts Florissants zugleich sein 25jähriges Bestehen und den 300. Todestag eines der bedeutendsten französischen Barockmeister: Marc Antoine Charpentier (ca. 1643-1704). Dem Ereignis zwischen „Trauer und Jubel“ trug das Programm durch die Auswahl zweier komplementärer Werke bzw. Werkgruppen Rechnung, die nun auch auf CD erschienen sind.
Zur Eröffnung erklingt das in den Plattenkatalogen überrepräsentierte „Eurovisions“-Te Deum, dessen brillante Fanfaren, prächtige Chorsätze und intime Ensembles Christie bereits 1989 bei seinem ersten Label harmonia mundi eingespielt hatte. Dieser älteren Aufnahme gebe ich trotz der spannungs- und schwungvollen Darbietung des aktuellen Mitschnitts auch weiterhin den Vorzug. Zwar trumpft die Neuproduktion mit schärfer punktierten Rhythmen auf. Aber der trockene Klang ist in diesem Fall weniger sinnlich-leuchtend als bei der Vorgängerin, die virtuosen Tutti-Einsätze kommen weniger ekstatisch und mitreißend herüber. Und obwohl William Christie nach wie vor über ausgezeichnete Solist/innen verfügt, scheint mir doch die alte Besetzung mit aufgehenden Sternen wie Veronique Gens und Jean-Paul Fouchecourt unerreicht.
Als Gegenpol und – vom Umfang her – als eigentlicher Hauptteil bringt der zweite Teil des Programms die Rekonstruktion eines Grand Office des morts, einer Totenliturgie, die der Musikwissenschaftler John S. Powell aus verschiedenen thematisch wie musikalisch benachbarten Stücken des Komponisten kompiliert hat. Obschon mit großer Wahrscheinlich eine fiktive, so niemals erklungene Zusammenstellung, überzeugt die gelungene musikalische Realisierung. Charpentier erweist sich überdies erneut als ausgesprochen origineller Komponist, der sich am Rande des offiziellen höfischen Musikbetriebes eine Nische für seine kunstvoll zwischen Tradition und Modernität changierende Musik geschaffen hat.
In die erhabene Trauer der achtstimmigen Messe pour les trépassés, die durch vokale Ensembles, Chor- und Instrumentalpartien reich gestaltet ist, bricht ein veritables doppelchöriges Dies irae: Die Prose des morts braucht sich hinter vergleichbaren Schöpfungen Lullys oder Delalandes nicht zu verstecken, im Gegenteil: Charpentier malt den Text sehr fantasievoll aus, arbeitet mit kernig deklamierenden Rhythmen und ausdrucksvollen Harmonien, weiß neben todesbanger Erstarrung aber immer auch wieder ergreifende Räume der Ruhe und Tröstung zu schaffen. Christie lässt den unheilkündenden Beginn vom röhrigen Serpent sowie den Pfundnoten der Posaune kraftvoll untermalen. Überhaupt nimmt er sich die Freiheit, die reine Streicherbesetzung auch noch durch Oboen und Flöten anzureichern bzw. zu ersetzen, wo dies klangmalerisch angebracht scheint. Dem Schrecken des Gerichts stehen wechselnde Abschnitte von großer Innerlichkeit und Zartheit gegenüber, die Chor und Solisten weiträumig, mit feinstgestufter Dynamik darbieten. Eine gewissermaßen „theatralische“ Auffassung der Musik sorgt vor allem bei den Ensembles der Solisten für prägnante Affektwechsel. Unter den durchweg guten Solisten, die vor allem im zweiten Teil des Programms zu einer runden Ensembleleistung finden, ist wegen seines intensiven, rhetorisch ausgefeilten Vortrags wieder einmal Paul Agnew besonders zu loben.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | 01-13 Te Deum H. 146 |
2 | 14-16 / 23-25 / 30 Messe pour les trépassés à 8 H. 2 |
3 | 17-22 Prose des morts (Dies Irae) H. 12 |
4 | 26-29 Motet pour le trépassés à 8 H. 311 |
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Besetzung |
Olga Pitarch – Orlanda Velez Isidro, Sopran Paul Agnew – Jeffrey Thompson, Haut-Contre Topi Lehtipuu – Marc Mauillon, Bariton Betrand Bontoux – Joao Fernandes, Bass
Les Arts Florissants William Christie, Ltg.
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