Zuerst entschuldigen sich die zuvorkommenden Jungs aus Simi Valley für den schlechten Gig. Sie zeigen sich ein bisschen angefressen ohne dabei aber den Humor zu verlieren. "Somehow it's hit or miss when you get on stage", wobei man ja die vorigen vier Tage Glück gehabt hätte, daher sei es ja eine ganz gute Quote, scherzt Mike, der Gitarrist. Sie empfinden es als eine große Ehre mit Bands wie NOFX und No Use For A Name auf Tour zu sein. Obwohl sie auf der einen Hand gute Freunde sind, sind diese Bands doch irgendwo auch große Vorbilder und eben auch ein Einfluss. Aufgewachsen sind sie mit Old-School-Hardcorebands wie Minor Threar oder Black Flag, aber auch mit Metal von Bands wie Slayer. Zum Punkrock fanden sie, da man die Aggressivität und Schnelligkeit vom Metal hier auch mit sinnvollen Texten verbinden kann (Gruß an die Metaller in der Redaktion :-). Sie sehen sich selbst "badreligiony". Sie scheinen nur eine normale Skatepunkband aus Kalifornien zu sein: sie surfen, skaten (Sänger Scott hat einen eigenen Skatepark) und spielen den Soundtrack zu ihrem Leben. Und was anderes wollen sie auch nicht sein; sie sind keine Band, die die Musik neu erfinden möchte. Was sie von anderen Bands abhebt ist Tonys (drums) Ansicht nach vor allem die Stimme Scotts - und einen eigenen Stil haben sie ja trotzdem.
Mit dem aktuellen Album "Together Again For The First Time" sind sie sehr zufrieden, "the whole recording went very well, we had a great time together". Komplikationen wie bei früherer Alben gab es dieses mal auch nicht in dem Maße. Beim vorletzten Album noch wurde die Musik komplett fertig eingespielt bevor es überhaupt Texte beziehungsweise feste Gesangsmelodien gab. Die schreiben Scott und Mike in aller Regel zusammen. Scott war damals aber noch Aktiver in der MLB (amerikanische Profibaseball Liga), was ihn auch vom Proben abhielt. „Rehearsals were a bit boring without a singer this time“, meint Tony. Dass die Band jetzt näher zusammengerückt ist merkt man einfach. Da Scott nach Ende seiner Laufbahn nicht mehr so eingeschränkt ist, möchte man sich auch mehr auf das Touren konzentrieren um auch endlich von der Musik leben zu können. Bisher haben alle noch gewöhnliche Jobs neben der Band. Ihre Bosse müssen sie dann aber eben auch mal ein ganzen Jahr entbehren. Auch im Line-Up hat sich seit dem Album was getan. Der damalige Interimsgitarrist Jim Cherry von Zero Down (zwischenzeitlich von uns gegangen) wurde kurz nach den Aufnahmen zur Platte durch den neunen Jim ersetzt. Der hat bisher nur in lokalen Bands gespielt, so ist er immer noch sehr aufgeregt, da es seine erste Tour überhaupt ist. Als „four-piece“ wollten und konnten sie nicht weitermachen. „Pulley always had two guitars and we just need a second one for our songs“, erklärt Tony.
Eine verstrikte Bandhistorie haben kalifornische Punkbands ja oft, aber bei Pulley ist es schon etwas verwirrender. Scott war Gründungsmitglied von Ten Foot Pole, wurde aber gegangen, als diese vor fünf Jahren größer werden wollten und sich für größere Touren ausgesprochen haben. Scott entschied sich für Baseball und Pulley, für die er schon vor Gründung eine Zusicherung von Epitaph hatte veröffentlicht zu werden. Er möchte Pulley aber ausdrücklich nicht als seine Band betrachten. Tony war auch Teil von Ten Foot Pole, stieg aber auch aus als alles nicht mehr so lief wie er sich es vorstellte. Für kurze Zeit half er dann Good Riddance aus. Tyler, der Bassist spielte auch in zahlreichen unbekannteren Bands und wie alle anderen auch hat auch er Nebenprojekte. Bei ihm ist sogar eine Metalband dabei, „we keep playing in other bands to keep the whole thing fresh and not to get bored“. Bass spielt er seit jeher, aber nur da seine Kumpels schon Gitarren hatten und sie ihm einredeten seine Wunschliste für Weihnachten noch mal zu überdenken und sich statt einer Gitarre doch einen Bass zu wünschen.
Da alle in der Band vor allem verbindet Ex-Mitglieder irgendwelcher Bands zu sein, findet man Pulley im Internet auch nur unter www.x-members.com . X-Members hat also nichts, wie man ja zunächst vermuten könnte, mit Straight Edge zu tun. Ihre Einstellung zum Internet und den damit verbunden Musikdownloads ist wie bei den meisten Punkbands sehr positiv. Die Musikindustrie sucht ihrer Meinung nach nur einen Sündenbock für die sinkenden Absatzzahlen, was sie wiederum am hohen Preis für eine Plastikscheibe festmachen.
Auf Tour haben Pulley noch eine merkwürdige Angewohnheit. Und zwar auf der Bühne immer im gleichen Outfit aufzutreten. Besonders tragisch, da Scott ein VfL Wolfsburg-Trikot trägt, „but I hate this fucking soccer team“ (Scott).
Kritische Worte finden sie auch an die Adresse ihrer amerikanischen Mitbürger. Nach dem 11.9. sei alles sehr zusammengerückt, was ja nichts Schlechtes sei, doch sei eine Art Mode aufgekommen partiotisch zu sein. Die Menschen in LA, die nach dem Meistertitel der Lakers noch Lakers-Fahnen an den Autos hatten tauschten sie gegen USA-Flaggen aus, was sie sehr heuchlerisch ansehen. Auch die Medienvermarktung des Anschlags nervt sie ebenso wie die Tatsache, als Kritiker der Außenpolitik nur als Kommunist dargestellt zu werden. Songs zu diesen Themen gibt es bei Pulley jedoch nicht, das überlassen sie den Kollegen von Anti-Flag oder Propagandhi.
Kevin Kirchenbauer