Der dritte Streich des stetig wachsenden Musikerkollektivs erweist sich
als weiterer Ohrenschmaus, das Hinzufügen des Chores erweitert das
Spektrum des bisher gebotenen erheblich. Die Verwendung des Klaviers
wurde stark zurückgefahren, das komplette Album strahlt eine wärmere,
versöhnlichere Atmosphäre aus als die Vorgänger; die oftmals
klaustrophobische Stimmung der ersten beiden Platten weicht mehr
Weite, Raum, Offenheit; ohne jedoch die Zugehörigkeit zum A Silver
Mt Zion - Kosmos zu verwischen.
"Sow Some..." beginnt mit der Aufnahme aus einer Tanzschule o.ä.; eine
Lehrerin zählt auf acht an, darüber stimmt die Gitarre ein, und wenige
Momente später beginnt der Chor sein getragenes Werk, das Gefühl von
Wohlsein breitet sich aus. Nur durch die Verwendung von So, Fa & La wird
eine Atmosphäre geschaffen, die einen unweigerlich in den Bann
zieht, jeglicher Gedanke an etwas anderes löst sich auf, verliert sich
vollkommen in der Musik, The Silver Mt Zion... haben es wieder
hinbekommen, eine eigene Welt zu erschaffen, in der man völlig losgelöst
von allem Irdischen verweilt. Der Gesang verstummt, ein sphärisch
angehauchter Part lässt die Gedanken weiter schweifen, das Gebirge
und die Bilder im Booklet bzw. auf der CD-Hülle lassen eine
Eisenbahnfahrt durch weite, ausladende Landschaften voller Geborgenheit
und Ruhe entstehen, Wälder ziehen vorbei, 3 1/2 Minuten vor Liedende
lassen Schlagzeug und Bläser Berge entstehen, der Zug nimmt weiter Fahrt
auf und verschwindet langsam am Horizont.
"Babylon..." beginnt hallig-wabernd, vereinzelt wird die Gitarre
gezupft, Streicher stimmen verhalten ein, dieses typische leicht
sehnsuchtsvoll-verlangend-melancholische Gefühl stellt sich ein; jeder
Ton wird zelebriert, die zerbrechlich-klagende Stimme Efrims fällt
ein - Gänsehaut! Teilweise leicht verzerrt wird instrumental weitermusiziert,
das Ende gehört wieder dem Gesang: zwei Stimmen singen auf
faszinierende Weise gegen/miteinander, Klavier und (westernmäßige)
Gitarre schleichen sich ein, alles wird dichter und dichter, schaukelt
sich gegenseitig hoch, verwebt sich zu einem Ganzen; klingt ab, trennt
sich nacheinander wieder, verhallt.
Das erste Drittel von "American Motor..." gehört wiederum dem Gesang
nebst dezenter Begleitung, dann gesellt sich das Schlagzeug und
der Rest dazu, leichte Parallelen zur Hauptband, Godspeed You! Black
Emperor, lassen sich ziehen. Ein angenehmes Gefühl von Größe macht
sich breit, nur Streicher und Gitarre bleiben am Ende übrig, leise
setzt der Chor ein, wird zum dominierenden Element, räumt kurz den
Instrumenten den Platz; Gesang und Streicher bilden gemeinsam den
Abschluss des Stückes.
"Goodbye Desolate Railyard" beginnt langsam, Gesang, Geige und
Klavier bilden das vorherrschende Triumvirat zu Beginn, die Stimmung
wirkt leicht sehnsüchtig-traurig, die Instrumente kreieren ein
zerbrechliches Klanggemälde, das langsam den Weg für zu lange
andauerndes Gequietsche freigibt, das sich vollkommen allem Schönen
in den Weg stellt, das man bisher auf der CD gehört ab. Da das
Gequietsche in das Fahren eines Zuges übergeht, halte ich der Gruppe
mal zu Gute, dass es das Quietschen der Zugbremse darstellen soll...
ärgerlich (und für meine Ohren völlig fehl am Platz) ist es trotzdem.
In den Zug setzt langsam die Gitarre mit einigen Akkorden ein, dann
folgt wieder wunderbarer (Chor)Gesang, die Gitarre begleitet leise,
verstummt, der Chor verklingt... die Gedanken hängen noch eine Weile
dem soeben erlebten nach, das innere Bild verwischt langsam, die
Realität fordert ihren Tribut.
"...dedicated to rail track wanderers everywhere...", dieses Zitat
umschreibt die Stimmung und Gefühle, die während des Hörens aufkommen,
einfach am Besten. Jedem, der die Gruppe schon kennt, sei diese CD
auf's Wärmste ans Herz gelegt, derjenige, der die Gruppe bis jetzt nicht
kennt, findet einen guten Einstieg.
19 von 20 Punkte
Sascha Christ
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