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SCHWERE KOST VOM MEISTER DER LEICHTIGKEIT: SUPPÈS REQUIEM
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Franz von Suppé (1819-1895): Requiem
Virgin Classics CD DDD (AD 1997, live) / Best. Nr. 7243 5 45614 2 9
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Romantik / Vokal
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Interpreten:
Elizabete Matos (Sopran), Mirjam Kalin (Alt), Aquiles Machado (Tenor), Luis Rodrigues (Bass)
Chor und Orchester der Calouste Gulbenkian Foundation
Ltg. Michel Corboz
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Interpretation: ++++
Klang: +++++
Edition: +++++
ERGRIFFENHEIT STATT "DICHTER UND BAUER"
Franz von Suppé ist heute allenfalls noch als Komponist der "Klassik light" ein Begriff, etwa durch seine Operettenouvertüren "Dichter und Bauer" und die unverwüstliche "Leichte Kavallerie". Dass der im kroatischen Split geborene Sohn belgisch-österreichischer Eltern mehr drauf hatte, als nur tänzelnde Belanglosigkeiten, belegt sein monumentales Requiem. Geschrieben für den 1850 verstorbenen Freund und Gönner Franz Pokorny wartet das 1855 uraufgeführte, im Stil vor allem italienisch anmutende Werk mit einem schier überbordenden Reichtum melodischer Einfälle und kompositorischer Taschenspielertricks auf, aber auch mit raffinierter Instrumenten- und Klangfarbenwahl. Gewiß, manches erscheint um des Effektes willen plakativ, doch wird dann auch der Effekt nie verfehlt und der Hörer kann sich dem Bann und der Vielfalt musikalisch gestalteter Emotionen schwerlich entziehen.
Erst vor wenigen Jahren ist das Stück für das Repertoire wiederentdeckt und wiederbelebt worden. Zur qualtitiv beachtlichen Ersteinspielung unter Wolfgang Badun beim Label BNL (Best.nr. 112774, Aufnahme aus dem Jahr 1989) schrieb Bernard Lallement im Booklet: "Mein größter Wunsch wäre doch, dieses Werk würde bald seinen Platz unter den zehn oder zwölf berühmtesten Requiem in der Geschichte der religiösen Musik finden."
CORBOZ´ FEURIGES PLÄDOYER
Und in der Tat: Dass sein solcher Top 10-Platz berechtigt wäre, zeigt Michel Corboz in dem nunmehr erschienenen Live-Mitschnitt von 1997. Corboz, von der Alten Musik-Szene geprägt und beeinflußt, präsentiert das Requiem in einer weit weniger romantisierenden Sichtweise als seinerzeit Wolfgang Badun. Er stellt uns stattdessen ein kraftvolles, energiegeladenes, bisweilen auch tänzerisch-schwungvolles Werk vor Ohren und reizt dabei die melodischen, rhythmischen und dynamischen Effekte bis zum Äußersten aus. Gleich der erste Satz, das Kyrie, entfaltet eine ungemeine Sogwirkung, nimmt den Hörer gefangen. Der Beginn des folgenden Dies irae wird tatsächlich zu einem wahren Weltenbrand und Weltuntergangsszenario, wenn das Tremolo der Violinen bis zum saitenzerreissenden Flirren getrieben wird und der Einsatz der Sopranstimmen wie ein Schwert in das musikalische Geschehen hineinschneidet.
CHOR UND ORCHESTER IN BESTFORM, NICHT SO DIE SOLISTEN
Eine derart stringente, durchdachte Interpretation erfordert einen Chor und ein Orchester, die sich von dem Konzept mitreißen lassen. Und genau das tun Chor und Orchester der Lissaboner Gulbenkian Stiftung. Die sängerische Konzentrationsleistung und Präsenz aller Stimmgruppen überzeugt von Beginn an. Gleichermaßen laufen die Instrumentalisten zur Höchstform auf. Dabei kommt ihnen die herausragende tontechnische Qualität der Aufnahme zugute: Die Nebengeräusche des Live-Mitschnittts sind auf ein Minimum reduziert, während zugleich ein ungemein plastisches und transparentes Klangbild erzeugt wird, welches das vieler Studioproduktionen mühelos in den Schatten stellt.
Die Solisten bewegen sich nicht durchweg auf dem hohen Niveau der übrigen Miwirkenden. Sopran und Tenor hat Suppé allerdings nur mit äußerst kleinen Parteien bedacht. Dabei stellt Elizabete Matos´ Sopranstimme durchaus zufrieden. Wenn jedoch der Tenor Aquiles Machado beim Recordare seinen ersten Einsatz hat, sträuben sich einem unwillkürlich die Nackenhaare: Lärmend und jaulig, in grotesk opernhafter Manier, demonstriert er, wie man es auf keinen Fall machen sollte. Und die Übersetzung dieser Verse der Sequenz ("Milder Jesus, wollst erwägen, dass Du kamest meinetwegen") bekommt insofern einen doppeldeutigen Beigeschmack, als eine solche Darbietung tatsächlich nur bei göttlicher Barmherzigkeit und Milde akzeptabel sein dürfte.
Die Altistin Mirjam Kalin liefert im Lacrimosa hingegen eine, abgesehen von ein paar kleineren Intonationsunsicherheiten, recht passable Leistung ab, ebenso wie ihr Kollege, der Bass Luis Rodrigues. Mag ihm auch manche Passage, vor allem im Tuba mirum, zu emphatisch geraten, so gefallen doch seine stimmliche Kraft und das Bemühen um Textausdeutung.
Trotz dieser Einschränkungen: Virgin Classics legt mit dieser CD eine überaus verdienstvolle Einspielung vor, die jedem Interessierten ein großartiges Hörerlebnis beschert und dabei dank Musik und Interpretation unmittelbar anzurühren vermag.
Das sorgfältig gestaltete Booklet und das geschmackvolle Cover runden den positiven Gesamteindruck ab.
18 Punkte
Sven Kerkhoff
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