(25.09.2003, Colos-Saal Aschaffenburg)
"Ja, wer hats erfunden ?". "Die Schweizer !". In Sachen energiegeladenen Hardrock trifft
dieser Werbeslogan fast genausogut zu, wie für eidgenössische Hustenbonbons, denn
Genregrössen wie Gotthard, Crystal Ball, Krokus und Shakra stammen ja bekanntlich aus dem
Schoki-Land und beide letztgenannte Truppen taten sich im Spätsommer dieses Jahres zusammen
um den Piefkes wieder einmal beizubringen was wirklich rockt.
Das kultige Aschaffenburger Colos-Saal war schon richtig gut gefüllt als die Jungs von
SHAKRA nach einem Intro, das sich aus Aufzuggeräuschen zusammensetze, mit "Now Or
Never" die Bühne enterten und schon nach diesem Song wurde selbst den Gästen im angrenzenden Cafè
klar, warum der Fünfer als "Special Guests" und nicht als "Support" oder etwa "Vorgruppe"
angekündigt wurde. Souverän zockte die Truppe, bei der vor allem der mit Cowboyhut(!)
ausgestatte Drummer Roger Tanner optisch herausstach, die ersten Tracks ihres aktuellen
Albums "Rising", bevor Neu-Frontmann Mark Fox das erste mal äusserst sympathisch mit dem
Publikum kommunizierte. Der Jungspund machte seine Sache in punkto Gesangsleistung und
Stageacting wirklich mehr als gut, nur vermisste ich bei den Ansagen doch ein wenig den
ulkigen Schweizer Dialekt des Ex-Sängers Pete Wiedmer, aber da dies der einzige
individuelle Kritikpunkt an Fox war, steht unabdingbar fest das diese begnadete Rockröhre
so gut zu Shakra passt, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Besonders hoch rechne ich
den Schweizern an, das sie bei ihrer aktuellen Single "I Will Be There" auf gekünstelt
wirkende Samples verzichteten und stattdessen die Pianomelodien durch Gitarrenpower
ersetzten. Livefeeling pur, genauso wie beim netten Mitsingspielchen bei "My Life - My
World", das beachtlich gut von der Menge angenommen wurde.
Doch nicht nur neue Songs brachte der Haufen in der grosszügig bemessenen Spielzeit unter,
sondern auch Klassiker wie z.B. "Nothing To Lose", "She`s My Pride" und "Don`t Try To
Call" fanden den Weg in die Setlist, wobei seltsamerweise der Anteil der älteren "Moving Force"-Songs
gegenüber der "Power Ride"-Titel leicht die Nase vorn hatte. Als Zugabe kam dann endlich der von mir heiss erwartete "Power Ride"-Opener "Why Don`t You
Call Me", sowie der Rausschmeisser "Hands On The Trigger" zum Zug und nach einer Stunde
Hardrock vom Feinsten durften sich die Jungs völlig verdient von den nordbayerischen
Zuschauern abfeiern lassen.
"Rockgeschichte live erleben", könnte man das Motto für den Gig der eidgenössichen
Urgesteine KROKUS titulieren. Die "AC/DC Coverband mit eigenen Songs" starte furios mit
"Long Stick Goes Boom" in ihr Programm und dieses wurde, selbst für Leute die mit Krokus
wegen eines eventuellen Altersunterschied sonst nicht soviel am Hut hatten, zu keiner
Sekunde langweilig, da Frontröhre Marc Storace, der stimmlich an eine Wiedergeburt von good
old Bon Scott erinnerte, anscheinend Sanges- bzw. Entertainmentqualitäten im Überfluss in die Wiege
gelegt wurden. Auch der Rest der Truppe unterhielt durch perfektes (Simultan-)Posing und
allein daran konnte man sich ungefähr vorstellen, durch wieviele Gigs Fernando von Arb und
Co. sich diese Routine angeeignet hatten und wie gross, die zumindest rein rechnerisch in
die Jahre gekommenen, Herren aus dem Land von Wilhelm Tell in den 80ern einmal gewesen sein
müssen.
Musikalisch gab es mit "Mad World", "Easy Rocker", "Stayed Awake All Night", einer
extralangen Version von "Screaming In The Night", sowie "Rock City", die Greatest
Hits-Vollbedienung und sogar das auf dem Summer Breeze-Festival schmerzlich vermisste "Eat
The Rich" zauberte die Band wie ein Karnickel aus dem Hut. (Vielleicht ja auch aus der
Kopfbedeckung des Shakra-Trommlers). Allzu verständlich das hier die Songs des aktuellen
Comebackalbums "Rock The Block" ein wenig den kürzeren ziehen mussten, aber das störte in
Aschaffenburg keine Rockerseele, da der Mob nach Hits lechzte und diesen Hunger am heutigen
Abend auch mehr als gestillt bekam. Die letzte Zugabe "Goodtime Rock N`Roll" stand wie kein anderer Song für den Spirit der
diese paar Stunden durchs Aschaffenburger Colos-Saal geisterte, denn allein die beachtliche
Zuschauermenge und an das hohe Format der Bands zeigte recht deutlich das straighter,
grooveorientierter Hardrock noch lange nicht zum alten Eisen gehört und mit Bands wie
Crystal Ball bzw. ebenjene Shakra ein paar Kanditaten besitzen, die ohne weiteres das Erbe
der Genrespitzen irgendwann antreten könnten. Long live Rock N`Roll !
Manuel Liebler
Internet:
www.shakra.ch
www.krokusonline.com
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